Kampfabstimmung … oder auch: Demokratie in einem Mitgliederverein
Das Wahlkomitee des SK Rapid muss entscheiden, ob eine oder mehrere Listen zur Präsidenten-Wahl im November antreten dürfen. Immer häufiger wird dabei vor einer Kampfabstimmung gewarnt. Dabei könnte man es auch positiv sehen.
Man sollte vielleicht nicht dauernd über eine Kampfabstimmung sprechen, sondern eher von Demokratie in einem Mitgliederverein und dies auch so im Verein vorleben.
++ 90minuten.at-Exklusiv ++ Die 91. Minute von Michael Fiala
Die Sitzung des Wahlkomitees am 10. Oktober brachte noch keine Entscheidung darüber, ob eine oder mehrere Listen zur Präsidentenwahl des SK Rapid am 25. November zugelassen werden. In den vergangenen Tagen hielten sich zudem hartnäckig jene Gerüchte, wonach das 6-köfpige Gremium dazu tendiere, nur eine Liste zuzulassen. Dies hätte zur Folge, dass bei der Hauptversammlung im November "nur" darüber abgestimmt werden könnte, ob diese Liste eine Mehrheit bekommt oder nicht.
In Zusammenhang mit der Präsidentenwahl konnte man bisher öfters das Wort „Kampfabstimmung“ vernehmen. Vermutlich gibt es sogar kein Wort, das in Bezug auf den Präsidentschaftswahlkampf beim SK Rapid bisher häufiger genannt wurde als dieses. Sogar der aktuelle Präsident Michael Krammer, der auch gleichzeitig im Wahlkomitee einer der sechs Vertreter ist, meinte zuletzt im Kurier: „Mein Ziel für die Nachfolge ist eine Liste mit breiter Zustimmung. Ich setze mich dafür ein, dass das Wahlkomitee eine Kampfabstimmung verhindern kann.“
Kampfabstimmung?
Eines fällt auf: So wie hier bei Michael Krammer wird das Wort Kampfabstimmung in einem negativen Zusammenhang genannt. Der aktuelle Rapid-Präsident will sie sogar „verhindern“. Warum eigentlich?
Darüber kann man natürlich nur mutmaßen: Möglicherweise hat Michael Krammer ein Interesse, dass sich eine bestimmte Liste durchsetzt und dies im Rahmen einer Abstimmung mit mehreren Kandidaten gefährdet sieht. Es könnte aber auch einfach so sein, dass Krammer Schaden vom Klub fernhalten will. Schaden in Form einer öffentlichen Schlammschlacht, die man in Ansätzen schon vor der Entscheidung des Wahlkomitees gesehen hat. Intern brodelt es aufgrund der drei Listen sowieso seit einigen Wochen. Die Versuche, sich intern auf eine starke Liste zu einigen, die die bisherigen drei Kandidaten-Ziele vereint, sind bisher gescheitert. Und dem Vernehmen nach ist die Gesprächsbasis zwischen diesen Listen zwar vorhanden, aber keiner der aktuellen Kandidaten will die Führungsposition zugunsten einer anderen Liste aufgeben. Noch nicht zumindest.
(Artikel wird unterhalb des Votings fortgesetzt)
Das mächtige Wahlkomitee
Apropos Wahlkomitee. Sechs Personen sitzen in diesem Gremium, dem in diesem Fall eine fast schon unschätzbare Macht zukommt. Rapid-Präsident kann nur werden, wer diese Hürde nimmt. Für eine Zulassung zur Wahl im November braucht es eine absolute Mehrheit, also vier von sechs Stimmen. Oder anders gesagt: Wenn sich drei Personen dieses Gremiums gegen eine Liste aussprechen, kann diese auch nicht zur Wahl antreten. Michael Krammer ist übrigens eine dieser sechs Personen. Findet er noch zwei andere, die seiner Meinung sind, kann er die so oft zitierte Kampfabstimmung verhindern.
Die große Frage ist daher: Was ist eigentlich die Aufgabe des Wahlkomitees von Rapid? In den Statuten steht dazu: „ (…)Nach Möglichkeit besteht der Wahlvorschlag des Wahlkomitées für das Präsidium aus einer Liste, das Wahlkomitée hat aber auch die Möglichkeit zu beschließen, dass mehrere Wahlvorschläge zur Wahl bei der Hauptversammlung zugelassen werden.“
„Können Entscheidung nicht vorwegnehmen“
Im Wahlkomitee sitzen übrigens auch drei Mitgliedervertreter, die bei der Mitgliederversammlung im Juni gewählt wurden. Jürgen Hampel, Herbert Kretz und Helmut Mitter. Mit Mitter und Kretz hat 90minuten.at im Mai dieses Jahres ein langes und ausführliches Interview geführt. Auch über die Möglichkeit, dass es mehrere Kandidaten bei der Hauptversammlung geben könnte, wurde dabei gesprochen. Helmut Mitter konnte sich mehrere Kandidaten bei der Wahl vorstellen und meinte: „Wir sind zwar noch weit weg von dieser Entscheidung, aber es wäre durchaus gut, wenn es zwei Kandidaten gibt. Was wir nicht wollen, ist aber ein Wahlkampf mit Schmutzwäsche. Bei uns wird man mit Schmutzwäsche nicht punkten können."
Und auch für Kretz war klar: „Wenn es also zwei ernsthafte Kandidatenlisten gäbe, können wir ja die Entscheidung der Hauptversammlung nicht vorwegnehmen und nur eine zulassen.“
Mitgliederverein Rapid?
Die sportliche Misere der vergangenen Jahre hat vermutlich dazu geführt, dass sich einige Personen mit verschiedenen Ansichten Gedanken über Rapid gemacht und sich gefragt haben, diese Ideen in Form einer Führungsfunktion der Hütteldorfer umzusetzen. So ein Prozess ist generell positiv zu bewerten, denn nur durch Reflexion und Diskurs kann sich ein Klub stetig weiterentwickeln.
Natürlich kann man Bedenken verstehen, wonach ein „Wahlkampf“ mit mehreren Listen womöglich ein wenig schmutzig wird. Das sollte aber ein Verein wie Rapid aushalten, genauso wie es eine Demokratie bei einem Nationalratswahlkampf aushalten muss. Rapid sollte froh sein, dass sich mehrere Kandidaten für das Amt des Rapid-Präsidenten interessieren. Damit das auch künftig so bleibt, muss das Wahlkomitee sehr sorgsam mit ihrer Entscheidung umgehen, ob einzelne Listen eventuell nicht zugelassen werden und dies im Fall der Fälle auch sehr transparent begründen können.
Rapid ist ein Mitgliederverein. Zumindest wird das von der Führung der Hütteldorfer gerne und oft betont - speziell dann, wenn es darum geht, sich von anderen Vereinen wie etwa Salzburg abzugrenzen. Insofern sollte man vielleicht nicht dauernd über eine Kampfabstimmung sprechen, sondern eher von Demokratie in einem Mitgliederverein und dies auch so im Verein vorleben.