Sturm ist in der Liga angekommen
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Sturm ist in der Liga angekommen

Zwei volle Erfolge brachten die letzten Runden für Sturm. Die Grazer sind in der Liga vorne und der Fokus liegt nach der anfänglichen Champions League-Aufregung wieder ganz auf dem täglichen Brot. Eine große Herausforderung kommt ohnehin bald.

Zehn Tore erzielte Sturm in den letzten beiden Bundesligapartien, die noch dazu nicht irgendwelche waren. Red Bull Salzburg wurde im Heimspiel vorgeführt und 5:0 nach Hause geschickt und im ersten Ligaderby gegen den GAK seit 17 Jahren trafen die Schwoazn wieder fünf Mal. Die sportlichen Kräfteverhältnisse an der Mur sind klar verteilt, Sturm steht an der Spitze, der GAK beschäftigt sich mit der roten Laterne und beginnt gerade eine Trainerdiskussion.

Schicker bringt Transferrekord

Zwischen den beiden Spielen lag nicht nur eine Länderspielpause, der Abgang von Erfolgs-Sportdirektor Andreas Schicker wurde außerdem in den letzten Wochen vollzogen. Der Mann der Transferrekorde brachte selbst zum Abschied auch einen, nämlich den für einen Sportdirektor aus der österreichischen Liga. Ein siebenstelliger Betrag floss aus Hoffenheim in die Grazer Vereinskasse.

In Spiel eins nach der Ära Schicker war von der Lücke, die hinterlassen wurde, noch nichts zu merken. Das wird aber noch kommen. Auch deshalb, weil kurz vor dem Derby schließlich fix war, was an dieser Stelle schon beim Abschied Schickers angekündigt wurde: Paul Pajduch, bisher technischer Direktor und engster Vertrauter des sportlichen Leiters, begleitet seinen Chef in die deutsche Bundesliga.

Auch wenn Sturm in den letzten Jahren viel unternommen hat, um personenunabhängige Strukturen zu schaffen, ist dieser aktuelle Umbruch eine Zäsur und eine der größten Bewährungsproben der letzten Jahrzehnte.

Jürgen Pucher über die nächsten Wochen für Sturm

Auch wenn Präsident Jauk nicht müde wird, in Gesprächen zu betonen, dass das Team dahinter gut aufgestellt sei – hier hat ein Brain Drain stattgefunden, der nicht sofort eins zu eins zu ersetzen sein wird. Für Pajduchs Nachfolge könnte der Ex-Blau-Weiß Linz Sportdirektor Tino Wawra ein Thema sein. Für die Geschäftsführung Sport wird der neue Mann aus Deutschland kommen.

Eine Zäsur für Sturm

Drei Namen kursieren aktuell, das Hearing wird noch im Oktober in Graz stattfinden. Spätestens Mitte November möchte Christian Jauk einen Schicker-Ersatz vorstellen. Ganz egal, auf wen die Wahl schließlich fällt, der Neue wird in alle Richtungen alle Hände voll zu tun haben. Es empfängt ihn eine Erwartungshaltung, die größer nicht sein könnte. Er muss einen Draht zu Cheftrainer Ilzer finden, den mit Andreas Schicker ein beruflich erfolgreiches sowie freundschaftliches Verhältnis verband und dessen Wort im Klub mittlerweile großes Gewicht hat.

Und er muss die nicht ganz unkomplizierte Grazer Medienorgel spielen. Schicker beherrschte diese Übung besser als jeder andere vor ihm. Es wird auch an Vereinsboss Christian Jauk liegen, dem Neuzugang dabei den Rücken zu stärken und ihm eine ruhige Anlauf- und Eingewöhnungsphase zu ermöglichen.

Auch wenn Sturm in den letzten Jahren viel unternommen hat, um personenunabhängige Strukturen zu schaffen, ist dieser aktuelle Umbruch eine Zäsur und eine der größten Bewährungsproben der letzten Jahrzehnte.

Die Champions League-Aufregung hat sich beruhigt

Dabei wird helfen, dass das sportliche Werkl immer besser zu laufen beginnt. Schickers letzter Kader hat enormes Potenzial und Ilzer schafft es Runde für Runde dieses besser abzurufen. Wichtig ist dabei auch, dass der Fokus wieder ganz auf dem täglichen Brot der Bundesliga liegt. Die ersten Champions League-Partien sind absolviert und brachten die erwartbare Erkenntnis, dass dort an normalen Tagen wenig bis nichts zu holen sein wird.

Es gab die befürchteten Probleme mit dem Verkehrsaufkommen und beim Einlass ins Stadion. Dazu kam eine unbefriedigende Situation insbesondere auf der Fantribüne, wo sich durch den von Sturm verpatzten Kartenvorverkauf viele Leute einfanden, die lieber wo anders im Stadion das Spiel verfolgen sollten.

Jürgen Pucher über die Spiele in Klagenfurt

Das hat die Perspektive zurechtgerückt und die Europacup-Hummeln in allen schwarz-weißen Hintern wieder beruhigt. Die Champions League ist in der gesamten Rezeption aktuell dort, wo sie hingehört. Sie ist ein Add-on, ein Zubrot, das Sturm für sich gut nutzen soll. Die Spieler können sich auf einer großen Bühne präsentieren, der Bewerb bringt viel Geld, das Sturm gut investieren kann, und das gesamte Team wird sich weiterentwickeln, weil es auf übermächtige Gegner trifft, die die Defizite gnadenlos aufzeigen.

Punkte, Tore und Gerede über das Erreichen der 24 besten Teams in Europa ist mediales Brimborium, sollte für Sturm intern aber relativ uninteressant sein. Nach einer logischen kurzen Starteuphorie ist das alles nach meinem Dafürhalten jetzt in die richtige Ecke gerutscht.

Die Crux mit Klagenfurt

Der maue Auftakt rund um das erste "Heimspiel" gegen Brügge Anfang Oktober hat dabei sicher ein wenig mitgeholfen. Es gab die befürchteten Probleme mit dem Verkehrsaufkommen und beim Einlass ins Stadion. Dazu kam eine unbefriedigende Situation insbesondere auf der Fantribüne, wo sich durch den von Sturm verpatzten Kartenvorverkauf viele Leute einfanden, die lieber wo anders im Stadion das Spiel verfolgen sollten.

Für die Fans der Schwoazn bedeuten diese Ausflüge ins Nachbarbundesland einen erheblichen Aufwand. Es müssen alle schon ihr ganzes Sturmherz in die Hand nehmen, um diesen Umstand, nicht zuhause spielen zu können, zu akzeptieren und dann noch irgendwo ein wenig Begeisterung in sich dafür zu finden. Je weiter sich die Champions League in den Winter hineinzieht, umso schwerer werden sich die Fahrten über die Pack anfühlen.

Zumindest auf ein Highlight dürfen sich die Schwoazn beim nächsten Besuch in Klagenfurt am Dienstag gegen Sporting Lissabon freuen: Andreas Schicker wird dort hochoffiziell in allen Ehren verabschiedet.

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