Der beschädigte ‚Wunschkandidat'
Der ÖFB hat bei der Bekanntgabe des neuen Teamchefs vorgezeigt, wie man seine Entscheidung schon bei der Verkündung schwer beschädigen kann und dass gut gemeint eben selten gut ist.
Ein 12 Meter von Jürgen Pucher
Franco Foda hat also tatsächlich seinen ‚Happy Place' verlassen und heuert beim ÖFB als neuer Teamchef an. Geld macht bekanntlich ja auch ein bisschen glücklich und so setzten sich also Montagabend Präsident Leo Windtner und Sportdirektor Peter Schöttel vor die Presse um die Botschaft zu verkünden. Als der ÖFB-Chef gleich zu Beginn von einer Entscheidung sprach, der ein äußerst professionelles Auswahlverfahren zugrunde gelegen wäre, wären erste Lacher im Auditorium nicht verwunderlich gewesen. Der Verband taumelte seit der Entlassung von Marcel Koller und Willi Ruttensteiner von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen, von einer Kommunikationspanne zur nächsten. Symptomatisch auch, dass es natürlich wieder nicht gelungen ist, die Entscheidung für Foda zumindest bis zum Beginn der Pressekonferenz unter Verschluss zu halten.
Foda keinen Gefallen getan
Zumindest dieser Umstand muss sich für den neuen obersten Fußballlehrer des Landes vertraut anfühlen. Auch beim SK Sturm waren lange Zeit Dinge, die intern besprochen wurden, kurze Zeit später Allgemeinwissen. Vielleicht wollte man dem neuen Mann ja zumindest so ein bisschen entgegen kommen. Mit der Art und Weise der Verkündung seiner Auswahl haben ihm die beiden Herren am Podium am Montag nämlich keinen Gefallen getan. Leo Windtner betonte zunächst die Einstimmigkeit bei der Abstimmung für den Sturmtrainer, was wohl eher auch eine nachträgliche symbolische Politur war, um dann später leere Worthülsen abzusetzen und zu Sportdirektor Schöttel weiterzugeben.
Schöttel hatte schon bei seiner eigenen Antritts-PK alles andere als eine gute Figur gemacht und hat das bei der Foda-Präsentation leider prolongiert. Der eigentliche Zugang wäre ja durchaus als lobenswert zu konstatieren. Der Sportdirektor des ÖFB versuchte den Auswahlprozess zu beschreiben und die Umstände bezüglich der einzelnen Kandidaten zu erklären. Allein, es ging nach hinten los. Unter dem Strich saß man als Zuhörer da und hatte am Ende der Ausführungen das Gefühl, alle tollen Kandidaten wären nicht verfügbar gewesen. Markus Weinzierl zu teuer, ein anderer noch zu jung und überhaupt klang durch, der eigentliche Wunschtrainer wäre ohnehin Peter Stöger gewesen. Jede Woche hätte man gesprochen und die Situation bei Köln neu evaluiert. Am Sonntag hätte er dann aber endgültig ‚schweren Herzens' absagen müssen (O-Ton Leo Windtner).
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
‚Ersatzkandidat'-Stempel pickt
Und Franco Foda? Das ist der neue Teamchef, zur Erinnerung. Der einstimmig gewählte angebliche Wunschkandidat. Dessen Mannschaften seien immer sehr gut organisiert, hatte sich Peter Schöttel unter der Rubrik ‚Argumente für Franco' notiert. Ach ja, und signifikant billiger sei er auch als Koller. Bei aller Liebe, Leute vom ÖFB, so präsentiert man nicht seinen neuen Trainer. Quer durch den Gemüsegarten liest und hört man am Tag danach Kommentare, Franco Foda wäre wohl nicht der wirkliche Wunschkandidat gewesen und eigentlich wollte man wohl lieber Stöger. Das ist einzig und allein dem erneuten patscherten Auftritt von Windtner und Schöttel geschuldet. Jeder Gemüsehändler weiß, dass man seine Ware anzupreisen hat, sonst verkauft sie sich schlecht. Und wenn man es schon nicht geschafft hat, das Premiumprodukt zu bekommen, dann sagt man es nicht.
Aber die Verantwortlichen des ÖFB haben mit der verpatzten Verkündung zumindest eines geschafft. Sie werden ihren neuen Trainer gleich richtig kennenlernen. Der geht mit Umständen, die ihn in einem schlechten Licht erscheinen lassen eher nicht besonders entspannt um. Es würde mich nicht wundern, hätte es am spätmontäglichen Abend noch ein Telefonat zwischen Graz und Wien gegeben, wo Franco Foda mitgeteilt hat, was er von dieser Pressekonferenz so gehalten hat. ‚So was hab ich auch noch nie erlebt', schüttelte gestern ein Journalist, der wahrlich mit dem Nationalteam schon viel erlebt hat, nach dem Medientermin den Kopf. Was bleibt jetzt von den letzten Chaoswochen im ÖFB? In jedem Fall eines: Dem neuen Teamchef wurde gleich zu Beginn vom taumelnden Verband ein recht schwerer Rucksack umgehängt. Den Stempel ‚zweite Wahl / Ersatzkandidat' hat er zunächst picken, den runterzubekommen wird nicht einfach werden. Und ein Tipp in eigener Sache: Peter Schöttel könnte einen Kommunikationstechniken-Workshop ganz gut vertragen.