Sturm und die Nagl-Probe
Seit Jahren begleitet die Stadiondebatte den SK Sturm und die Grazer Politik. “Sturm braucht eine Heimat” wird indessen immer populärer, was den Bürgermeister nervös zu machen scheint. Offenbar bis hin zu kindischen Racheakten.
Seit einiger Zeit hat die ganze Angelegenheit aber noch eine weitere Dimension erhalten. Es scheint, als gäbe es gezielte Repression von Seiten der Stadt gegenüber der organisierten Fanszene des SK Sturm. Nachdem die Fans jüngst per Transparent die Abwahl von Siegfried Nagl als Bürgermeister befürwortet haben, wurden plötzlich aus Sicherheitsgründen die Vorsänger-Podeste beanstandet.
Am Ende gibt es durch ein solches Verhalten außerdem nur Verlierer. Anstatt sich gemeinsam für ein Gedeihen des erfolgreichsten Fußballklubs des Bundeslandes einzusetzen, verliert man sich in solchen Geschichten.
+ + 90minuten.at Exklusiv + + Ein 12 Meter von Jürgen Pucher
Die Stadionfrage in Graz. Das Thema begleitet den SK Sturm und die Stadt seit vielen Jahren und es war bisher nicht möglich, sich auch nur annähernd auf eine für den Klub gangbare Lösung zu einigen. Da gab es vor Jahren - in der Nachbetrachtung hochlächerliche - Wahlkampfauftritte des Bürgermeisters, wo er vollmundig ein Tor zur Stadt mit Einbeziehung des Stadions und seines Vorplatzes in Liebenau versprochen hat. Herausgekommen ist dabei mehr oder weniger gar nichts. Er hat das wahrscheinlich schon vorher gewusst. Der SK Sturm und seine Fans haben aber wieder einmal vergeblich gehofft, dass sie für ihren Klub eine richtige Heimstätte bekommen werden. Seitdem gab es unzählige Gespräche hinter verschlossenen Türen, die allesamt am Ende maximal Stückwerk ergeben haben.
“Sturm braucht eine Heimat” schmeckt Nagl nicht
“Aber die Stadt hat doch Millionen für die Modernisierung des Stadions in Liebenau beschlossen”, sagen jetzt die Kritiker. “Wieso sind denn die Schwarzen nie zufrieden?” “Man kann doch nicht ohne Ende Steuergeld in den Fußball pumpen.” Und so weiter und so fort. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Eigentümer des Stadions, die Stadt Graz, doch wohl den professionellen Spielbetrieb ermöglichen muss, oder? Dass man dazu nach 20 Jahren einmal ein bisschen Geld investieren muss, scheint logisch, nicht wahr? Die Sache mit dem Argument der Renovierung abzukanzeln und zu beenden, ist unzulässig und außerdem eine Themenverfehlung. Der SK Sturm verfolgt seit längerem das Ziel, Liebenau als Pächter zu übernehmen und tritt mit diesem Vorschlag an die Stadtpolitik heran. Das hieße aber natürlich, dass der zweitklassige, eventuell auch bald wieder drittklassige, GAK eine eigene Heimstätte benötigen würde. Aufgrund des Zuschauerpotenzials und der sportlichen Preisklasse des Stadtrivalen, würde sich die Investition dazu in einer machbaren Dimension bewegen. Nicht zuletzt gibt es vom SK Sturm ein Konzept, das in einem Treffen mit der Stadt vorgelegt wurde und unter dem Strich nach einigen Jahren sogar eine Kostenersparnis für die öffentliche Hand bedeuten würde. Präsident Christian Jauk hat die Eckpunkte dieses Vorschlags schon im Juli bei BlackFM.at erläutert.
