SK Sturm: Alle Klarheiten beseitigt
Der SK Sturm lässt im Moment sehr vieles vermissen. Neben sportlicher Konstanz auch eine klare Linie in ganz vielen Dingen. Ein wenig mehr Farbe bekennen wäre angebracht.
Warum nützt zum Beispiel der Trainer die absolut vorhandenen Offensivqualitäten nicht stärker und setzt lieber auf den guten alten Abteilungsleiterfußball der Marke Franco Foda?
Es gilt endlich ein wenig Farbe zu bekennen und Dinge zu verlautbaren, die für mehrere Jahre gelten und nicht nur bis zum nächsten Interview.
Ein 12 Meter von Jürgen Pucher
Über 1.000 Sturmfans sind am 8. Februar zum Cup-Viertelfinale nach Linz gepilgert und haben dort einen (wie eigentlich immer) außergewöhnlichen Support für die Mannschaft abgeliefert. Auf dem Weg zur Gugl und im Stadion. Dieses Rahmenprogramm hatte bei weitem mehr Klasse als das, was dann von den Schwarz-Weißen aus Graz am Feld abgeliefert wurde. Wiewohl Trainer NEM oder Sportchef Günter Kreissl im Anschluss von einem Cup-Fight auf Augenhöhe sprachen, war es in Wirklichkeit eine verdiente 2:0-Niederlage. Sturm war in allen Belangen die schwächere Mannschaft.
Schiedsrichter-Bashing statt Ursachenforschung
Wieder einmal sieht man an den Reaktionen der Verantwortlichen, dass man in Graz-Messendorf schlichtweg nicht bereit ist, die Tatsachen anzunehmen und den Ursachen für die Mittelmäßigkeit auf den Grund zu gehen. Diese Mannschaft kann sehr vieles nicht, zum Beispiel nach einem Rückstand das Konzept ändern, gesprochen wird aber immer über etwas anderes oder jemanden anderen. Dieses Mal wurde wieder einmal die alte Schiedsrichterleier ausgepackt. Auch wenn Herr Altmann nicht seinen besten Tag hatte, wie auch damals der Referee in Mattersburg, ist es nach der gezeigten Leistung nahezu ein Witz, sich auf den Schiedsrichter auszureden. Genauso wie es eine absolute Peinlichkeit war, damals im Burgenland derart auszuzucken. Das Gejammer über eine angebliche anhaltende Benachteiligung des SK Sturm durch die Referees ist für die Fans unerträglich und außerdem schlicht lächerlich.
Stattdessen sollten sich Kreissl und Co lieber um ihre Hausaufgaben kümmern und darüber nachdenken, warum diese Mannschaft trotz unbestritten viel Qualität im Kader nicht und nicht ins Laufen kommen will. Warum nützt zum Beispiel der Trainer die absolut vorhandenen Offensivqualitäten nicht stärker und setzt lieber auf den guten alten Abteilungsleiterfußball der Marke Franco Foda? Warum kann sich nicht einmal dieser sehr strukturkonservative Fußball auf eine Art und Weise stabilisieren lassen, sodass nicht jedes Spiel der Blackys eine Wundertüte ist? Und warum ist man zu all den sportlichen Unzulänglichkeiten nicht in der Lage, eine stringente Kommunikation darüber, was man anstrebt oder erreichen möchte, zu formulieren?
Sprunghaftigkeit statt klarer Linie
Rund um die Auftaktpressekonferenz der Bundesliga ließ der Sportchef gegenüber der APA wissen, Sturm könne nicht immer “geil und Hollywood” sein. Zugleich blickt er in die Glaskugel und redet über Platz drei und die damit wahrscheinlich verbundene direkte Qualifikation für die Europa League-Gruppenphase. Der Trainer wiederum wird nicht müde, komplett wahllos zwischen Euphorie und absoluter Niedergeschlagenheit hin- und herzuwackeln. Und ganz oben wird vom Präsident wieder und wieder das Credo “Der Erfolg ist alles was zählt” ausgerufen. Um dann bei der jüngst stattfindenden Generalversammlung oder beim Radwandertag zum Geburtstag des Klubs letzten Mai gegen Investoren zu wettern und wissen zu lassen, dass man da lieber das sei was man sei, anstatt sich des Geldes wegen auszuliefern.
Das alles passt nicht zusammen, genau wie beim Kick am Feld. Einzelne Aussagen und Bestrebungen sind absolut verfolgenswert. Würden sie nicht anderntags diametral durch das nächste Statement entwertet. Als Beobachter und als Fan bleibt man ratlos zurück. Was will man sein? Der sympathische Mitgliederverein, der sich seiner Stellung bewusst ist? Oder doch ein Klub, der den Anspruch stellt, regelmäßig Titel zu gewinnen? Sturm Graz strahlt Sprunghaftigkeit aus, keine klare Linie, kein Konzept.
Schicker statt Kreissl?
Im Moment kann nicht einmal schnell geklärt werden, ob nun Günter Kreissl weiter im Amt bleiben wird oder nicht. Seit Wochen kursieren Gerüchte über seinen Abgang, Rückzug - oder die neueste Variante, eine mögliche “Rochade” mit Scout Andreas Schicker - und die Entscheidung bleibt aus. Es laufen unzählige Verträge aus und die Kaderplanung müsste längst begonnen haben. Was sagt man den Leuten, wer im Sommer ihr Ansprechpartner sein wird? Aber wahrscheinlich wird man ohnehin wieder Transfers bis in den September hinein tätigen, wenn man im Europacup (so man ihn erreichen wird) längst wieder ausgeschieden ist, weil man im August noch keine funktionierende Mannschaft hatte.
Es gilt endlich ein wenig Farbe zu bekennen und Dinge zu verlautbaren, die für mehrere Jahre gelten und nicht nur bis zum nächsten Interview. Wer wird neuer oder alter Sportdirektor und plant dieser auch mittel- bis langfristig mit diesem Trainer. Will Sturm den Mitgliederverein und alles was dazugehört auch leben oder ihn nur ins Leitbild schreiben? Und was will man hinsichtlich Kader, Jugend und sportlicher Ausrichtung sein? Hier geht es nicht in erster Linie darum, was das ist, sondern vielmehr darum, dass man sich einmal für einen Weg entscheidet. Im Moment plant man dabei in Saisonschritten, in Wahrheit müsste man aber zumindest in Legislaturperioden des Vorstandes denken. Alles in allem hat dieser Klub im Moment Glück, dass er eine sehr tolerante Kurve hat, die sich von alldem nicht verunsichern lässt und Woche für Woche trotzdem alles gibt. Wenigstens diese Klarheit herrscht.