Die Welt ist nicht genug: Die Gier der Fifa nach der "allerbesten" WM [Exklusiv]
Die WM 2030 soll auf drei Kontinenten und in sechs Ländern ausgetragen werden. Die Gier nach noch mehr Geld und Profit überstrahlt mittlerweile alle anderen Aspekte. So ganz „nebenbei“ steht Saudi Arabien für die WM 2034 damit in der Pole Position. Die FIFA reibt sich die Hände, der verträumte Fußballfan die Augen.
Die Fußballwelt wird sich daran gewöhnen müssen, dass auch andere Regionen der Erde mit dem runden Leder Geld verdienen möchten.
Auf der Strecke bleiben die klassischen Fußballfans, die sich immer häufiger mit diesem Fußball nicht identifizieren können. Dem wirtschaftlichen Erfolg tut das jedoch – zumindest bisher - keinen Abbruch. Ein Mittelweg scheint schwer möglich und nicht gewollt.
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Nach der Aufstockung des Teilnehmerfeldes bei der WM-Endrunde 2026 in den USA, Kanada und Mexiko auf 48 Nationen setzt der Internationale Fußballverband (FIFA) der Gigantomanie vier Jahre später noch eines drauf. Die Endrunde 2030 soll erstmals auf drei Kontinenten veranstaltet werden. Nach dem Startschuss in Südamerika geht es in Nordafrika und Südeuropa weiter.
Die ursprüngliche Idee, dass Spanien, Portugal und Marokko die WM 2030 gemeinsam austragen, hatte Charme, wurde bei Fans auch gut angenommen und wäre auch aus Gründen des Klimaschutzes eine vertretbare Variante gewesen. Grund für die Aufstockung der Veranstalter ist das 100-Jahr-Jubiläum der ersten Weltmeisterschaft, die 1930 in Uruguay über die Bühne ging. Das damals erbaute Estadio Centenario in Montevideo soll 2030 auch Schauplatz des Eröffnungsspiels und einer Jubiläumsfeier sein.
Die Reaktionen der Fans ließen nicht lange auf sich warten: Kopfschütteln war dabei noch die vornehmste Reaktion. Aber eigentlich ist es gar keine so besonders große Überraschung: Auf der Suche nach noch mehr Profit, hat die Gier der FIFA-Verantwortlichen längst die Überhand über alle anderen Aspektegewonnen.
Dass eine WM auf drei Kontinenten für Fans ein Wahnsinn und auch mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit nicht zu argumentieren ist – geschenkt. Das interessiert Gianni Infantino & Co gar nicht mehr. Die Gigantomanie, gekoppelt mit dem riesigen Marketing-Apparat wird schon dafür sorgen, dass auch diese WM aus Sicht der FIFA ein voller Erfolg wird.
"Es ist die beste Weltmeisterschaft, die jemals stattgefunden hat", sagte Infantino 2018 nach Russland. "Wir haben immer gesagt, dass es in Katar die beste WM aller Zeiten geben wird", so die Worte des FIFA-Chefs nach dem Turnier in Katar. Vor wenigen Tagen äußerte sich der Schweizer dann in Rahmen von Gesprächen zur WM 2026, "um die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 zur besten WM aller Zeiten zu machen." Aber eigentlich wird es dabei mittlerweile nicht immer besser, sondern immer irrsinniger.
Geschickter Schachzug für die WM in Saudi Arabien
Ein ganz wichtiger Aspekt bei dieser Entscheidung ist jedoch ein anderer: Saudi Arabien drängt seit einiger Zeit in den internationalen Fußball und ist – zumindest vorerst was das Geld betrifft – ein mehr als ernsthafter Gegner des europäischen Fußballs geworden. Das ist natürlich legitim, weil warum sollten Europa, Nord- oder Südamerika ein Monopol auf den besten Kick des Globus haben. Die Fußballwelt wird sich daran gewöhnen müssen, dass auch andere Regionen der Erde mit dem runden Leder Geld verdienen möchten.
Mit der Vergabe der WM 2030 an drei Kontinente ist somit auch klar, dass der Weg für eine WM 2034 in Saudi Arabien geebnet wurde. Denn die FIFA-Regeln besagen: Kontinentalverbände, die bereits die letzten beiden Weltmeisterschaften ausgetragen hatten, werden von der nächsten WM ausgeschlossen. Das heißt: Afrika, Europa, Südamerika und Nord- und Mittelamerika sind aufgrund der Vergabe-Regelung damit raus für eine Bewerbung im 2034er-Jahr. Lediglich Asien und die Ozeanien bleiben über.
Europa braucht nicht empört sein
Eine moralische Diskussion darüber zu führen, wo Sportevents in Zukunft stattfinden dürfen oder nicht, ist schwierig. Zu viele rote Linien werden selbst in Europa überschritten und niemand schert sich darum. Dann mit dem Finger auf Saudi Arabien oder Katar zu zeigen ist möglich, man macht es sich damit aber auch relativ einfach.
Eine Weltmeisterschaft 2034 in Saudi Arabien ist nach der gestrigen Entscheidung der FIFA mehr als wahrscheinlich. Unabhängig vom moralischen Aspekt kann man jedenfalls festhalten: Die Gier nach noch mehr Profit entfernt den Fußball von jener Art und Weise, wie man ihn in den 1980er-, 1990er- und 2000er-Jahren kennengelernt und gekannt hat. Europa hat mit der scheinbar „unendlichen“ Kommerzialisierung der eigenen Bewerbe diesen Weg mit eingeschlagen, auch selbst vorangetrieben und Partner aus diesen Regionen an Bord geholt. Jeder ist sich dabei selbst der nächste, Europa braucht also auch nicht besonders empört sein – das ist Heuchelei.
Auf der Strecke bleiben die klassischen Fußballfans, die sich immer häufiger mit diesem Fußball nicht identifizieren können. Dem wirtschaftlichen Erfolg tut das jedoch – zumindest bisher - keinen Abbruch. Ein Mittelweg scheint schwer möglich und nicht gewollt. Spannend wird zudem zu beobachten sein, wie die FIFA mit dem Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz weiter umgehen wird. Die Vergabe an drei Kontinente ist diesbezüglich ein Schlag ins Gesicht. Zwar wird möglicherweise dadurch der eine oder andere Sponsor verloren gehen, durch die Erschließung der neuen Märkte werden jedoch neue hinzukommen. Einbußen sind daher leider nicht zu erwarten.
Und somit wird sich auch Gianni Infantino bestärkt fühlen, 2034 die beste und erfolgreichste WM aller Zeiten auf Schiene zu bringen. Die Gelddruckmaschine läuft. Die Welt scheint dafür irgendwann aber nicht mehr genug zu sein.