Ein Verband außer Rand und Band: Muss man auch die Windtner-Frage stellen?
ÖFB-Präsident Leo Windtner hat die Kontrolle über seinen eigenen Verband verloren. Die Teamchefsuche gerät zur Farce. Auch die Personalie Windtner gehört hinterfragt. Ein Kommentar von Michael Fiala
Blätterte man in den vergangenen Tagen in den Zeitungen des Landes und hat man sich durch die Online-Artikel in Österreichs Online-Medien geklickt, so kann man vor allem eines feststellen: So klar und stark Leo Windtner den Verband in den Jahren vor der Euro 2016 geführt hat, so sehr hat er die Kontrolle jetzt verloren.
"Der Leo war hinterher tot"
Als bestes Beispiel darüber sind die Wortspenden von Salzburgs Landespräsident Herbert Hübel und Leo Windtner in der Kronen Zeitung zu werten. Nachdem Windtner von einem Partisanen in der Sitzung sprach, meinte Hübel dazu: "Bin ich nicht. Aber wenn ich den Windtner nur anseh, wird er blass. Doch am Ende war’s eine sehr, sehr gute, offene Aussprache, bei der auch der Leo immer besser wurde. Ich mache halt den Mund auf, bin kein Ja-Sager!" In ebendiesem Artikel heißt es weiter: "Der Leo war hinterher tot", so ein Vertrauer Windtners. "Nicht ich, die Umgebung war tot. Aber nur, weil alle perplex über Kollers Ende waren", entgegnet der ÖFB-Boss.
Wie konnte es so weit kommen?
Vor der Euro 2016 wurde der Vertrag von Marcel Koller als Teamchef verlängert. Ein logischer Schritt, denn die Qualifikation wurde souverän geschafft, der Schweizer war im „Zustimmungs“-Hoch. Einziger Schönheitsfehler: Die Verlängerung war ein Alleingang von Windtner und ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner. Warum die beiden die Landespräsidenten damals nicht um die notwendige Zustimmung, die ihnen damals sicherlich niemand verwehrt hätte, gefragt haben, ist und bleibt rätselhaft.
Persönliche Eitelkeiten statt sachlicher Analyse
Die Retourkutsche folgte im Frühjahr 2017, als Windtner um die Wiederwahl zum ÖFB-Präsidenten mehr kämpfen musste als ihm lieb war. Formal hat sich Windtner diese Wahl relativ unspektakulär mit der Re-Installierung der ÖFB-Vizepräsidenten „erkauft“. Doch was vielmehr wiegt: Windtner hat viel Vertrauen verspielt, die Landespräsidenten pochten ab sofort auf mehr Mitsprache. Was in der aktuellen Teamchefdebatte auch klar zu sehen ist. Und es ist fatal: Denn sachlich fundierte Analysen finden oftmals nicht statt, was diese Herren in der aktuellen Diskussion wie schon in der Vergangenheit eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben. Vielmehr geht es meist um persönliche Eitelkeiten, die befriedigt werden müssen.
Windtner ist angeschlagen
Die aktuelle Entwicklung um Noch-Teamchef Marcel Koller zeigt, wie sehr ÖFB-Präsident Leo Windtner angeschlagen ist. Seine Aussagen blieben im Vorfeld der Entscheidung stets vage, was damit zusammenhängt, dass Windtner schlicht nicht wusste, welche Strategie die Landespräsidenten fahren werden. Verteidigte Windtner Koller zunächst noch, wurde das dann wieder relativiert. Noch deutlicher wird die Sache bei Sportdirektor Willi Ruttensteiner: Der Windtner-Vertraute hat die Rückendeckung seines Präsidenten verloren. "Natürlich sind die Komponenten Trainer, Erfolg und Sportdirektor eng miteinander verknüpft“, sagte Windtner in der Kronen Zeitung.
Muss man die Windtner-Frage stellen?
Die vergangenen Tagen haben wenig Klarheit dafür viel Verwirrung gebracht: Koller darf – vorerst – bis Ende 2017 bleiben, der Boulevard läuft dagegen Sturm. ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner soll evaluieren, doch schon jetzt bröckelt seine Position immer mehr. Ob Ruttensteiners Wort überhaupt noch Gewicht haben wird, darf in Zweifel gezogen werden. Und Präsident Windtner? Der ist bemüht, die zahlreichen Brandherde zu relativieren. Mehr kann er derzeit nicht ausrichten.
Insofern muss man auch die Windtner-Frage stellen: Ist der Oberösterreicher noch der richtige Mann, um diesen Verband in Zukunft zu führen?