Sturm: Wo Parensen ansetzen muss
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Sturm: Wo Parensen ansetzen muss

Nach mehr als einem Jahrzehnt Union Berlin, und einem Abgang im Streit, startet Michael Parensen als Nachfolger von Andreas Schicker in Graz. Es wartet ein Job mit vielen Möglichkeiten, aber auch mit einigen Fallstricken.

Nach einer doch eher langen Schrecksekunde seit dem Abgang von Andreas Schicker, hat Sturm mit Michael "Micha" Parensen einen neuen Sportchef gefunden. Der Mann mit Vergangenheit in Dortmund, Köln und hauptsächlich Union Berlin, wo er als Spieler ein Publikumsliebling war, stellte sich am Donnerstag in Graz der Öffentlichkeit vor und war sehr bemüht, sich als "Perfect Match" zu präsentieren.

Den erfolgreichen Weg von Andreas Schicker will er natürlich fortsetzen, Traditionsvereine mit ausgeprägter Fankultur liegen ihm am Herzen und mit der familiären Atmosphäre und der Spielweise bei den Schwoazn kann er freilich sehr viel anfangen. Das, was man eben in Graz alles ganz gerne hört.

Parensen braucht eine loyale rechte Hand

Jedenfalls hat dieser erste Auftritt den Eindruck vermittelt, da ist einer, der tatsächlich passen könnte. Den Beweis kann ohnehin nur die Zeit liefern, der erste Schritt war aber zumindest einmal wohl gesetzt. Wichtig wird für Parensen sein, sich seine rechte Hand rasch und überlegt auszusuchen. Der 38-Jährige kommt allein, er muss sich sein Netzwerk rund um den Klub erst aufbauen. Umso wesentlicher ist es, einen Vertrauten als technischen Direktor zu haben, der ihm gegenüber loyal ist.

Der Mann aus dem Ruhrpott ist das erste Mal in der Gesamtverantwortung in seiner Funktionärskarriere, er muss das auch ausstrahlen. Dazu gehört, dass der neue Coach "sein Trainer" ist.

Jürgen Pucher über Parensens eigenen Weg

Ein Geschäftsführer Sport bei Sturm hat relativ viele Freiheiten. Die wenig konzern- und wenig organigrammhafte Struktur der Geschäftsstelle lässt viel Platz, Akzente zu setzen, bietet aber auch unzählige Möglichkeiten, sich zu verrennen. Kurz: Wenig Halt, viel Gestaltungsspielraum. Parensen sagt, er möchte den erfolgreichen Weg weitergehen, aber auf seine eigene Art. Was er sich aber in jedem Fall bei Andi Schicker erfragen könnte, wäre der Umgang mit dem Präsidenten.

Trainerbestellung steht an

Schicker hat es über die Jahre geschafft, den zum Fahrigen und Sprunghaften neigenden Christian Jauk zu moderieren und sich nicht aufreiben zu lassen, wie noch sein Vorgänger Günter Kreissl. Jauk bespielte in Folge die Felder, wo er besser aufgehoben ist, und nahm sich zu sportlichen Themen zunehmend zurück. Das ist eine kulturelle Weiterentwicklung in Graz-Messendorf, die nicht wieder zurückgebaut werden sollte.  

Insbesondere gilt das für die anstehende Trainersuche. Der neue Sportchef darf sich nicht vom ganz offensichtlichen Wunsch Jauks, aus dem Interimstrainer Jürgen Säumel eine Dauerlösung zu machen, leiten lassen. Parensen ist der neue starke Mann am sportlichen Ruder, er muss den Trainer bestellen. Der Mann aus dem Ruhrpott ist das erste Mal in der Gesamtverantwortung in seiner Funktionärskarriere, er muss das auch ausstrahlen. Dazu gehört, dass der neue Coach "sein Trainer" ist.

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Sehr positiv zu bewerten sind Parensens Aussagen zur Jugend und dem Stellenwert, den er der Akademie einräumen möchte. Junge Eigenbauspieler zu entwickeln sei ihm wichtig. Es bleibt zu hoffen, dass Andi Schickers Überlegungen, Sturm mittelfristig wieder mit einer eigenen Akademie auszustatten – ohne steirischen Verband – noch verstärkt weiter betrieben werden.

Einige Baustellen bei Sturm abseits des Sportlichen

Für einen Verein mit den sportlichen Ansprüchen von Sturm, betrachte ich eine eigene Akademie als Must-Have und der aktuelle Zustand, inklusive des tätigen Personals, ist sicher eine der Baustellen auf der sportlichen Seite des Klubs. Im Verantwortungsbereich von Parensens Gegenüber Thomas Tebbich, dem Geschäftsführer Wirtschaft, finden sich noch einige mehr von ebendiesen, was auch eine der Herausforderungen der nächsten Zeit sein wird.

Parensen kommt zu einer Zeit zu Sturm, wo er einerseits aufgrund des Höhenflugs der letzten Jahre aus dem Vollen schöpfen kann, andererseits vielfach Gefahr läuft, dass es auch wieder einmal runter geht.

Jürgen Pucher über mögliche Gefahren

Dinge wie das Merchandising, das Ticketing, Sponsoring und insbesondere die personelle Ausstattung der Geschäftsstelle – etwa im Bereich der so wichtigen Kommunikationsabteilung – halten aktuell mit der sportlichen Entwicklung und dem damit verbundenen Wachstum des Vereins nicht mit. Hier sind die Verantwortlichen schleunigst gefordert, Verbesserungen herbeizuführen, einiges an Imageschaden ist schon angerichtet.

Michael Parensen übernimmt keine Baustelle, sondern einen exzellent aufgestellten sportlichen Verantwortungsbereich. Er kommt zu einer Zeit zu Sturm, wo er einerseits aufgrund des Höhenflugs der letzten Jahre aus dem Vollen schöpfen kann, andererseits vielfach Gefahr läuft, dass es auch wieder einmal runter geht. Das Risiko, dass das in so einem Fall – egal ob zu Recht oder zu Unrecht - an seiner Person festgemacht wird, muss ihm bewusst sein.

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