Maestros Werk und Kreissls Beitrag
Nach dem 3:3 in Mattersburg übertreffen sich Sturmtrainer Nestor El Maestro und Sportchef Günter Kreissl gegenseitig mit ratlos machenden Auftritten vor den Kameras. Die sportliche Führung der Schwarz-Weißen blamiert damit sich selbst und ihren Arbeitgeber.
Nicht zuletzt wiegt mit am schwersten, dass diese unkontrollierten, dumm-emotionalen Aussagen in beiden Fällen vom viel wichtigeren Kern der Sache ablenken.
Ein 12 Meter von Jürgen Pucher
„Es macht wenig Spaß. Am liebsten würde ich einfach nach Hause gehen und ein bisschen Urlaub machen. Und es ist kein Riesenschmerzensgeld hier. Ich bin gerne in Österreich, aber das ist jetzt nicht so ein Jahrhundertjob für mich.“ Das sind die wesentlichen Aussagen von Sturm-Coach Nestor El Maestro nach dem 3:3 am Samstag in Mattersburg. Zugleich legt er noch ein Lamento über die seiner Meinung nach wiederholt ungerechten Schiedsrichterentscheidungen gegen den SK Sturm nach. Ein bisschen später plärrt sich Sportdirektor Günter Kreissl im Kabinengang wieder einmal in Rage und redet unter anderem von „einem Sport, enge Entscheidungen gegen Sturm Graz zu geben.“ Diese beiden Auftritte waren derart grotesk, dass man zunächst gar nicht wusste, wie man das einzuordnen hat. Das soll das öffentliche Bild sein, dass die beiden sportlich Verantwortlichen des Sportklub Sturm abgeben? Knapp zwei Wochen, nachdem ein Leitbild präsentiert worden ist, wo man sich als sympathischer Traditionsverein mit intaktem Werteverständnis positioniert hat?
„Schwamm drüber“ reicht nicht
Natürlich wurde am Montag zurückgerudert – die Aufregung, die Emotionen und so weiter. Aber man muss sich das noch einmal vor Augen führen: Der Cheftrainer sagt, der Job mache keinen Spaß, ist eh nicht so toll bezahlt und nicht unbedingt die Offenbarung für ihn. Und die Schiedsrichter seien an allen Niederlagen beteiligt gewesen. Das ist im Grunde schlicht nicht zu fassen. Der Cheftrainer weist die Verantwortung von sich und zieht den Klub, für den er arbeitet, ins Lächerliche. Dann kommt der Sportchef und man würde sich erwarten, von dieser Seite kämen beruhigende Worte, die alles wieder ein wenig einordnen. Weit gefehlt. Die sportliche Führungskraft lässt eine zweiminütige Wutrede los, wo er sagt, er hätte gar keine Lust über sportliche Gründe zu reden, sondern er wolle überhaupt nur über die Schiedsrichter schimpfen. Als Sturmfan bleibt man einfach nur noch ratlos zurück. Diese Leute lenken die sportlichen Geschicke des Vereins?
Anstatt die Gründe für die eigene Offensiv-Schwäche zu hinterfragen. Anstatt sich zu überlegen, ob wirklich alle Spieler auf ihren derzeitigen Positionen optimal zur Geltung kommen. Und anstatt sich zumindest in Ansätzen an die Grundsätze der Fairness und der Außendarstellung des Klubs im kürzlich präsentierten Leitbild zu halten. Es ist belanglos, ob Sturm in ein paar Spielen der laufenden Saison mit Schiedsrichterentscheidungen Pech gehabt hat. Es ist belanglos, dass sich Nestor El Maestro am Montag intern für seine Aussagen entschuldigt hat. Und es ist belanglos, dass der Sportchef nach einer Abkühlungsphase seinen Trainer in Schutz nimmt und jetzt notwendigen Zusammenhalt predigt. Schwamm drüber reicht hier nicht mehr aus. Die Auftritte von Maestro und Kreissl in Mattersburg waren eine einzige Blamage für den Klub und sind durch kein Herumgerede im Nachhinein irgendwie zu rechtfertigen.
Dämliche Interviews lenken vom Wesentlichen ab
Der Fußball braucht Emotionen, keine Frage. Richtig eingesetzt und dosiert, mag auch die eine oder andere schärfere Ansage eines Trainers oder Sportdirektors in Interviews zweckdienlich sein. Und es muss auch nicht sein, dass man Schiedsrichterfehlentscheidungen immer nur achselzuckend zur Kenntnis nimmt. Desavouierende Aussagen über den eigenen Arbeitgeber oder die Liga, wie von Maestro, und hochnotpeinliches Wutgeschrei über eine angebliche strukturelle Benachteiligung des SK Sturm durch die Schiedsrichter, wie von Kreissl, sind aber bei weitem zu viel des Erträglichen. Besonders, weil Kreissl schon einige Male durch eher unkontrollierte Wutausbrüche aufgefallen ist. Hier zur Tagesordnung überzugehen, wäre nicht angemessen. Die Vereinsführung ist eindeutig gefragt. Wenn die beiden wichtigsten Angestellten sich öffentlich auf diese Art und Weise präsentieren, ist das eine Beschädigung für den ganzen Klub und sein Image. Maestro und Kreissl dürften sich nicht einmal dann beschweren, würden sie beide hochkant rausfliegen.
Nicht zuletzt wiegt mit am schwersten, dass diese unkontrollierten, dumm-emotionalen Aussagen in beiden Fällen vom viel wichtigeren Kern der Sache ablenken. Nestor El Maestro sollte sich vielmehr dazu erklären, wie er gedenkt das offensive Werkl seiner Mannschaft zum Laufen zu bringen und wie er sich überlegt, die Stärken von Otar Kiteishvili oder Thorsten Röcher besser zur Geltung zu bringen. Und Günter Kreissl hat während seines Ausbruchs auch einen wichtigen Punkt in einem Nebensatz erwähnt. Das Schiedsrichterwesen braucht mehr Förderung, um bessere Leistungen erzielen zu können. Darüber sollte man sprechen, nicht verschwörungstheoretisch die eigene Benachteiligung unterstreichen. Bei allem Verständnis für Emotionen und Ärger. Wenn man sich derart blamabel in Szene setzt, geht das allerdings unter. Und ernst genommen wird man außerdem nicht. Alles in allem ein finsteres Kapitel Sturmgeschichte, dieser 21. September 2019 in Mattersburg.