Red Bull macht keinen Spaß
Red Bull kämpft gegen Dortmund mit guten Chancen um den Einzug in das Europa League-Viertelfinale. Die Jubelchöre über den davon profitierenden österreichischen Fußball werden lauter. Aber ist das tatsächlich so? Oder ist Red Bull seit nunmehr 12 Jahren eher Fluch denn Segen in der Bundesliga?
Ein 12 Meter von Jürgen Pucher (alle 12 Meter auf einen Blick)
Sehr viele Leute kriegen sich seit dem Red Bull-Sieg in Dortmund gar nicht mehr ein, vor lauter Superlativen. Sogar bei Rapid-Legende Hans Krankl hat ein offenbar verinnerlichter Anti-Deutschland-Reflex ein Red Bull-Daumendrücken ausgelöst. Unbestritten spielt die Marco Rose-Mannschaft guten Fußball. Und es sei jedem unbenommen, den Mateschitz-Klub zu unterstützen. Warum aber mehr und mehr Leute das Lied vom von Red Bull profitierenden heimischen Fußball singen, verstehe ich nicht so ganz. Zunächst ist die Dominanz der Salzburger nicht nur ob der Geldmittel und dem damit verbundenen Kader evident. Durch die Fülle an Talenten, die angesaugt werden, flutet Red Bull außerdem die Liga mit Leihspielern, was alles andere als eine positive Entwicklung ist.
Der Salzburger Sportchef Christoph Freund ließ bei „Sky – Talk und Tore“ nach dem 2:2 in Mattersburg, wo Red Bull-Leihgabe Smail Prevljak gegen seinen „Besitzer“ beide Treffer erzielte, wissen: „Das hat uns zwar heute weh getan, aber genau deshalb verleihen wir ja die Spieler in der ganzen Liga, damit sie auf hohem Niveau zum Einsatz kommen.“ Er sei außerdem immer mit „seinem“ Spieler in Kontakt und natürlich könne es sein, dass er nach dem Sommer schon wieder für Red Bull auflaufe.
Nicht viele äußerten sich bis dato zu diesem Thema, einer der wenigen war Rapid-Sportdirektor Fredy Bickel. „Ich glaube nicht, dass es im Sinn der Sache ist, dass man, wenn man die Liga so im Griff hat, auch noch überall Leihspieler platzieren und damit indirekten Einfluss nehmen kann“, sagte er der APA. Insbesondere angesichts der kommenden 12er-Liga mit dem neuen Modus sei das problematisch: „Man kann vor Beginn der Teilung in Meister-und Qualifikations-Gruppe noch unglaublich viel steuern, zum Beispiel im Winter noch schnell zwei oder drei Spieler an Vereine verleihen, die um den Strich kämpfen“, so Bickel weiter.
Die Mannschaften, die nicht im Europacup spielen, haben außer ein paar Leihspielern von Salzburgs Gnaden ohnehin gar nichts von der Red Bull-Hegemonie.
Profitiert die Bundesliga wirklich von Red Bull?
Der Serienmeister hat hierzulande mittlerweile eine Machtposition eingenommen, die bedenklich ist, die aber großteils nicht so gesehen wird. Red Bull Salzburg bildet als Fußballklub genau die gleiche neoliberale Haltung ab, wie die Brausegetränke verkaufende Konzernmutter. Neoliberales Gedankengut verbreitet ja gern die irrende Annahme; dass es allen gut gehe, wenn es bloß der Wirtschaft gutgehe. Umgelegt auf die österreichische Fußballwelt: Im Bundesliga-Umfeld werden immer mehr Leute nicht müde zu behaupten, dass es ja für den gesamten österreichischen Kick ach so toll sei, wenn Red Bull in der Europa League auftrumpft. Alle würden davon profitieren, wird man quasi fast genötigt auch als Fan einer richtigen Fußballmannschaft, den Bullen im Europacup die Daumen zu halten.
Es mag vielleicht wegen Red Bull-Erfolgen den einen oder anderen Europacupstartplatz mehr geben, aber der gesamten Bundesliga und dem Produkt Klubfußball in Österreich hilft das wenig. Wie erfolgreich die nachrangigen Klubs am internationalen Parkett dann in den letzten Jahren so gewesen sind, zeigt schon die Richtung auf, in die das geht. Wenn die Heuschrecke einem zuhause die ganze Nahrung wegfrisst, ist man eben etwas schwach auf der Brust, wenn man dann auswärts bestehen sollte. Die Mannschaften, die nicht im Europacup spielen, haben außer ein paar Leihspielern von Salzburgs Gnaden ohnehin gar nichts von der Red Bull-Hegemonie. Und die Akademien in der Südstadt, in Graz oder anderswo verlieren schon sehr früh die besten Talente an die Bullen-Kaderschmiede, um sie später dann vielleicht für ein-zwei Jahre wieder ausleihen zu dürfen. Das verzerrt nicht nur zu einem gewissen Grad den Wettbewerb, es verleitet die „kleineren“ Vereine auch dazu, keine nachhaltige Kaderplanung durchzuführen.
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Am Thron der Liga: Ein König ohne Volk
Natürlich ist mittlerweile international das Vorhandensein von Klubs Usus, die wirtschaftlich so viel Power haben, um die ganze Liga zu dominieren. Was den Sonderfall Red Bull ausmacht, ist, dass diese Mannschaft nicht ein Teil der Liga war, der durch welche Entwicklung auch immer, gegenüber den anderen einen Vorteil erreicht hat. Hier wurde mit Austria Salzburg ein schwächelnder Klub übernommen, ausradiert, neu angestrichen und mit einer dicken Brieftasche ausgestattet. Diese kritische Abhandlung will weder die teilweise außergewöhnlichen Fähigkeiten der Trainer und Spieler im Sold von Red Bull schmälern. Hier soll eine Fehlentwicklung, hervorgerufen durch Marketingaktivitäten eines globalen Konzerns, in der heimischen Liga aufgezeigt werden.
Eine Fehlentwicklung, die die Liga sportlich wertloser und das Zuschauerinteresse geringer macht. Weder ist Red Bull, immerhin Serienmeister, bei anderen Vereinen ein besonderes Publikumszugpferd, noch gehen sich Leute in Salzburg in Scharen die Spiele anschauen. Ausnahme: Gloryhunter-Events wie ein Spiel gegen Borussia Dortmund. Red Bull macht keinen Spaß, den „Fans“ in Salzburg nicht und der Liga nicht. Nicht zuletzt schwebt außerdem das ständige „Damoklesschwert“ über den Dingen. Was, wenn „der Konzern“ plötzlich der Meinung wäre, wir machen nur noch das Premiumprodukt in Leipzig und das Nischenprodukt in Salzburg ist zu Ende? Dann haben wir den nächsten „Fall Klagenfurt“ und zwei der in Österreich ohnehin kaum vorhandenen Fußballstadien, die diesen Namen verdienen, stünden leer.
Seit 12 Jahren engagiert sich Dietrich Mateschitz mit seiner Firma im Salzburger Fußball. Mehr als ein Jahrzehnt, das unter dem Strich vielleicht für Red Bull, für die Liga in Österreich aber kein Mehrwert war. Dieser Befund ändert sich auch nicht, wenn Dortmund am Donnerstag aus der Europa League geworfen wird.