Selbstbewusst. Unantastbar. Verantwortungslos.

Mit der Person von Siegmund Gruber hat der LASK eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hingelegt. Zuletzt ging Gruber jedoch die Bodenhaftung verloren - zum Schaden der Linzer und möglicherweise auch für den gesamten Profifußball.

Schon bald war zu hören, dass nicht alle Klubs dieses Ziel verfolgen. Mittendrin statt nur dabei war LASK-Präsident Gruber, seines Zeichen übrigens auch Bundesliga-Aufsichtsrat und Teil des ÖFB-Präsidiums.

Es war bezeichnend, dass Siegmund Gruber in dieser Stunde Jürgen Werner und Valerien Ismael den Vortritt ließ. Jener Siegmund Gruber, der selten um ein Wort verlegen ist.

Gruber hat sich unantastbar gefühlt, das Selbstbewusstsein stieg ins Unermessliche. So weit, dass Gruber den Blick auf das große Ganze offensichtlich komplett verloren hat.

++ 90minuten.at-Exklusiv ++ Die 91. Minute von Michael Fiala

 

Vor sechs Jahren spielte der LASK in der Regionalliga Mitte, vor wenigen Wochen war Manchester United im Rahmen der Europa League zu Gast. Der LASK hat in den vergangenen Jahren einen sportlichen Aufstieg auf dem grünen Rasen hingelegt, der seinesgleichen sucht. Präsident Siegmund Gruber wurde gefeiert, auch medial. Gemeinsam mit Jürgen Werner hat er es geschafft, wovon Rapid und Austria seit Jahren träumen: Red Bull Salzburg die Stirn zu bieten.

Doch dann kam der Corona-Virus. Der Fußball stand still, die Geschäftsgrundlage wurde den Klubs entzogen. Seit Wochen kämpfte die Bundesliga um die Wiederaufnahme der Saison. Gesundheitsminister Rudolf Anschober schien anfangs nicht wirklich überzeugt, schlussendlich gelang es der Liga in einem Kraftakt mit einem gut durchdachten Konzept, die Regierung auf ihre Seite zu ziehen.

 

Grubers interessante Rolle

Siegmund Gruber spielte in den vergangenen Wochen bereits eine interessante Rolle. Als die Regierung kurz vor dem EL-Spiel gegen Manchester United die Zuschauer aussperrte, gab es heftige Kritik. Wenige Tage danach entschuldigte sich Gruber dafür.

Nach dem Manchester-Spiel folgte der Lockdown, die Bundesliga reagierte zunächst mit einer Schockstarre. Doch schon kurz danach nahmen Arbeitsgruppen der Liga die Arbeit wieder auf. Das Ziel war klar: Die Saison soll mit allen Mitteln zu Ende gespielt werden können.

Schon bald war zu hören, dass nicht alle Klubs dieses Ziel verfolgen. Mittendrin statt nur dabei war LASK-Präsident Gruber, seines Zeichen übrigens auch Bundesliga-Aufsichtsrat und Teil des ÖFB-Präsidiums. Als Belgien bekannt gab, dass man die Saison abbrechen werde, gab es von Gruber Applaus.

Aus den Arbeitsgruppen hörte man indes, dass der LASK beim Konzept zur Wiederaufnahme der Saison immer öfter auf die Bremse tritt und versucht Lösungen eher zu zerreden als sie zu finden. Das nächste „Highlight“ folgte: Entgegen der Vereinbarung aller Bundesliga-Klubs erst am 21. April mit dem Training zu starten haben die Linzer bereits einen Tag früher begonnen und so ganz nebenbei mit der Einladung einer breiten Journalistenschar gegen die aktuelle Verordnung der Bundesregierung verstoßen.

Die Liga zeigte sich erstmals auch öffentlich irritiert, ein Großteil der Klubs, die nichts anderes wollten, als das zu machen, was sie eigentlich machen sollen, nämlich Fußballspielen, begann sich stärker zu vernetzen. Dies gipfelte in einem Antrag auf Erweiterung des Bundesliga-Aufsichtsrates, der jedoch keine Zweidrittelmehrheit bekam. Mit der Erweiterung des Aufsichtsrates wollte man Gruber in diesem Gremium Paroli bieten. Spätestens da war allen klar: Das Verhältnis zwischen Gruber einem Großteil der Liga ist  zerrüttet.

