Schicksalstage eines Trainers
Im Mai 2018 wurde Sturm-Trainer Heiko Vogel in Graz gefeiert. Jetzt steht er vor den nächsten Spielen schon mit dem Rücken zur Wand. Dazu beigetragen hat auch das offenbar schlechter gewordene Verhältnis mit Sportchef Günter Kreissl.
Ein 12 Meter von Jürgen Pucher
Fast ein Drittel der Meisterschaft ist absolviert und insbesondere der SK Sturm und sein Umfeld haben sich nach der erfolgreichen Saison 2017/18 die aktuelle Spielzeit wohl etwas anders vorgestellt. Im Cup sind die Schwarz-Weißen bereits ausgeschieden und in der Meisterschaft liegt das Team von Heiko Vogel nach zehn Runden gerade einmal einen Punkt über dem „Strich“, der am Ende die Teilnahme an der Meisterrunde garantierten würde. Zuletzt gab es gegen den heuer sehr starken LASK ein 0:0 und gegen Tabellenführer Red Bull eine 1:2-Niederlage, mit phasenweise guten Momenten der Grazer.
Krisensitzung in Graz
Man mag das nun als leichten Aufwärtstrend verbuchen oder auch nicht. Die Wochen der Wahrheit stehen für den SK Sturm in jedem Fall jetzt erst bevor. Wenn der Klub aus den nächsten vier Partien bis zur nächsten Länderspielpause nicht ausreichend Punkte einfährt, dann wird aus den bereits vorhandenen Krisenelementen eine handfeste Problemstellung werden, bei der es wohl nicht mehr ohne personelle Änderungen weitergehen wird. Heißt: Heiko Vogel ist unter Druck. Er muss die in den letzten Spielen sichtbaren positiven Elemente in ganze Spiele gießen und die Mannschaft endlich konsolidieren. Es geht bis Mitte November gegen Austria und St. Pölten, zwei direkte Konkurrenten um die oberen Plätze, und gegen die Nachzügler Hartberg und Wacker Innsbruck. Neben weiteren Fortschritten im spielerischen Bereich braucht Vogel vor allem eines: Punkte.
Er braucht sie vor allem deshalb, weil er scheinbar beginnt den Support seines wichtigsten Gegenübers und Vorgesetzten zu verlieren: Günter Kreissl. Was seit einiger Zeit schon rumorte und Insidern bekannt war, ist vor dem Spiel gegen Salzburg letztens offensichtlich geworden. In Graz-Messendorf fand sogar eine Aussprache statt. Teilnehmer: Der Trainer, die Geschäftsführung und die Vereinsführung. Auch wenn Präsident Christian Jauk das im Anschluss als notwendigen Gedankenaustausch inklusive konstruktiver Kritik begleitet von einer Jause sowie ein paar „Sponsorbieren“ darzustellen versuchte, war es nichts anderes als eine Krisensitzung. Der Sportchef und der Trainer scheinen mehr und mehr atmosphärische und inhaltliche „Störungen“ aufgebaut zu haben.
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Kader schlecht oder nützt Trainer Potenzial nicht?
Wer in letzter Zeit genauer zwischen den Zeilen gelesen hat und das eine oder andere Zeichen aufmerksam beobachtet hat, war über diese Entwicklung nicht wirklich überrascht. Heiko Vogel lamentierte ein bisschen über die Qualität des Kaders. Günter Kreissl mied es demonstrativ, gemeinsam mit dem Trainer aufzutreten oder sonst wie unterstützende Worte für ihn zu finden. Der Haussegen hing jedenfalls wohl schon recht schief. Wie immer nach solchen außerordentlich anberaumten Sitzungen, wird im Anschluss von guten Gesprächen fabuliert und es würden jetzt aber wirklich alle gemeinsam nur zum Besten des Vereins arbeiten. Die Probleme bleiben aber dieselben. Da ist ein Sportchef, der vor der Saison angesichts der vielen Abgänge die Kampfparole ausgegeben hat, der Kader wäre gleich stark wie letzte Saison. Auf der anderen Seite ist der Trainer, der in einem Interview mit der Kleinen Zeitung im September von den vielen schmerzhaften Verlusten im Sommer spricht, die überzogene Erwartungshaltung rund um die Neuen anmerkt, und anfügt, es wäre nicht gelungen in der Transferzeit alle Leute zu bekommen, die man sich gewünscht hätte.
Sowas freut den Chef natürlich nicht, wenn durch die Blume seine Arbeit kritisiert wird, noch dazu vom Chefcoach, der in der laufenden Saison noch wenig vorzuweisen hat. Wer hier jetzt mehr oder weniger Recht hat, sei dahingestellt. Ob Heiko Vogel zu viel experimentiert und die Potenziale der neuen Leute nicht ausreichend zur Geltung bringt oder ob dieser Kader nun tatsächlich signifikant schwächer ist, als der letzte, lässt sich nicht final beantworten. Die Wahrheit wird, wie so oft, in der Mitte liegen. Was sich schon eindeutig beantworten lässt, ist jene Frage, wer schlechte und vor allem punktearme Spiele in den nächsten Runden eher „überleben“ wird.
Genauso, wie die Wahrheit oft in der Mitte liegt, ist das schwächste Glied der Fußballklub-Kette fast immer der Trainer. Unter Druck steht also vor allem der Mann an der Linie, der noch vor wenigen Monaten – gemeinsam mit dem Sportdirektor – mit Sprechchören gefeiert wurde. Der Betroffene übt sich derweil selbst in Kampfparolen und gab im Kleine-Interview zu den weiteren Zielen zu Protokoll: „Definitiv spielen wir im Oberen Play-off.“ (>>> Das sehen die Fans übrigens auch so). Er deutete außerdem an, es brauche im Winter Verstärkungen, vor allem schnelle Spieler. Ob er an der Auswahl derselben noch beteiligt sein wird, entscheiden die nächsten Partien.