Nachdem man aber trotz allem beim Bürgermeister und seinen Handlangern auf taube Ohren gestoßen ist, hat sich der SK Sturm entschlossen, das Thema “Sturm braucht eine Heimat” zu forcieren. Lange wurde versucht, in Verhandlungsrunden etwas zu erreichen, jetzt geht man, in Koordination mit den Fangruppen, offensiv mit dem Thema nach außen. Sturm möchte Liebenau übernehmen und tritt gemeinsam mit seinen Fans für eine Zwei-Stadien-Lösung in Graz ein. Das schmeckt dem Bürgermeister natürlich nicht so besonders. Einige lokale Blätter, besonders solche die nichts kosten, leisten ihm Schützenhilfe, schwadronieren von Steuergeldverschwendung und überhaupt gäbe es ja gar keinen geeigneten Standort für ein GAK-Stadion. Alle Beteiligten wissen, dass beide Dinge sehr wohl im Bereich des Lösbaren liegen. Selbst die Standortfrage. Wenn man ein umstrittenes Kraftwerk in die Mur stampfen kann, wird man auch einen Platz für eine kleine Arena finden können. Es ist einzig und allein eine Frage des politischen Willens, und der ist von Seiten des Siegfried Nagl schlichtweg nicht vorhanden.
Nach Abwahl-Transparent sollen die Vorsängerpodeste verschwinden
So wenig diese nicht vorhandene Unterstützung der Politik für den Profifußball zu verstehen ist, so ist es aber eben der Standpunkt des Bürgermeisters. Dieses Problem kann in einer Demokratie nur eine Wahl lösen. Seit einiger Zeit hat die ganze Angelegenheit aber noch eine weitere Dimension erhalten. Es scheint, als gäbe es gezielte Repression von Seiten der Stadt gegenüber der organisierten Fanszene des SK Sturm. Plötzlich gab es Medienberichte über einen vermeintlich vermüllten Vorplatz in Liebenau, Polizeieinsätze im Fanblock waren früher einmal auch nicht üblich und nachdem die Fans jüngst per Transparent die Abwahl von Siegfried Nagl als Bürgermeister befürwortet haben, wurden plötzlich aus Sicherheitsgründen die Vorsänger-Podeste beanstandet, die zuvor jahrelang jeder Begehung standgehalten haben. Sturm soll jetzt unter erheblichen Mehrkosten neue Modelle errichten, die aber dann erneut erst bewilligt werden müssten. Dass es hier keinen Zusammenhang gibt, können alle daran Beteiligten ihren diversen Großmüttern erzählen.
Die sich aktuell in der Verantwortung befindlichen Grazer Politiker tun sich auch hier wohl wieder einmal als das hervor, was sie seit jeher gewesen sind. Die Protagonisten einer Provinzposse ohne Weitblick. So die Demontage der Vorsänger-Podeste tatsächlich ein politisch motivierter Racheakt war, war das nichts anderes als einer der kindischen Beleidigtheit. Wie der kleine dünne Bub in der Sandkiste, dem die Schaufel weggenommen wurde und der sich dafür rächen will. Politische Entscheidungsträger, die sich auf ein solches Niveau begeben, sind unabhängig von ihren Standpunkten zu diversen Themen untragbar und gehören tatsächlich abgewählt. Am Ende gibt es durch ein solches Verhalten außerdem nur Verlierer. Anstatt sich gemeinsam für ein Gedeihen des erfolgreichsten Fußballklubs des Bundeslandes einzusetzen, dafür zu sorgen, dass dieser nicht noch weiter an Boden gegenüber der Konkurrenz verliert und das zu tun, wofür Politiker gewählt wurden, nämlich das Leben der Menschen und in einer Gesellschaft zu verbessern, verliert man sich in solchen Geschichten. Das ist eigentlich nur noch eine Schande.
Und nicht zuletzt sei festgehalten: Man könnte auch einfach stolz sein, auf den wichtigsten Sportverein der Stadt und als hauptverantwortlicher Politiker versuchen unterstützend tätig zu sein. Auch wenn man selbst für den anderen Klub die Daumen drückt. Oder will Siegfried Nagl etwa nicht der Bürgermeister für alle Grazer sein?