Vogel in Not

Heiko Vogel hatte einen denkbar schlechten Start als Sturmtrainer. Vor allem die Art und Weise wie die beiden Auftaktniederlagen zustande kamen, lässt das Grazer Umfeld ratlos zurück. Der Neue hat wohl zu viel auf einmal verändert. Seine Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind jetzt gefragt.

Ein 12 Meter von Jürgen Pucher

 

Vor dem Auftakt des SK Sturm in die Frühjahrsmeisterschaft in Mattersburg, wurde an dieser Stelle die Frage gestellt: Wohin geht die Reise mit dem neuen Trainer Heiko Vogel? Genau kann man diese Frage noch immer nicht beantworten, der Start des gemeinsamen Weges war aber jedenfalls einmal sehr holprig. Zwei Spiele, null Punkte und null Tore heißt es nach den Auftritten in Mattersburg und zuhause gegen den WAC. Schlimmer noch als die magere Ausbeute, war aber die Art und Weise, wie die Mannschaft sich präsentierte. Nichts mehr zu sehen von der breiten Brust und dem Selbstvertrauen aus dem Herbst. Stattdessen unzählige Abspielfehler, keine herausgespielten Torchancen und eine fast beängstigende Lethargie der Protagonisten auf dem Feld.

Kurzum: nichts davon hat funktioniert, es blieb bei der Idee, die Umsetzung endete in Orientierungslosigkeit, permanenten Ballverlusten und zunehmender Verunsicherung.

Der Vogel fliegt noch nicht

Die Wahrheit ist im Wettkampf

Nach den sehr positiv konnotierten Wochen vor dem Start, war das für die Fans – und wohl auch für alle im Verein – dann doch sehr enttäuschend. Viel Lob gab es für das Auswahlprocedere und die Präsentation von Vogel. Die Vorbereitung im Jänner brachte gute Leistungen, Siege gegen renommierte Gegner und der neue Übungsleiter benutzte Superlative wie ‚hervorragend‘ oder ‚außergewöhnlich‘. Wieder einmal zeigte sich aber, Testspiele und Wettkampf haben relativ wenig miteinander zu tun. Schon während der Tests zeichnete sich ab, dass nahezu kein Stein auf dem anderen bleiben würde und unter dem neuen Coach ein neuer SK Sturm auf dem Feld stehen wird. Am dritten Februar im Pappelstadion bestätigte sich dieser Eindruck.

Der frühere Basel-Coach ließ einen Hauch Pep Guardiola, der ihn in seiner Zeit im Bayern-Nachwuchs prägte und inspirierte, in die österreichische Liga einziehen. Die Blackies versuchten Ballbesitzfußball, die Außenverteidiger zogen nach innen und beteiligten sich am Spielaufbau, der Sechser partizipierte (theoretisch zumindest) als Teil der Innenverteidigung am Spielaufbau, sogar der ‚Robben-Style‘ war zu sehen, was seitenverkehrte Flügelstürmer meint. Philipp Huspek und Marc Schmerböck kamen jeweils auf der Seite ihres schwächeren Fußes zum Einsatz, um ebenfalls nach innen zu ziehen und den Abschluss zu suchen. Kurzum: nichts davon hat funktioniert, es blieb bei der Idee, die Umsetzung endete in Orientierungslosigkeit, permanenten Ballverlusten und zunehmender Verunsicherung.

Auch ohne Pep kein Erfolg

Dementsprechend grantig fiel Heiko Vogels erste Pressekonferenz nach seiner Bundesliga-Premiere aus. Die Stimmung verblieb in jedem Fall so, dass man sich definitiv eine Reaktion beim Heimspiel gegen Wolfsberg eine Woche später erwartete. Das Gegenteil war der Fall. War in Mattersburg zumindest noch eine Idee zu sehen, war in Liebenau dann gar nichts mehr zu sehen. Vogel verzichtete auf die Pep-Elemente und stellte ein sehr simples 4-1-4-1 aufs Feld. Mit dem Ergebnis, dass nun absolut gar nichts mehr ging. Die einzige Situationen, wo man überhaupt bemerken konnte, dass Sturm anwesend war, waren ein-zwei Momente, wo schnell umgeschaltet werden konnte und man mit wenigen Ballberührungen nach vorne kam. Das alte Mittel eben.

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt) 

Als Heiko Vogel seinen Dienst antrat, ließ er wissen, man müsse bei so einem erfolgreichen Team natürlich nicht alles über den Haufen werfen und nur an einigen Schräubchen drehen. Sportchef Günter Kreissl ergänzte: ‚Das erste Ziel ist, das Level zu halten. Dann kann die Weiterentwicklung kommen.‘ Es entsteht ein wenig der Verdacht, dass die massive Veränderung, die der neue Mann dann doch durchgezogen hat, im Vorfeld so nicht unbedingt ausgemacht war. Er hat damit offenbar die sportliche Leitung auch ein wenig vor vollendete Tatsachen gestellt und dazu leider auch seine Mannschaft überfordert. Rund um den BlackFM-Live-Talk am Dienstag ließ Heiko Vogel dementsprechend auch durchklingen, dass er nach zwei Niederlagen wenig Argumente für sein Vorgehen hätte. Nichtsdestotrotz präsentierte er sich zuversichtlich und auch, erstmals in Österreich, gut gelaunt, ohne allzu viele defensive, ausweichende oder gar schroffe Antworten.

Vogel muss liefern

Aber der Pfälzer wird jetzt liefern müssen. Die Stimmung im Grazer Umfeld kippt schnell, nach der WAC-Partie war in- und außerhalb von Messendorf schon eindeutig ein mittel bis lautes Grummeln zu vernehmen. Vogel strapazierte bei einem seiner ersten Auftritte als Sturm-Trainer auch den Begriff ‚situationselastisch‘, den er von Präsident Christian Jauk gelernt hat. Er sei nicht stur und er könne sich durchaus an spezifische Gegebenheiten bei einem Klub anpassen, keineswegs ziehe er stur sein Ding durch. Diese Qualität ist ab sofort gefragter denn je. Was bisher von den Schwarz-Weißen 2018 zu sehen war, war schlicht gar nichts. Es wurde nicht nur an ein paar Schräubchen, es wurde an nahezu jeder Schraube im Gefüge gedreht. Das hat nicht funktioniert und wird, wenn überhaupt, wohl erst nach einer längeren Sommervorbereitung eine Chance haben.

Dieses Frühjahr gilt es, wie vom Sportdirektor als Devise ausgegeben, das Level zu halten. Angesichts der Leistungen im Herbst und des Vorsprungs auf den Drittplatzierten, wird ein erfolgsorientierter Mann wie Günter Kreissl etwas Schlechteres als Platz zwei unter dem Strich nur schwer akzeptieren können und wollen. Und ich meine, wenn er das Ziel schon relativ früh nicht mehr in Griffweite sieht, wäre er auch bereit die Reißleine zu ziehen. Der Vogel in Graz ist jedenfalls schon ein bisschen in Not. Er selbst gibt sich weiterhin zuversichtlich. Wohl auch angesichts dessen, dass er sich gegen Rapid am Wochenende ein wenig angenehmere Bedingungen für sein Team erwartet. Mehr Räume und so mehr Möglichkeiten im Spiel besser auszusehen, als gegen die Betonanrührer aus dem Burgenland und aus Kärnten. Kleiner ist der vielzitierte Druck als Foda-Nachfolger vor dem ersten großen Schlager des Jahres jedenfalls nicht geworden.

 

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