Schwer überfordert [Exklusiv]
In der Krise zeigt sich: ÖFB-Präsident Gerhard Milletich ist zwar lange im Geschäft und meint zu wissen, wie der Hase läuft. Als ÖFB-Präsident ist er derzeit aber mit der Einschätzung der sportlichen Situation schwer überfordert.
Gerhard Milletich ist mit der aktuellen, sportlichen Krise der A-Mannschaft schwer überfordert. Bereits der TV-Auftritt direkt nach der Niederlage gegen Wales zeigte die inhaltliche Orientierungslosigkeit des ÖFB-Präsidenten. Und auch mit einem Abstand von drei Tagen werden nur Phrasen nacherzählt.
Schöttel selbst wurde im Oktober 2017 ins Amt gehoben – auch mit der Stimme von Milletich. Der Ex-Rapidler folgte Willi Ruttensteiner, der den ÖFB-„Landeskaisern“ zu unangenehm, zu mächtig wurde.
++ 90minuten.at exklusiv von Michael Fiala ++
„In Wales haben wir leider nicht gut gespielt und trotzdem hat in diesem Duell nur ein Spieler den Unterschied ausgemacht. Hätte Gareth Bale bei uns gespielt, dann wären wir weitergekommen“, sagte niemand geringerer als Gerhard Milletich in einem aktuellen Interview mit den Salzburger Nachrichten – drei Tage nach dem Spiel. Was der ÖFB-Präsident jedoch nicht dazu sagt: Das österreichische Nationalteam hätte die Klasse, Situationen wie etwa jene bei den Gegentoren zu vermeiden und Wales generell nicht so oft in die eigene Gefahrenzone kommen zu lassen. All dies ist eine Konsequenz aus dem Fußball, den Teamchef Franco Foda eben spielen lässt und der Verband hat jahrelang dabei zugesehen.
Die Niederlage auf Bale zu reduzieren ist billig und vor allem auch einfach nicht richtig. Noch dazu sollte man nicht vergessen, warum Österreich zum Play-Off gegen Wales antreten „musste“ (oder durfte – je nach Blickwinkel): Das ÖFB-Team hat in der abgelaufenen Qualifikation den blamablen vierten Platz belegt.
Problem „Red Bull Fußball“
Und dann nahm Milletich in diesem besagten Interview ungefragt den Ball auf, den schon Sportdirektor Peter Schöttel gespielt hatte. „Grundsätzlich ist es ein Problem, dass in unserem Team zwei komplett unterschiedliche Spielphilosophien aufeinandertreffen. Red-Bull-Fußball und Ballbesitz-Fußball.“ Sportdirektor Peter Schöttel meinte zuvor in Anspielung dieser beiden Gruppen: "Die Mannschaft ist schwierig zu führen."
Eine Theorie, die Franco Foda in seiner Abschiedspressekonferenz auf Nachfrage von 90minuten.at übrigens so nicht stehen lassen wollte: „Es gibt kein Problem zwischen verschiedenen Gruppierungen aufgrund der Art und Weise wie Spieler spielen.“ Das Problem: Milletich folgt damit der sportlichen Expertise von Peter Schöttel und „plappert“ diesem derzeit alles nach.
Milletich ist überfordert
Im Haus- und Hof- sowie Partnermedium Kronen Zeitung sagte Gerhard Milletich im Oktober wenige Stunden nach seiner Wahl zum neuen ÖFB-Präsidenten: "Ich war lange Obmann bei Parndorf, weiß, wie der Hase läuft." Damit wollte der Burgenländer, der sich damals nach wochenlangen öffentlichen Diskussionen gegen den „Newcomer“ Roland Schmid durchgesetzt hatte, eines signalisieren: Um einen Verband wie den ÖFB zu führen, brauche es Erfahrung – vor allem als Funktionär.
Gerhard Milletich ist mit der aktuellen, sportlichen Krise der A-Mannschaft schwer überfordert. Bereits der TV-Auftritt direkt nach der Niederlage gegen Wales zeigte die inhaltliche Orientierungslosigkeit des ÖFB-Präsidenten. Und auch mit einem Abstand von drei Tagen werden nur Phrasen nacherzählt.
Das Dilemma: Zwar darf sich Schöttel derzeit auf die Suche nach neuen Teamchefs machen. Wenn sich die Diskussion jetzt nur darüber dreht, wer neuer Teamchef werden soll, wird das A-Team als Aushängeschild des Verbandes zwar möglicherweise mit etwas Glück eine kleine Baustelle beheben können. Die große Baustelle bleibt jedoch offen: Der ÖFB weiß nicht, welche Art von Fußball gespielt werden soll und daher schon gar nicht, welche Art von Trainer dafür am besten geeignet wäre.
Die Suppe ist versalzen
Der Altherrenclub, besser bekannt als das ÖFB-Präsidium, muss diese Suppe nun auch selbst auslöffeln. Zuerst müsste man aber erkennen, dass diese Suppe auch gehörig versalzen ist. Ein erstes Anzeichen dafür könnte ein Interview mit ÖFB-Vizepräsident Gerhard Götschhofer in den „OÖ Nachrichten“ sein. Götschhofer sieht es als wichtigste Aufgabe, die er selbst beeinflussen kann, sportliche Entscheidungen künftig ausschließlich in die Hand von professionellen Fußball-Fachleuten zu legen: „Es wäre auch zeitgemäß, dass die Teamchefbestellung nicht mehr durch uns Landespräsidenten, sondern durch den Sportdirektor oder die Generalsekretäre erfolgt.“
Und hier beginnt sich die Katze in den eigenen Schwanz zu beißen: All dies wären die Aufgaben von Peter Schöttel. Schöttel selbst wurde im Oktober 2017 ins Amt gehoben – auch mit der Stimme von Milletich. Der Ex-Rapidler folgte Willi Ruttensteiner, der den ÖFB-„Landeskaisern“ zu unangenehm, zu mächtig wurde. Schöttel hingegen ist genau das Gegenteil, was auch Niederösterreichs Landespräsident Johann Gartner damals gegenüber dem Profil deutlich machte: „Der Willi hat den ÖFB wie sein Unternehmen geführt, der Schöttel lässt sich auch etwas einreden.“ Möglicherweise war Schöttel dann den Landespräsidenten sogar zu inaktiv und bestellten ihn vergangenes Jahr zum Rapport (>> siehe hier).
Bei all der Überforderung von Milletich besteht aber dennoch eine – zugegeben – kleine Chance: Jene der Selbsterkenntnis. Der Burgenländer könnte eine wirklich grundlegende Reform des ÖFB anstoßen, dessen Ziel es ist, die sportlichen Ziele des Verbandes im Rahmen eines sportlichen Expertengremiums, das diesen Namen auch verdient, niederzuschreiben – und daraus dann alles andere abzuleiten.
Träumen wird man ja noch dürfen.