Nationalstadion in Graz: Der Drexler-Fail
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Nationalstadion in Graz: Der Drexler-Fail

Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler hat die Idee eines „Nationalstadions“ in Graz-Umgebung erfunden. Eine Themenverfehlung, die nichts anderes als ein Schlag ins Gesicht für die Fans der steirischen Klubs ist.

Was ist das für ein Schlag ins Gesicht, für die Verantwortlichen der Vereine! Der Landeshauptmann redet vom „Fußballbundesland Nummer 1“ und zugleich bilden die Rahmenbedingungen, die der steirischen Politik seit Jahrzehnten herzlich egal sind, das bundesweite Schlusslicht.

Jürgen Pucher

Dass Christopher Drexler in informellen Gesprächen die Unterstützung einer von den Grazer Klubs präferierten Zwei-Stadien-Lösung längst ad acta gelegt haben soll, wäre nur noch die logische Konsequenz in der ganzen Angelegenheit.

Jürgen Pucher

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Kurz bevor sich der SK Sturm am Sonntag in Linz mit einem Sieg bereits den Meistertitel sichern könnte, wird der Fokus im steirischen Fußball noch einmal wo anders hingelenkt. Auf die Infrastruktur nämlich. Grundsätzlich natürlich ein brennendes Thema für die Klubs im Bundesland. Dieses Mal geht es aber nicht etwa um Verbesserungen für Sturm, den GAK oder Hartberg. Nein, Landeshauptmann Christopher Drexler lancierte unlängst in einem Hintergrundgespräch ein „Nationalstadion“ in Graz-Umgebung mit 50.000 Plätzen, das auch für große Konzerte genutzt werden soll. Bei dieser Meldung kann dem geübten Beobachter der Infrastruktur-Misere im steirischen Fußball schon der Mund einmal ganz weit offenbleiben.

Kein Fingerspitzengefühl

Nur noch einmal zur Verdeutlichung: Sturm und der GAK müssen sich in der kommenden Bundesligasaison in Liebenau ein provisorisch adaptiertes und kaum noch irgendwelchen Standards entsprechendes Stadion teilen. Hartberg darf noch eine Spielzeit lang in seinem Stadion spielen, bevor der Klub die Lizenz verlieren würde. Wenn dort nicht schnellstens etwas auf Schiene gebracht wird, müssen sich die Oststeirer aus dem Erstligafußball verabschieden. Davon, dass Sturms „Zweier“ in Gleisdorf spielen muss, weil es keine geeignete Spielstätte in Graz gibt, oder, dass die Sturm Damen oft nicht einmal einen Platz haben, sich vor den Spielen umzuziehen, ist hier noch gar nicht die Rede.

Und dann kommt ein Landeshauptmann, nicht einmal gewählt, sondern nur wegen Rücktritts nach oben gerutscht, und schwadroniert von einem Milliardenprojekt daher. Seine Umfragewerte zur bevorstehenden Wahl im Herbst veranlassen ihn offensichtlich dazu, hektisch irgendwelche Ankündigungen zu machen. Anders kann ich mir dieses fehlende Fingerspitzengefühl nicht erklären. Was ist das für ein Schlag ins Gesicht, für die Verantwortlichen der Vereine? Der Landeshauptmann redet vom „Fußballbundesland Nummer 1“ und zugleich bilden die Rahmenbedingungen, die der steirischen Politik seit Jahrzehnten herzlich egal sind, das bundesweite Schlusslicht.

Politisches Kleingeld statt Unterstützung für die Klubs

Es ist dabei völlig belanglos, dass Drexler die Stadionfrage in Graz als Angelegenheit der Stadt von sich wegschiebt und das angesprochene „Nationalstadion“ aus seiner Sicht ein eigenes Thema wäre. Dieses politische Kleingeld kann er wo anders wechseln. Drexler sollte zudem in Betracht ziehen, dass vor allem Sturm kein auf Graz begrenztes Phänomen ist, sondern in die ganze Steiermark ausstrahlt. Es ist den Sturmfans weiters herzlich egal, dass da die ÖVP und dort die Kommunisten am Werk sind und die Parteien sich zusätzlich zur schwierigen Lage auch noch gegenseitig versuchen ein Bein zu stellen. Das löst die Stadionmisere in Graz nicht, es macht alles nur noch mühsamer. Das Argument, Sturm könnte dann ja dann im „Nationalstadion“ seine internationalen Spiele austragen, geht ins Leere. Ob die Schwoazn nach Klagenfurt oder ein paar Kilometer weniger weit ins Grazer Umland ausweichen müssen, löst das grundlegende Problem nicht: Die nicht vorhandene Wettbewerbsfähigkeit im Ligaalltag und im eigenen Stadion.

Dass Christopher Drexler in informellen Gesprächen die Unterstützung einer von den Grazer Klubs präferierten Zwei-Stadien-Lösung längst ad acta gelegt haben soll, wäre nur noch die logische Konsequenz in der ganzen Angelegenheit. Dem Landeshauptmann geht es ganz offensichtlich nur um Wahlkampfzeug, die Unterstützung seiner „Nummer 1“-Fußballklubs ist ihm herzlich egal. Anstatt endlich seine Hausaufgaben zu machen und die drängenden Probleme seiner Vereine helfen zu lösen, baut er lächerliche Luftschlösser und glaubt, diese helfen seine drohende Niederlage bei der Wahl im November zu verhindern. Welch gnadenlos authentisches Beispiel zum Zustand der heimischen Politik

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