Grazer Stadiondebatte: Politik will keinen Spitzenfußball [12 Meter]
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Grazer Stadiondebatte: Politik will keinen Spitzenfußball [12 Meter]

Die Mietpreiserhöhung der Stadt Graz in Liebenau ist nur ein weiteres Mosaiksteinchen in der seit Jahren ungelösten Stadionfrage in Graz. Trotz unzähliger Gipfel zwischen Vereinen und Politik, ist keine Lösung in Sicht. Beide Seiten sollten endlich klipp und klar sagen, was Sache ist.

Vielleicht sollte die Politik zumindest endlich klar und deutlich kommunizieren, was Sache ist: Uns ist das Thema egal. Es interessiert uns nicht, wenn Spitzenfußball in Graz mittelfristig wegen fehlender Infrastruktur unmöglich wird.

Jürgen Pucher

Die Fans sollen und müssen wissen: Eine Politik, die im Gegensatz zu Wien oder Linz nicht bereit ist, hier zu unterstützen, ist der Totengräber von Spitzenfußball in Graz.

Jürgen Pucher

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Kommenden Dienstag ist wieder einmal Stadiongipfel in Graz. Zum gefühlt 1.000. Mal sitzen Vertreter der Politik und der Grazer Klubs zusammen, um zu diskutieren, wie man denn die Stadionfrage in Graz lösen könnte. Die Klubs ziehen mittlerweile an einem Strang. Sturm möchte Liebenau pachten und selbst betreiben. Der GAK hat sich eindeutig positioniert und wünscht sich ein eigenes Stadion, vorzugsweise in Weinzödl. Kurz vor der nächsten Gesprächsrunde grätscht KPÖ-Finanzstadtrat Manfred Eber mit der Ankündigung einer saftigen Mieterhöhung in Liebenau in die Runde. National bis zu 50 Prozent mehr, international sogar etwa das Doppelte ist ab sofort für die Klubs zu löhnen.

 

Graz macht mit Liebenau ein Minus, will es aber nicht loswerden

Das nächste Kapitel der Saga „Wie mache ich Spitzenfußball in Graz unmöglich“ ist somit aufgeschlagen. Eber argumentiert bezüglich Mieterhöhung in der Kronen Zeitung: „Kaufmännisch gesehen, agieren wir beim Stadion Liebenau längst nicht kostendeckend.“ Eine steilere Steilvorlage kann er für den Pachtwunsch des SK Sturm gar nicht bringen. Dann soll doch die Stadt bitte schön Sturm das Stadion selbst betreiben lassen, wenn es ohnehin ein Verlustgeschäft ist. Das Ganze ist nur noch eine Farce. 

Zunächst hat Siegfried Nagl als Bürgermeister nicht nur eine Lösung viele Jahre lang blockiert, parallel dazu hat er auch eine derart leere Stadtkasse hinterlassen, dass der Handlungsspielraum immer kleiner wurde. Einer seiner früheren Günstlinge ist dafür jetzt Leiter des Sportamts und tat sich unlängst mit Argumenten gegen eine Zwei-Stadien-Lösung hervor, die ihn entweder als nicht sehr Fußball-affin oder einfach generell ohne Grund ablehnend entlarven.

Seit der letzten Wahl sitzen Leute in der Stadtregierung, die nicht nur alle Hände voll zu tun haben, das Budget in den Griff zu bekommen, sie scheinen zudem in allerlei Belangen, vor allem hinsichtlich der Finanzgebarung, eher unbedarft zu sein. Der eine oder andere regelmäßige Teilnehmer der Stadiongipfel berichtet hinter vorgehaltener Hand, Stadtrat Eber hätte man sogar erläutern müssen, dass es einen Baukostenindex gäbe, der sich aufgrund der internationalen Gemengelage derzeit eher ungünstig auf Projekte wie die Errichtung eines Stadions auswirke. Wie in solchen Rahmenbedingungen eine vernünftige Lösung erzielt werden soll, ist mir ein Rätsel. Vielleicht sollte die Politik zumindest endlich klar und deutlich kommunizieren, was Sache ist: Uns ist das Thema egal. Es interessiert uns nicht, wenn Spitzenfußball in Graz mittelfristig wegen fehlender Infrastruktur unmöglich wird.

 

Sturm muss sagen, was Sache ist: Ohne Politik kein Spitzenfußball

Stichwort Kommunikation: Im Laufe der letzten Monate haben Sturm und GAK endlich so weit Pragmatismus walten lassen, dass man mit einer gemeinsamen Botschaft gegenüber der Politik auftritt. Der GAK will Standortvorschläge für ein eigenes Stadion bringen, Sturm hat Konzepte parat, wie sich das für die Stadt im Budget darstellen ließe, wenn die Kosten für den Betrieb von Liebenau wegfallen. Diese Berechnungen liegen nicht erst seit gestern auf dem Tisch, zu einer Lösungsfindung haben sie bis dato nicht beigetragen. Es sind unglaublich harte Bretter zu bohren, für die Vereinsverantwortlichen. Ein wenig muss man sie bei diesem unendlich zähen und langen Stadionkaugummi aber auch in die Pflicht nehmen. Schon seit einiger Zeit wäre es angebracht, den verbindlichen Sprech abzustellen, der immer noch vorherrscht, um die Gesprächsbasis zu wahren.

Wenn nicht von Seiten der Klubs auch Druck aufgebaut wird, dann wird sich das Thema bis in die Unendlichkeit weiterziehen. Vor allem Sturm müsste die Botschaft zuspitzen und klipp und klar auf den Tisch legen: Wenn es in der Stadionfrage keine Lösung gibt und Sturm weiterhin als Mieter ohne Möglichkeiten in Liebenau weitermachen muss, dann ist mittelfristig ein sportliches und wirtschaftliches Level wie derzeit nicht mehr möglich. Kapitän Stefan Hierländer hat diesen Umstand unlängst im Gespräch mit BlackFM bestätigt. Die Fans sollen und müssen wissen: Eine Politik, die im Gegensatz zu Wien oder Linz nicht bereit ist, hier zu unterstützen, ist der Totengräber von Spitzenfußball in Graz. Man wird national den Anschluss verlieren. Es wird keine Europacupnächte mehr geben und es ist wieder Durchschnittskost angesagt. That’s what it is. Und das muss auch endlich so gesagt werden.

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