Jetzt muss endlich auch Franz Wohlfahrt liefern

Thomas Letsch soll die Austria aus der Krise führen. Langfristig kann dies jedoch nur ein Sportdirektor mit einer nachhaltigen Strategie. Jetzt muss endlich auch Franz Wohlfahrt liefern.

Ein Kommentar von Michael Fiala

 

Thomas Letsch soll also für die Austria die Kohlen aus dem Feuer holen. Oder anders formuliert: Er soll das nahezu Unmögliche möglich machen und die Veilchen doch noch in die  Europa League führen. Sollte ihm das gelingen, wird Letsch wohl mit einem langfristigen Vertrag ausgestattet. Wenn Letsch zumindest merkbar eine Trendwende schafft und die Austria wieder zur erfolgreichen Mannschaft formen kann, sind die Chancen auch sehr gut, dass Letsch in der neuen Generali Arena coachen wird.

 

Der Trainerwechsel von Thorsten Fink hin zu Letsch ist aber auch aus anderer Sicht interessant. Der Deutsche hat in seiner Vorstellung den Unterschied zu Fink auch bereits angesprochen: „Wir haben verschiedene Ansätze. Es geht aber auch nicht darum, sofort alles über den Haufen zu werfen.“ Die Austria hat sich also mit Letsch einen Trainer geholt, der im Vergleich zu Fink eine andere Spielphilosophie verfolgt. Genau genommen kann man auch von einem Paradigmenwechsel sprechen.

 

Wofür steht der Fußball der Austria?

Als Franz Wohlfahrt 2015 zum Sportdirektor ernannt wurde, sagte er im 90minuten.at-Interview über seine Philosophie: „Die Überphilosophie ist, dass ich keine fixe Philosophie habe.“ Als wir es etwas genauer wissen wollten, wofür der Fußball der Austria in Zukunft stehen soll, meinte Wohlfahrt: „Die Austria steht im Vergleich zu Rapid für die Kunst des Fußballs. Dieses Prohaska, Sindelar-Spiel. Wir wollen solche Spieler fördern, um irgendwann so einen Spieler wieder zu haben. Das ist unsere Philosophie. Natürlich wird das aber nicht reichen, wenn die konditionellen Anforderungen nicht gegeben sind.“ Die Task-Force der Austria, die Wohlfahrt dem Austria-Präsidium empfohlen hat, konnte sich anscheinend mit solchen Argumenten beeindrucken lassen. Austria-Präsident Wolfgang Katzian verriet damals, dass Wohlfahrt die Austria künftig einen Ballbesitz orientierten Fußball spielen lassen möchte. Wohlfahrt meinte darauf: „Das ist eine Floskel. Es ist ja auch okay, wenn nicht alles nach außen kommt, was wir besprochen haben. Dass ballbesitzorientierter Fußball notwendig ist, wissen wir eh.“

Das Interview sorgte in der Branche für Kopfschütteln. Als Wohlfahrt einige Wochen später in einer TV-Sendung erneut auf die Philosophie der Austria angesprochen wurde, meinte er nur noch, dass man nicht jede Frage beantworten müsse.

 

Trainer > Vereinsphilosophie

Schlussendlich war Thorsten Fink dann aus Sicht von Franz Wohlfahrt der geeignete Kandidat. Fink war erfahren, trainierte mit dem FC Basel und dem Hamburger SV international bekannte Teams. Doch für welchen Fußball stand oder steht Thorsten Fink? Hatte Franz Wohlfahrt bei der Suche nach den geeigneten Kandidaten eine konkrete Idee, welche Art von Fußball gespielt werden soll?

Mit Fink kam jedenfalls ein Trainer, der dem Verein eine Spielphilosophie auf‘s  Aug gedrückt hat. Der Verein hat es dem Trainer überlassen, wie der Verein Fußballspielen soll, was übrigens keine Seltenheit ist und auch kein Alleinstellungsmerkmal im österreichischen Fußball darstellt.

 

Ein Punkt wurde in der öffentlichen Analyse von Wohlfahrt jedoch nie angesprochen: Und zwar, dass die Austria derart behäbig das Spiel aufbaut, dass es gegen Teams, die sich darauf einstellen, wenig bis nichts zu holen gibt.

Es ist seit der Verpflichtung von Wohlfahrt augenscheinlich, dass sich AG-Vorstand Markus Kraetschmer verstärkt zu sportlichen Fragen in der Öffentlichkeit äußert. Das wäre ungefähr so, wenn Rapids Geschäftsführer Christoph Peschek oder Salzburg Wirtschafts-Boss Stephan Reiter über die sportliche Strategie der Hütteldorfer bzw. Salzburger sprechen.

Die Letsch-Verpflichtung der Austria zeigt eigentlich auf, wie orientierungslos die Austria in den vergangenen Jahren eigentlich war. Und wohl auch noch immer ist. Bei der Analyse der schwachen Leistungen der Austria zeigte sich der Sportdirektor zunächst von den vielen Verletzten beeindruckt. Als diese dann zum Großteil wieder einsatzbereit waren, meinte Wohlfahrt: "Es gibt sehr viele Faktoren, nicht nur einen Grund, warum es nicht läuft. Der eine oder andere Spieler ist sicher überfordert mit dem Leistungsdruck. Andere haben vielleicht Gedanken, was passiert im Sommer. Gehe ich weg oder bleibe ich da? Andere wollen es gut machen, treffen aber im Spiel taktisch falsche Entscheidungen. Auch technische Fehler passieren, wie die Analyse der Mattersburg-Partie ergab." Als die Zeit von Thorsten Fink bei der Austria dem Ende zuging, überraschte dann Wohlfahrt auf einmal mit der Aussage, dass einige Spieler einen falschen Lifestyle an den Tag gelegt haben. So sollen zwei Kicker in der Vorbereitung auf ein Europa League Match „flüssig kombiniert“ haben, wie der Kurier berichtet hat.

