Bitte kein Klagenfurter Cordoba

Das ÖFB-Team legt derzeit eine Testspielsiegesserie hin. Klagenfurt soll deshalb das neue Cordoba sein. Die Nationalmannschaft braucht alles, nur das nicht, um das derzeit extrem hohe Potenzial bestmöglich zu nützen.

Ein 12 Meter von Jürgen Pucher 

 

Die letzten sieben Spiele hat das ÖFB-Team also schon gewonnen, in den letzten acht sogar nicht verloren. Franco Foda sitzt seit fünf dieser Matches auf der Bank und hat als Teamchef das erwischt, was man einen guten Einstand nennt. Da war auch tatsächlich einiges dabei, was wirklich gut war. Taktisch zeigte sich das Nationalteam flexibel und der Spirit in der Mannschaft stimmt. Und jetzt, bevor es noch am Sonntag gegen Brasilien und dann für die Österreicher zum WM-Zuschauen in den Urlaub geht, wurde auch noch das erste Mal seit 1986 Deutschland besiegt. Das unvermeidliche „Cordoba-Ding“ zeigte sofort wieder seine hässliche, ewig gestrige Fratze und jetzt sei außerdem Klagenfurt das neue von der Sorte.

 

Es ist, was es ist: Ein erfolgreicher Testmarathon

Wie das in Österreich dann eben so ist, geht das alles gleich wieder durch die Decke. Eine Siegesserie wie seit dem Wunderteam nicht mehr, „Weltmeisterbesieger“ und andere unsinnige Jubelbilder wurden gezeichnet. Genau in solchen Phasen ist es wichtig, das richtig einzuordnen, damit nicht im ersten Bewerbsspiel im Herbst wieder einmal das böse Erwachen kommt. Die letzten Spiele waren alle entweder bedeutungslose WM-Qualifikations-Fade-outs oder Freundschaftsspiele. Es waren Gegner wie Luxemburg und Moldawien dabei. Österreich spielte gegen inferiore Russen, die in der Vorrunde der Weltmeisterschaft ausscheiden werden, wenn nicht ein Wunder geschieht. Und ohne den Erfolg kleinreden zu wollen, Jogi Löw testete, neben der Einsatzfähigkeit von Manuel Neuer, viele seiner Kaderspieler 15-23, weil er am Montag nach dem Match die überzähligen Leute heimschicken musste. Er hat zudem im Vorfeld schon angekündigt, dass das Ergebnis dieser Partie nachrangig sei.

Jaja, nicht immer alles schlechtreden, heißt es, wenn man versucht dem Jubeltaumel etwas entgegenzusetzen. Trotzdem ist das alles genau so und nicht anders. Und: Klagenfurt darf nicht das neue Cordoba werden. Diese Stadt in Argentinien ist das Synonym für Stillstand und Anti-Modernität im heimischen Fußball. Nichts wäre schlimmer, als sich daran zu orientieren. Unmittelbar nach dem Sieg gegen den DFB, zeigte Walter Schachner bei Servus TV, was damit gemeint ist. Zum Ausspruch von Marko Arnautovic über Klagenfurt als neuem Cordoba, meinte der damalige „Held“: „Cordoba wird immer Cordoba bleiben. Der Arnautovic kennt die WM ja nur vom Fernsehen.“ Das typisch trotzig-lächerliche Rückbesinnen auf ein Ereignis, das 40 Jahre zurückliegt, wie man es auch von vielen anderen ÖFB-Protagonisten der späten 1970er kennt. Dass es auch damals nur um „die Ehr‘“ ging, sei der Vollständigkeit halber dazu erwähnt.

 

Die „alten Helden“ sollen sich ihr Cordoba behalten

Den 78ern, diesem Hemmschuh der Entwicklung in Fußballösterreich, soll aber bitte ihr Cordoba bleiben. Sie haben eh sonst meist sehr wenig. Die aktuelle Generation soll und muss schlauer sein. Ich glaube auch, sie ist es. Sie wissen einen Sieg in einem bedeutungslosen Spiel besser einzuordnen. Ich unterstelle Marko Arnautovic, die flapsige Bemerkung über Klagenfurt als neuem Cordoba eher als ein Wegwischen des Ewiggestrigen gemeint zu haben, denn den Startpunkt für einen neuen Mythos setzen zu wollen. Der Teamchef sollte das ohnehin tun. Was hier nämlich derzeit beim Nationalteam entsteht, ist auch nüchtern betrachtet sehr vielversprechend. Nach der letzten Qualifikation schien noch unklar, wie man Rücktritte wie jenen von Zlatko Junuzovic, der lange als unersetzbar galt, kompensieren wird können. Und es gab die ewige Alaba-Debatte, die linke Seite und wer ihn im Zentrum ersetzen kann. Mittlerweile gibt es dort Florian Grillitsch und aus den Untiefen der heimischen Liga erhebt sich gerade Peter Zulj zum nächsten Star des heimischen Kicks. David Alaba mache außerdem die linke Seite im Mittelfeld laut Franco Foda mittlerweile Spaß.

Hinter Marko Arnautovic, dem einzigen wirklich herausragenden Akteur derzeit im Nationalteam, sind die Reihen dicht. Auch unter Marcel Koller war die Leistungsdichte im Kader nicht so hoch, der Unterschied zwischen erstem und zweitem Anzug größer. Franco Foda kann absolut aus dem Vollen schöpfen, wahrscheinlich wie noch kein Teamchef vor ihm. Sowohl was Ausgewogenheit der Stärken betrifft, als auch was die Flexibilität angeht, die der Kader zulässt. Es gilt die Bäume nicht in den Himmel wachsen zu lassen. Selbst dann nicht, wenn der letzte Test vor der Sommerpause gegen Brasilien auch noch erfolgreich bestritten werden sollte. Die Wahrheiten liegen dann nämlich in den Bewerbsspielen verborgen. Die Voraussetzungen für einen (sportlich, wohlgemerkt) erfolgreichen ÖFB sind gut wie lange nicht. An Franco Foda und Co liegt es, sich nicht von außen narrisch machen zu lassen und diese zu nützen.

 

>>> Nächste Seite: Österreicher fix von Real zu Freiburg