Österreicher-Topf: Aus der Zeit gefallen [12 Meter]
Seit fast 20 Jahren gibt es für die heimischen Profiklubs den Österreicher-Topf als Belohnungssystem. Als Anreiz für den Einsatz österreichischer Kicker ins Leben gerufen, ist der Topf heutzutage nur noch ein Förderinstrument für finanzschwache Vereine.
Wenn es nur darum geht, jenen unter die Arme zu greifen, die es mehr brauchen, sollte man einen Fördertopf nicht an einen derart sinnlosen Parameter knüpfen.
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Immer mehr Klubs in Österreich spielen mit dem Gedanken oder haben ihn schon umgesetzt, auf das Geld aus dem Österreicher-Topf zu verzichten. Zur Erinnerung: Dieses Instrument wurde in der Saison 2004/05 als Belohnungssystem für den Einsatz von österreichischen Spielern im heimischen Profifußball eingeführt, um der stetigen Zunahme von Legionären nach dem Bosman-Urteil entgegenzuwirken. Was damals wahrscheinlich ein guter Ansatz war, hat sich rund zwei Jahrzehnte danach überholt. Der Österreicher-Topf ist nicht mehr zeitgemäß und hat keinerlei Auswirkungen auf die Förderung österreichischer Talente.
Nur Peanuts für die Top-Klubs
Bevor man das erklärt, muss man vorweg – wie in allen finanziellen Angelegenheiten – Red Bull ausklammern. Dort waren die Summen, die durch diesen Topf erwirtschaftet werden können, von je her uninteressant. Für den Rest war das Instrument eine Zeitlang durchaus ein Faktor im Budget. Im Laufe der Jahre hat sich die Welt aber weitergedreht und auch andere österreichische Klubs agieren in monetär höheren Sphären. Wenn man sich nur am Beispiel des SK Sturm ansieht, welche Transfersummen mittlerweile auch für Bundesligaklubs abseits von Salzburg möglich sind, ist es nur eine logische Folge, dass die Ausschüttungen aus dem Österreicher-Topf dort nur mehr Peanuts sind. Sturms Sportdirektor Andreas Schicker ließ deshalb schon in der letztjährigen Winterpause wissen, auf diese Gelder zukünftig verzichten zu wollen. Das Scouting internationaler Talente mit Entwicklungspotenzial und deren späterer Weiterverkauf, sei weit attraktiver und würde den Klub in seinen Aktivitäten zudem nicht so sehr einschränken.
Neben dem finanziellen Aspekt kommt hinzu: Identitätsstiftung und Identifikation findet bei Ligaklubs nicht über den Pass statt. Selbst ein „ausländischer“ Jugendspieler aus der eigenen Akademie, der bei den Fans sicher ein anderes Standing als ein „Random-Österreicher“ hat, zählt mit seinen Einsätzen nicht für den Topf. Wozu also soll dieser Klub seine Aufstellung noch nach Reisedokument machen? Und nicht zuletzt hat der Österreicher-Topf so gut wie keinen Impact auf das Nationalteam, dem letzten Hort des alten Systems, wo der Pass noch eine Rolle spielt. Wenn man sich den Stamm des Teams dieser Tage ansieht, hat wohl kein einziger Akteur dorthin gefunden, weil er einst durch den Österreicher-Topf bei seinem Klub zum Einsatz gekommen ist, was ihm sonst verwehrt geblieben wäre.
Fördertopf für finanzschwache Klubs
Der Österreicher-Topf ist also zu etwas verkommen, was er sicher nicht sein wollte: Zu einem reinen Förderinstrument für finanzschwache Klubs. Nicht umsonst findet sich mit Jürgen Werner-Assistent Manuel Ortlechner ein Fürsprecher von der Wiener Austria, wo weithin bekannt ist, wie es finanziell dort aktuell aussieht. Für Klubs wie Hartberg, Wattens oder den Aufsteiger aus Linz wird der Topf freilich auch noch immer interessant sein. Aber nicht, weil von dort die Zukunft der Fußballer mit österreichischem Pass kommen wird, sondern weil die zu lukrierenden Beträge in Relation zu deren Jahresetats sehr attraktiv sind.
Das ist, was als Motivation bleibt und die Schöpfer des Österreicher-Topfs – Bundesliga und ÖFB – sind gefordert, sich Gedanken zu machen, ob das so noch zeitgemäß ist. Wenn es nur darum geht, jenen unter die Arme zu greifen, die es mehr brauchen, sollte man einen Fördertopf nicht an einen derart sinnlosen Parameter knüpfen. In einer Zeit, wo vor allem im Sport Identität und Nationalität immer mehr verschwimmen, mögen nach rechts orientierte Politiker ein solches Instrument vielleicht befürworten, Anknüpfungspunkte in der Wirklichkeit hat es nicht mehr viele.