Die Liga arbeitete weiter an einem Konzept, Rückschläge durch öffentliche Meldungen von Gesundheitsminister Rudolf Anschober inklusive. Doch man kämpfte sich durch, irgendwann war auch Anschober überzeugt. Doch Gruber ließ nicht locker, schoss den nächsten Pfeil in Richtung Regierung und legte Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof ein.

 

Ein Hauch von Ibiza

Es hatte dann am Donnerstag schon einen Hauch von Ibiza, als zunächst der LASK mit einer Aussendung an die Presse ging und Überwachungsvideos den Medien zur Verfügung stellte, die zwei Personen bei einem vermeintlichen Einbruch zeigt, die offensichtlich eine Kamera (ab-)montieren. Es dauerte nicht lange, und eine Pressemitteilung der Bundesliga sorgte für Aufklärung.

Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Videos vom LASK auf YouTube im Umlauf, die die Linzer beim illegalen Mannschaftstraining gezeigt haben. Rund fünf Stunden brauchte der LASK für eine erste Stellungnahme, die aber eher an die Verteidigungstaktik der FPÖ im Zuge des Ibiza-Skandals erinnert. Selbstreflexion oder gar das Einräumen einer eigenen Schuld? Fehlanzeige!

 

Gruber lässt Werner und Ismael den Vortritt

Vorläufiger Höhepunkt war die Pressekonferenz des LASK am Freitag-Nachmittag. Es war bezeichnend, dass Siegmund Gruber in dieser Stunde Jürgen Werner und Valerien Ismael den Vortritt ließ. Jener Siegmund Gruber, der selten um ein Wort verlegen ist. Es folgten zwar Worte der Entschuldigung und man gab sich zum Teil sehr kleinlaut. Verantwortung übernehmen sieht aber anders aus. Völliges Verständnis der Linzer fehlt zudem, dass der Klub mit diesem Vorgehen auch die Karrieren der eigenen Spieler riskiert hat.

Die Pressekonferenz förderte zudem zwei interessante Themen zu Tage: Jürgen Werner sprach zunächst von einem Tag, den man  noch hätte warten könne, um das komplette Mannschaftstraining zu starten. Ganz am Ende der Pressekonferenz sprach Trainer Valerien Ismael jedoch von vier Einheiten in drei  Wochen.

Zweitens: Präsident Siegmund Gruber antwortet auf die Frage, wann er von den Trainings (nicht von den Videos) erfahren habe: „Gestern von der Bundesliga.“ Damit widerspricht Gruber jedoch Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer, der gestern gegenüber der APA bereits vor Erscheinen der Videos ein Gespräch mit dem LASK bestätigte: "Wir haben auf Basis der Gerüchte mit dem LASK Rücksprache gehalten und darauf hingewiesen, dass sämtliche Maßnahmen der Regierung einzuhalten sind und wir gerade in dieser Situation alles tun müssen, um uns unserer Vorbildwirkung bewusst zu sein.“ 

 

Erfolg steigt Gruber zu Kopf

Der Erfolg des LASK hat ganz Fußballösterreich träumen lassen. Ein kleiner Verein mischt  Europa auf, sogar Salzburg muss derzeit vor den Linzern in die Knie. Das hat vielen Fußballfans in Österreich gefallen. Der LASK in Kombination mit Siegmund Gruber und Jürgen Werner hat lange Zeit vieles richtig gemacht.

Der Erfolg ist aber offensichtlich vor allem Siegmund Gruber in den vergangenen Wochen zu Kopf gestiegen. Er, der Macher, auf der Erfolgswelle, den ersten Meistertitel nach 55 Jahren vor Augen. Gruber hat sich unantastbar gefühlt, das Selbstbewusstsein stieg ins Unermessliche. So weit, dass Gruber den Blick auf das große Ganze offensichtlich komplett verloren hat. Denn nur so ist es zu erklären, dass er seinen Kader entgegen aller Regeln in großer Gruppe mit normalen Kontakt trainieren ließ.

Es ist Siegmund Gruber derzeit möglicherweise noch nicht bewusst, was er unter seiner Verantwortung damit angestellt hat. Nicht nur, dass er damit einen möglichen Schaden für den eigenen Klub in Kauf nimmt. Nein, er hätte es auch zu verantworten, wenn die Bundesliga aufgrund dieser Ereignisse die Saison doch nicht fortsetzen dürfte.

Für dieses Vorgehen gibt es ein Fazit: Selbstbewusst. Unantastbar. Verantwortungslos.

 

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