Ein Punkt wurde in der öffentlichen Analyse von Wohlfahrt jedoch nie angesprochen: Und zwar, dass die Austria derart behäbig das Spiel aufbaut, dass es gegen Teams, die sich darauf einstellen, wenig bis nichts zu holen gibt. Mattersburg und der LASK haben das im Frühjahr perfekt vorgezeigt.

Fink ist schlussendlich gescheitert. Schon im Dezember fragte sich Gerald Gossmann im Profil: „Muss Trainer Fink diesen behäbigen Fußball spielen, weil er keine passenden Spieler für anderes bekommt? Spielt Fink den falschen Fußball mit den richtigen Spielern? Oder holt Wohlfahrt für die Idee des Trainers einfach die falschen Leute?“ Fragen, die sich aufgrund der inhaltlich ständig variierenden Aussagen von Wohlfahrt nicht beantworten lassen.

 

Wohlfahrt muss jetzt liefern

Mit der Verpflichtung von Thomas Letsch hat die Austria auf die große Krise der Veilchen reagiert. Das mag einen kurzfristigen Effekt – positiv wie negativ - mit sich bringen. Damit sich bei der Austria jedoch nachhaltig etwas ändert, muss der Sportdirektor jetzt die gesamte Palette seiner Aufgaben wahrnehmen.

Es reicht nicht, sich nur hinter Floskeln zu verstecken. Ein Sportdirektor muss klipp und klar niederschreiben, wofür der Verein aus sportlicher Sicht steht. „Während es bei hochprofessionell arbeitenden Klubs mittlerweile selbstverständlich ist, eine Spielphilosophie zu verfolgen und anhand dieser Trainer und Spieler zu engagieren, scheint die Austria recht konzeptlos an die sportliche Ausrichtung heranzugehen. Nur so ist es zu erklären, dass beim FAK nun das Kunststück gelingen soll, einen Stilbruch ansatzlos erfolgreich zu gestalten“, schrieb dazu auch Harald Prantl auf laola1.at zur aktuellen Situation der Austria.

Zu den Aufgaben des Sportdirektors gehört mehr als Spieler zu verpflichten, andere möglichst gewinnbringend zu verkaufen und einen Kader zu formen. Aber wie soll etwa Wohlfahrt den Kader für die kommende Saison zusammenstellen, wenn er nicht weiß, wie der Klub kommende Saison überhaupt auftreten soll? Ein Sportdirektor muss den gesamten Verein auf eine sportliche Linie bringen. Dann fällt die Kaderplanung leichter, auch wenn man den Trainer für die kommende Saison noch nicht kennt. An diesem Thema ist Wohlfahrt aber bisher gescheitert.

 

Zu den Aufgaben eines Sportdirektors gehört es auch, die sportlichen Agenden in der Öffentlichkeit zu übernehmen. Es ist seit der Verpflichtung von Wohlfahrt augenscheinlich, dass sich AG-Vorstand Markus Kraetschmer verstärkt zu sportlichen Fragen in der Öffentlichkeit äußert. Das wäre ungefähr so, wenn Rapids Geschäftsführer Christoph Peschek  oder Salzburg Wirtschafts-Boss Stephan Reiter über die sportliche Strategie der Hütteldorfer bzw. Salzburger sprechen.

Zu den Aufgaben gehört es auch, dass sich ein Sportdirektor Interviews stellt, die möglicherweise unangenehme Themengebiete ansprechen. Sich über Monate, ja sogar Jahre hinweg, diesen Anfragen zu verweigern, mag eine Strategie sein. Aber im Endeffekt zeigt es nur, dass man inhaltlich möglicherweise gar nicht auf alle Fragen eingehen kann. Es war in diesem Zusammenhang bezeichnend, dass Austria-Präsident Wolfgang Katzian im Februar mit 90minuten.at nicht über die Beweggründe der Vertragsverlängerung von Franz Wohlfahrt sprechen wollte – offiziell aus Zeitgründen.  „Zum Thema Franz Wohlfahrt ist ohnehin alles von seiner Seite kommuniziert“, hieß es zudem von Seiten der Austria. Alles kommuniziert heißt: „Franz Wohlfahrt ist nun bereits seit drei Jahren als Sportdirektor eine fixe Größe in unserem Klub und war in dieser Zeit mit seiner Arbeit erfolgreich. Er war dabei auf sportlicher Ebene nicht nur eine treibende Kraft, sondern ist auch für die Zukunft ein wesentlicher Bestandteil unserer Planungen“, wird Katzian in der Aussendung zitiert.

 

Mit  Thomas Letsch mag die Austria eine verpatzte Saison vielleicht noch retten. Damit es jedoch nachhaltig die Chance auf eine positive Entwicklung gibt, muss Franz Wohlfahrt jetzt endlich liefern und die Weichen für eine strukturierte Zukunft stellen.

 

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