Der Foda-Rückfall zum Abteilungsleiter-Fußball

Österreich gewinnt gegen Israel mit 3:1. Doch nach den erfrischenden Auftritten zuletzt war das aktuelle Spiel ein Rückschritt in überwunden geglaubte Foda-Zeiten.

In einigen  Situationen war den Spielern eine offensichtliche Zerrissenheit anzumerken. Der Bauch sagte, geh nach vorne. Das Hirn antwortete: Du sollst hinten bleiben. Es war ein Auftrag gegen die Qualität der eigenen Spieler.

Michael Fiala

++ 90minuten.at-Exklusiv ++ Die 91. Minute von Michael Fiala

 

Andi Marek verabschiedete die Fans aus dem Stadion und gab ihnen auf dem Heimweg noch das erfreuliche Endergebnis von Nordmazedonien gegen  Slowenien mit. Das Stadion leerte, die U-Bahnen füllte sich. Die rot-weiß-roten Fans konnten eigentlich allen Grund zum Jubel haben. Mit einem 3:1-Sieg gegen Israel hat Österreich die Türe zur Euro 2020 weit aufgemacht. Die Foda-Elf hat es jedenfalls in den nächsten Spielen in der eigenen Hand, sich nach 2016 erneut für eine Europameisterschaft zu qualifizieren. Doch irgendwie war die Stimmung nach dem Match wenig euphorisch.

 

Das typische "Motschgern"?

Die Diskussionen in der U-Bahn drehten sich bei den Fans oft ums gleiche Thema: Die Israelis waren schwach, Österreich halt ein bisschen weniger schwach als Israel. Aber gut war die Leistung Österreichs nicht. Der oft zitierte Funke ist nicht übergesprungen. Ist es das typische „Motschgern“ der österreichischen Fußballseele?

Vielleicht. Aber eigentlich steckt mehr dahinter. Das Spiel gegen Israel war ein Rückschritt in alte Foda-Zeiten: Biederes Ballgeschiebe, wie man es von zu seinen besten Sturm-Zeiten gesehen hat, war das. Die Kollegen von ballverliebt.eu fassen es in ihrer Einleitung zur Spielanalyse so zusammen: „Das ÖFB-Team liefert eine verstörend passive Vorstellung ab, in dem ihm offenbar jegliches Pressing, jeglicher Mut und jegliche Forschheit strikt verboten worden war. Der Gegner aus Israel war jedoch so schwach, dass selbst eine innerlich zerrissene österreichische Mannschaft gar nicht so schlecht spielen konnte, um das Spiel nicht zu gewinnen.“

Offensichtliche Zerrissenheit

Oft hört man von Trainern, dass man sein gewünschtes Spiel einer Mannschaft nicht „auf’s Aug drücken“ kann. Man müsse sich nach dem vorhandenen Spielermaterial richten. Beim Nationalteam hatte man gestern gegen Israel genau das Gegenteil gefühlt: Foda limitiert die Fähigkeiten des wohl besten ÖFB-Kaders der Geschichte, indem er seinen Spielern ein enges, passives Korsett verpasst hat. In einigen  Situationen war den Spielern eine offensichtliche Zerrissenheit anzumerken. Der Bauch sagte, geh nach vorne. Das Hirn antwortete: Du sollst hinten bleiben. Es war ein Auftrag gegen die Qualität der eigenen Spieler.

Am Spielfeld sah man dann oft nach der Balleroberung kein schnelles Umschalten, sondern Ballbesitz im ersten Drittel. Das Tempo wurde rausgenommen, das Risiko minimiert. Auf einen Rückpass folgte ein Querpass oder umgekehrt.

Abteilungsleiter-Fußball

Dass Österreich dennoch einen 3:1-Sieg gegen Israel hingelegt hat, lag im Endeffekt einzig und allein an der Individualität der Spieler im letzten Drittel, denn einen Plan, wie man den zum Teil geparkten Bus der Israelis knacken will, konnte man nicht erkennen.

10:1 – so lautete die Torbilanz von Österreich aus den letzten beiden Spielen gegen Nordmazedonien und Lettland. Vor allem die Spielweise in diesen Matches ließ Hoffnung aufkommen, dass das Nationalteam – oder besser gesagt Franco Foda – den nächsten Entwicklungsschritt gemacht hat. Das Spiel gegen Israel war aber leider wieder ein Rückfall, ein Rückfall in den Abteilungsleiter-Fußball, den wir längst überwunden geglaubt haben.

Reicht es für die Euro 2020? Ja, möglicherweise. Doch der aktuelle Kader kann viel mehr. Schade, dass man ihn aktuell wieder limitiert hat.