Højlund-Transfer: Millionen dürfen Sturm nicht vom Weg abbringen [12 Meter]
Rasmus Højlund ist nach Bergamo weitergezogen, hinterlässt aber trotz kurzer Aufenthaltsdauer Spuren in Graz. Dabei geht es nicht nur um die gewaltige Transfersumme. Sturm ist jetzt gefordert, trotz verlockender Möglichkeiten, den eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen.
Im Bestfall steigert sich diese Summe durch Zusatzzahlungen auf bis zu 20 Millionen. Diese Wertsteigerung muss Schicker und dem Trainerteam in Graz erst einmal jemand nachmachen.
Es bleibt abzuwarten, wie Sturm sich in den nächsten Wochen schlagen wird. Egal wie die Leistungskurve verläuft und wie schnell man sich in der neuen Situation stabilisieren kann – eines ist besonders wichtig: Den eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen.
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Rasmus Højlund kam im Winter zu Sturm, nachdem Kelvin Yeboah um sehr gutes Geld nach Genua verkauft wurde. Knapp zwei Millionen Euro nahm Sturm Graz-Sportchef Andreas Schicker dafür in die Hand. Er hatte zu diesem Transfer damals intern nicht nur Zustimmung gefunden, er hat sich aber nicht abbringen lassen und den dänischen Teenager vom FC Kopenhagen an die Mur geholt. Einmal mehr ist der 36-Jährige bei einer Transferentscheidung richtig gelegen, so richtig wie nie zuvor. Um sagenhafte 17 Millionen Euro wechselt Højlund jetzt, nach nur wenigen Monaten in Graz, zu Atalanta Bergamo in die Serie A. Im Bestfall steigert sich diese Summe durch Zusatzzahlungen auf bis zu 20 Millionen. Diese Wertsteigerung muss Schicker und dem Trainerteam in Graz erst einmal jemand nachmachen.
Højlund hinterlässt Spuren
Der Spieler selbst darf hier natürlich auch nicht unerwähnt bleiben. Dieser junge Mann hat eine Topeinstellung, hatte sofort einen Draht zur Tribüne und war am Ende des Tages schlichtweg zu gut für diese österreichische Liga. Es passiert nicht oft, dass ein Kicker, der nur so wenige Monate bei einem Klub aktiv war, mit Sprechchören und Transparent verabschiedet wird.
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Rasmus Højlund hat das geschafft, zurecht geschafft. Er ist einer der Spieler, die am kürzesten bei Sturm aktiv waren, aber einer der trotzdem mit die größten Spuren hinterlassen hat. Nicht nur finanziell. Dass Sturm ihn schließlich ziehen ließ, trotzdem die Europa League-Gruppenphase bevorsteht und es beileibe nicht sicher ist, Højlund adäquat ersetzen zu können, ist nachvollziehbar.
Ein Blick auf den Jahresumsatz der Grazer genügt, um diesen Transfererlös richtig einzuordnen. Ihn um das aus Italien gebotene Geld jetzt nicht zu verkaufen, wäre grob fahrlässig gewesen. Nicht auszudenken, was Andreas Schicker sich anhören hätte können, hätte der Stürmer sich verletzt oder in der Europa League eine Formkrise aufgerissen. Nichtsdestotrotz gibt es eine zweite Seite dieser Medaille. Schicker sagte selbst rund um das Rapidspiel am Sonntag, dass der Abgang sportlich sehr schmerzt. Das war auch in ebendiesem Spiel gleich gut zu sehen. Im aktuellen Kader gibt es keinen, der Højlund auch nur im Ansatz ersetzen kann.
„Steirischen“ Weg fortsetzen
Für die anstehenden Aufgaben gegen Feyenoord Rotterdam, Lazio Rom und den FC Midtjylland wird es in der Offensive allerdings eine Lösung brauchen. Es wird bis zur Schließung des Transferfensters Ende August noch ein neuer Stürmer präsentiert werden. Schicker hat sich mittlerweile den Beinamen Transfer-Wunderwuzzi absolut verdient. Aber ob ein neuer Mann sofort einschlägt, ist trotz allem nie planbar. In einem pessimistischen Szenario wird es international eine ähnliche Frusterfahrung geben, wie in der letzten Saison. Zudem Sturm insgesamt, unabhängig von Rasmus Højlund, in einem ein wenig instabileren Zustand ist, als noch im Frühjahr. Jakob Jantscher ist verletzt, Manprit Sarkaria ist nicht in Form und manchmal meint man, Fitnessdefizite bei ihm zu verorten. Neuzugang Tomi Horvat hat sicher Potenzial, ruft dieses aber auch noch nicht zur Gänze ab. Hoffnungsträger wie Moritz Wels, Emanuel Emegha oder Mo Fuseini sind sicher Lichtblicke, diesen Youngsters kann aber nicht die Verantwortung auf internationaler Ebene umgehängt werden.
Es bleibt abzuwarten, wie Sturm sich in den nächsten Wochen schlagen wird. Egal wie die Leistungskurve verläuft und wie schnell man sich in der neuen Situation stabilisieren kann – eines ist besonders wichtig: Den eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen. Trotz Rekordtransfer darf hier ans Leitbild erinnert werden. Verankerung in der Region, Bodenständigkeit usw. Bei aller Notwendigkeit in Europa schlagkräftig sein zu können, der „steirische Weg“, wie er auf und ab propagiert wurde, als das aktuelle Team übernommen hat, sollte nicht verlassen werden. Der Weg hin zu einer seelenlosen Legionärstruppe ist ein kurzer und schnell gegangen. Ein erster kleiner Schritt ist schon passiert: Das Geld aus dem Österreichertopf wird nicht mehr benötigt, Sturm schreibt ab sofort mehr Legionäre auf den Spielbericht. Mir geht es hier nicht in erster Linie um Österreicher oder nicht, sondern viel mehr um Identifikation mit dem Klub. Rasmus Højlund war diesbezüglich ein absoluter Glücksfall. Das war nicht immer so bei Neuzugängen.
Kontinuität schlägt kurzfristigen Erfolg
Ich unterstelle Andreas Schicker, dass er sicher nichts dergleichen im Sinn hat, was die bisherige Vorgehensweise konterkariert. Aber wenn man die größeren Kuchen bäckt, dann kann der verführerische Duft schon einmal ein wenig die Entscheidungen beeinflussen. Es gilt schlichtweg aufzupassen, dass man nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholt und dann, wenn man mehr Möglichkeiten hat, Gefahr zu laufen die Bodenhaftung zu verlieren. Das gilt übrigens für die Fans im Stadion und ihre Erwartungshaltung genauso wie für die Geschäftsstelle. Die Entwicklung der letzten Jahre muss fortgesetzt werden, das ist bei weitem wichtiger als der eine oder andere Punkt mehr in der kommenden Europa League. Ich hoffe ich vertrete damit keine Einzelmeinung.
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