Is football coming home? [Euro 2020, Tag 20]
Der bescheiden aufgetretene Dritte aus der Österreich-Gruppe steht tatsächlich im Viertelfinale. Die Ukraine war bisher wahrlich nicht vom Pech verfolgt. Und wie erwartet, spielt Deutschland bei diesem Turnier keine große Rolle und Jogi Löw verabschiedet sich glanzlos. Am Ende gewinnen immer die Deutschen ist auf der Insel somit Geschichte.
„I think it’s time ‚the Germans always win‘ phrase was put to bed. Rest in peace.
++ Pucher schaut EM – der tägliche 12 Meter zur Europameisterschaft ++
Das Abendspiel, wie eigentlich eh immer wenn Schweden mitspielt, hat gefühlt doppelt so lang gedauert wie ein normales Fußballspiel. Der Gegner Ukraine hat nicht viel dazu beigetragen, diesen Zustand zu ändern. Der Last-Minute-Treffer in der Verlängerung, der tatsächlich der bisher kaum überzeugenden Mannschaft von Andriy Shevchenko den Viertelfinaleinzug bescherte, konnte daran auch nichts mehr ändern. Ein bisschen ein Treppenwitz, besonders aus österreichischer Perspektive, dass diese Mannschaft nun gegen England spielen darf.
Stichwort England. Die hatten es ja in letzter Zeit nicht immer nur leicht. Sie haben Boris Johnson, sie hatten Harry und Meghan-Gate, Prinz Philip ist gestorben und jetzt kommt Delta. Wenigstens konnten sie gestern ein langwieriges anderes Trauma abschütteln. Gareth Southgates Mannschaft hat Deutschland aus der Euro geworfen. Zu Hause, im Wembley Stadion. Wie bestellt zoomte die UEFA-Bildregie auch gleich auf ein weinendes deutsches Mädchen. Der bisherige negative Höhepunkt der ständigen Aufnahmen von den Tribünen, die bei jeder Gelegenheit eingespielt werden. Aber das ist eine andere Geschichte. Wie erwartet jedenfalls, ging die Ära Jogi Löw glanzlos und für seinen Stellenwert unwürdig zu Ende. Ein Wink mit dem Zaunpfahl für alle, die den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören nicht sehen wollen.
Gary Lineker konnte deshalb gestern seinen legendärsten Sager für überholt erklären. „I think it’s time ‚the Germans always win‘ phrase was put to bed. Rest in peace”, schreibt der frühere Stürmer und heutige TV-Kommentator auf Twitter. Der grundlegende Pessimismus über englische Turnierperformances sitzt trotz allem noch tief. Mein englischer Freund in Wien ließ nach der Gratulation am Dienstagabend wissen: „We’ll find a way to fuck this up.“ Die Vorzeichen stehen allerdings dieses Mal wirklich nicht schlecht, für Team Southgate.
Im Viertelfinale muss man zwar Wembley zum ersten Mal verlassen. Harry Kane und Co spielen in Rom allerdings gegen die Ukraine, was schlicht und einfach kein anderes Ergebnis bringen darf, als einen englischen Sieg. Die Blaugelben hatten eine gute Zeit, jetzt ist es genug. Wenn ein Überraschungsteam, dann bitte Dänemark. Ist diese Hürde genommen, spielt England Semifinale und ein etwaiges Finale zu Hause in London. Football played at home, also. Sicher kein Nachteil. Vielleicht geht es sich ja dieses Mal aus, dem seit der Heim-EM 1996 immer vergeblich gesungenen Song „Football is coming home“ auch tatsächlich einen Sinn zu geben.