Sturm muss Schopp

Nestor El Maestro ist bei Sturm Geschichte, wenn auch - in unterschiedlicher Hinsicht - eine der bemerkenswerteren in der Klubhistorie. Wenn man eins und eins zusammenzählt, darf und kann der nächste Trainer in Graz eigentlich nur Markus Schopp heißen.

Markus Schopp würde jedenfalls sehr viele Dinge vereinen, die für den kommenden Sturmtrainer sehr wichtig sein werden. Das ist keine Frage der Sympathie oder der Vorschusslorbeeren, das ist eine simple Abwägung von Fakten und Stimmungslagen. 

Und nicht zuletzt verfolgt Schopp eine Art des Fußballspiels, die die diesbezüglich mittlerweile sehr großen Kummer gewohnte Sturm-Fangemeinde wieder ein bisschen fröhlicher aus der Wäsche schauen lassen könnte.

++ 90minuten.at-Exklusiv ++ Ein 12 Meter von Jürgen Pucher 

 

Man muss kein besonders scharfsinniger Kombinierer sein, um für den seit Donnerstag vakanten Trainerposten beim SK Sturm auf Markus Schopp als potenziellen Nachfolger zu kommen. Er war bereits beim Verein tätig, kurz sogar als Cheftrainer, wo er aber die undankbare Aufgabe hatte Peter Hyballa interimistisch zu beerben. Er wurde dabei als noch sehr junger Coach ziemlich verheizt und musste zurück ins zweite Glied als Amateure-Trainer. Nur zu gern würde er heute wahrscheinlich gebeten werden, zu seinem derzeit in den Seilen hängenden Herzensklub zurückzukehren. Ein-zwei Steinchen würden zwar im Weg liegen, die wären aber nur zu leicht beiseite zu räumen, wenn beide Seiten zusammenarbeiten wollen. 

 

Der richtige Mann zur richtigen Zeit 

Und es deutet einiges daraufhin, dass es im Hintergrund zumindest schon Vorgespräche gegeben hat. Fragt man beim SK Sturm ein wenig hinein, hört man alles andere als Dementis, wenn der Name Schopp fällt. Zudem fällt auf, dass der gebürtige Grazer in den letzten Runden in Interviews eher defensiv hinsichtlich einer Vertragsverlängerung bei seinem derzeitigen Arbeitgeber Hartberg reagiert hat. Dass er in den nächsten Tagen eine Vertragsverlängerung über das Saisonende hinaus bekannt geben wird, scheint eher unwahrscheinlich. In der Oststeiermark wäre man natürlich daran interessiert, hat der 46-Jährige Übungsleiter den Klub mit dem kleinsten Budget der Liga doch in die Meistergruppe geführt. Und das noch dazu mit relativ ansehnlichem Fußball.

Es spricht außerdem einiges dafür, dass Markus Schopp der richtige Mann zur richtigen Zeit auf der Grazer Bank wäre. 2017 ist er noch in Unfrieden gegangen. Zunächst wurde schon davor viel Porzellan zerschlagen, als der Präsident höchstselbst Darko Milanic als Cheftrainer bevorzugte. Und Heiko Vogel später zeigte gemeinsam mit GF Sport Günter Kreissl nicht unbedingt die allergrößte Wertschätzung für den Trainer der Amateure, was diesen schließlich dazu bewog Sturm zu verlassen. Dabei ging es auch um Modernisierungsfragen und Methodik, wo man eher uneins gewesen sein soll. Mit dem Umweg über St. Pölten machte Schopp seinen Weg in Richtung Cheftrainersessel. Bei Hartberg zeigte er, dass er dieser Aufgabe gewachsen zu sein scheint und auch was er abseits des Platzes von sich gibt, hat zumeist Hand und Fuß. 

 

Sturm hält kein weiteres Experiment aus

Die schlechte Stimmung beim damaligen Abschied aus Graz ließe sich sicher mit dem einen oder anderen Gespräch zwischen den Protagonisten ausräumen. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Sturm-Präsident diese nicht wieder als “Männergespräche” tituliert, wie seinerzeit bei der Rückholung von Franco Foda. Wiewohl dem das damals wahrscheinlich ganz gut gefallen hat. Markus Schopp würde jedenfalls sehr viele Dinge vereinen, die für den kommenden Sturmtrainer sehr wichtig sein werden. Das ist keine Frage der Sympathie oder der Vorschusslorbeeren, das ist eine simple Abwägung von Fakten und Stimmungslagen. 

Der Ex-Internationale ist in Graz eine Marke und ich bin der ziemlich festen Überzeugung, dass weder der Klub noch sein Umfeld ein weiteres Experiment à la NEM aushalten würden. Das ist noch keine Leistung von Schopp im eigentlich Sinn, aber es würde allen Beteiligten etwas Zeit kaufen, die man dringend notwendig haben wird. Es wird jetzt nämlich plötzlich über langfristige sportliche Konzepte und Nachwuchs gesprochen, im schwarz-weißen Grazer Kosmos. Keine Rede mehr vom ach so wichtigen kurzfristigen Erfolg. Ich höre übrigens eure Worte, Herr Präsident und Co, und ich werde sie nicht vergessen. Schopp und seine Auslegung des Trainergeschäfts, wie er es in den letzten Jahren beschrieben hat, passen zu dieser angekündigten Neuausrichtung. Wenn man das noch anständig und nachvollziehbar kommuniziert, wird dieser neue Weg auf fruchtbaren Boden stoßen.

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Selbst Medien wie die Kleine Zeitung, die das schnelle Erfolg- und Ergebnisblabla der letzten Jahren immer mitgemacht haben, haben jetzt den Kurs geändert. Wenn der Leidensdruck einmal groß genug ist… und so weiter. Offensichtlich soll in Zukunft auch, wie eigentlich eh schon im Leitbild festgeschrieben, der Weg der Jugend verstärkt gegangen werden. Auch dafür ist Schopp wahrscheinlich eine gute Wahl. Er hat jahrelang im Nachwuchs gearbeitet und in Hartberg ein Händchen dafür bewiesen, die teilweise sehr jungen Leute in eine Bundesligamannschaft zu integrieren.

Und nicht zuletzt verfolgt Schopp eine Art des Fußballspiels, die die diesbezüglich mittlerweile sehr großen Kummer gewohnte Sturm-Fangemeinde wieder ein bisschen fröhlicher aus der Wäsche schauen lassen könnte. Ein nicht ganz unwesentlicher Punkt, wie es auch GF Sport Andreas Schicker neulich in einer Pressekonferenz durchklingen hat lassen. 

Deswegen sage ich hier am Schluss: Die verantwortlichen Herrschaften in Messendorf sollen bitte Markus Schopp zurück an die Mur holen und ihn mit ausreichend Zeit und Kompetenzen ausstatten, dass er die gerade im Entstehen befindlichen langfristigen Konzepte gemeinsam mit ausreichend befähigtem Personal in der Geschäftsstelle umsetzen kann. Das ist relativ alternativlos und deswegen umgehend anzugehen.

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