Zwei-Stadien-Lösung in Graz wird ein Wettlauf gegen die Zeit [12 Meter]
Die Stadt Graz erteilt dem SK Sturm in Sachen Unterstützung für das geplante Trainingszentrum eine vorläufige Absage. Auch in der Zwei-Stadien-Frage muss der Grazer Fußball mehr denn je auf eine funktionierende Politik hoffen. Dem nicht genug, gab es auch noch eine herzogliche Entgleisung.
Herr Herzog: Sturm wird immer existieren, vor Ihnen, nach Ihnen und unabhängig davon, was im Grazer Rathaus gerade für eine Regierung sitzt.
Einmal mehr ist der Profifußball in Graz in der Warteschleife und muss auf eine Stadtregierung und ihr Personal hoffen.
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Kein Tag ohne Aufreger in der Grazer Stadion- und Fußballinfrastrukturdebatte. Nachdem Sturm unlängst den Vorschlag auf den Tisch gelegt hat, Liebenau kaufen zu wollen, kam mehr oder weniger zeitgleich der nächste Tiefschlag von der Stadtregierung. Eine Unterstützung beim geplanten Trainingszentrum in Puntigam kann derzeit nicht zugesagt werden. In einem Brief der Rathauskoalition an den Klub wird die angespannte Budgetsituation als Grund dafür genannt. Michael Ehmann (SPÖ), Sprecher zum Thema Stadion in der Grazer Koalition, sagt gegenüber 90Minuten.at, es wäre unseriös jetzt Zusagen zu machen, bevor nicht klar sei, wie sich der Finanzausgleich final auf Graz auswirken würde. Das hieße nicht, das Thema sei ganz vom Tisch, nur vor dem Herbst kann es keine Entscheidung geben.
Ein kommunistischer Herzog ortet Majestätsbeleidigung
Für Sturm ist die Situation insgesamt schwierig, hat man doch für das Grundstück in Puntigam nur bis Juli eine Kaufoption innegehabt. Man versucht nun, diese Option zu verlängern, ohne Garantie auf Erfolg. Einmal mehr wurde den Grazer Schwoazn also von der Politik aufgezeigt: Investitionen in Sportinfrastruktur haben keine Priorität. Andreas Schicker platzte dazu unlängst bei BlackFM der Kragen und er beschwerte sich über die ständige Hinhaltetaktik der Stadtregierung. Das hat den Büroleiter von Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ), Stefan Herzog, auf den Plan gerufen. In einem Facebook-Posting schreibt er von Größenwahn, Undankbarkeit und Unverschämtheit von Sturm. Mit 1,4 Millionen sei die Stadt der zweitgrößte Unterstützer von Sturm und Schicker sei schon öfter mit Respektlosigkeiten aufgefallen. Er schließt mit „Ohne die Stadt Graz würde Sturm wahrscheinlich gar nicht mehr existieren“.
Abgesehen davon, dass diese Tonalität für einen wesentlichen Repräsentanten der Stadt mehr als unangebracht ist, sei Herrn Herzog folgendes ins Stammbuch geschrieben: Größenwahn, Undankbarkeit und Unverschämtheit? Dem halte ich entgegen: Steuergeld, Arbeitsplätze, Tourismusfaktor und Reputation für die Stadt. Unterstützung mit 1,4 Millionen Euro? Gegenfrage: Ist es redlich, ein jährliches Minus, das die Stadt mit dem Stadion macht, als Unterstützung für den Klub umzuformulieren? Und Sturm würde ohne die Stadt vielleicht gar nicht mehr existieren? Herr Herzog: Sturm wird immer existieren, vor Ihnen, nach Ihnen und unabhängig davon, was im Grazer Rathaus gerade für eine Regierung sitzt.
Nur Weinzödl als Standort für den GAK möglich
Wieder zurück zum Wesentlichen: Das Trainingszentrum liegt also einmal auf Eis, aber was kann durch den Vorstoß von Sturm in Sachen Zwei-Stadien-Lösung jetzt passieren? Zur Erinnerung: Sturm möchte der Stadt ein Angebot für den Kauf von Liebenau machen. Der dadurch erzielte Erlös soll zweckgebunden in eine Unterstützung für ein GAK-Stadion fließen. Das angespannte Budget wäre entlastet, beide Klubs zufrieden und Elke Kahr wäre ein ihr lästiges Thema ein für allemal los. So weit, so einfach. Es bleibt die Frage: Wohin, mit dem GAK? Es bleibt wohl nur Fanfavorit Weinzödl als realistischer Standort übrig. Eggenberg, die vom Präsidium der Roten präferierte Variante, ist aus politischen Gründen (ASKÖ, Heeresleistungszentrum etc.) nicht durchsetzbar und Grundstücke im Süden der Stadt wurden vom GAK aus geografischen Gründen schon abgelehnt.
Zu Weinzödl wurde im Frühling bereits ein Gutachten in Auftrag gegeben, das zeigen soll, ob dort in einer realistischen Größenordnung gebaut werden kann. Dieses Gutachten hätte eigentlich Ende Juni fertig sein sollen, jetzt sagt Michael Ehmann zu 90Minuten.at, er hoffe, es sei Ende des Sommers so weit. Dabei ist es essenziell, dass dieses Gutachten vor dem Herbst finalisiert wird. Warum? Nur wenn ein, in diesem Fall notwendigerweise positives, Gutachten für den Standort Weinzödl vor dem Herbst fertig wird, kann das Projekt in die sogenannte Mittelfristplanung von Graz aufgenommen werden.
Profifußball ein weiteres Mal in der Warteschleife
In dieser Planung muss die Stadt ihre Haushaltsperspektiven darstellen. Im Falle eines positiven Bescheids für Weinzödl, in Kombination mit den prognostizierten Einnahmen durch den etwaigen Verkauf des Stadions an Sturm und zugleich einem Wegfall des jährlichen Verlusts für die Stadt durch das Stadion, ließe sich das freilich machen. Käme ein positives Gutachten zu spät, ist das Projekt wieder auf relativ unbestimmte Zeit aufgeschoben. Was nicht Teil dieser Mittelfristplanung ist, kann im prognostizierten Zeitraum auch nicht umgesetzt werden. Die Zwei-Stadien-Lösung wird somit zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Einmal mehr ist der Profifußball in Graz in der Warteschleife und muss auf eine Stadtregierung und ihr Personal hoffen, dass diese angemessen ihren Job macht. Dass den Verantwortlichen eines dieser Klubs dann schon einmal öffentlich der Kragen platzt, ist ein Stück weit nachvollziehbar.