"Es fühlt sich nicht an wie zuhause", diktierte Jusuf Gazibegovic den Journalisten gestern nach der "Heimpremiere" des SK Sturm in der Champions League in ihre Aufnahmegeräte. Das beschreibt das Gefühl wohl am besten, das auch die Fans beim 0:1 am Mittwoch gegen Brügge in Klagenfurt hatten. Die Betonung liegt hier auf "Fans", insbesondere die treuesten und eingefleischtesten von ihnen.
Schon zu Spielbeginn protestierte der organisierte Support mit einer Reihe von Spruchbändern gegen die steirische Politik, die dafür verantwortlich zeichnet, dass es in Graz kein europacuptaugliches Stadion mehr gibt und man deshalb ins Nachbarbundesland ausweichen musste.
Grazer Bürgermeisterin brüskiert Fußballfans
Auch Trainer Christian Ilzer kritisierte die Politik nach dem Spiel deutlich. Er spricht nach einem Vierteljahrhundert Untätigkeit von einem schweren Versäumnis der Stadt Graz und einer Geringschätzung des Sports insgesamt. Dass dieser Eindruck nicht täuscht, hat Bürgermeisterin Elke Kahr unlängst in einem Interview bestätigt.
Jahrelange Debatten, Ausschüsse und die Beschäftigung unzähliger Behörden sind ins Land gezogen, um die Realisierung einer Zwei-Stadien-Lösung für Sturm und GAK zu forcieren. Bis Kahr unlängst einen Schlussstrich zog und dieser Idee einen Korb gab. Sie hätte es ohnehin immer gewusst, sagte sie zum Magazin "Ballesterer", aber ihre Partner nicht und deshalb hätte sie ihnen eben den Stadionausschuss gewährt.
Auf der Fantribüne lungerten unzählige Personen herum, die an aktivem Support kein Interesse hatten. Nicht wenige beharrten sogar auf ihre nummerierten Sitze, wo doch auf den ausgewiesenen Fantribünen seit jeher freie Platzwahl gilt.
So wurde eine Ewigkeit debattiert und eine hübsche Summe Zeit und Geld verschwendet – zu einem Thema, wo für die Bürgermeisterin längst klar war: "Kommt sowieso nicht". Sturm und GAK müssen Liebenau weiter teilen. Das ist gelinde gesagt eine Frechheit gegenüber all jenen, die sich diesbezüglich engagiert haben und gegenüber dem Fußball und seinen Fans sowieso.
Fehler beim Kartenvorverkauf als Stimmungskiller
Dafür, dass Sturm nach Klagenfurt ausweichen musste, kann der Verein nichts. Wie sich das Spiel dort anfühlte, dafür sind die Verantwortlichen der Schwoazn aber wohl in der Pflicht. Das komplett verkorkste Ticketing Ende des Sommers nach der Auslosung für die Königsklasse, machte sich schmerzhaft auf den Rängen bemerkbar.
Auf der Fantribüne lungerten unzählige Personen herum, die an aktivem Support kein Interesse hatten. Nicht wenige beharrten sogar auf ihre nummerierten Sitze, wo doch auf den ausgewiesenen Fantribünen seit jeher freie Platzwahl gilt. Hätte Sturm nicht von Anfang an ohne Einschränkung gleich mehrere Tickets pro Person auch an Nicht-Abonnenten verschleudert, wäre das wohl nicht der Fall gewesen.
So aber schlugen viele, die auf dieser Tribüne nichts verloren haben, bei diesen günstigsten Karten schnell zu. Die Vorsänger gaben ihr Bestes, durch den fragmentierten Block war aber eine Stimmung und ein Support wie sonst von der Nordkurve gewohnt, nicht möglich. Für diese Europacupsaison ist der Schaden schon angerichtet, für etwaige zukünftige Auftritte außerhalb Liebenaus sei dem Verein dringendst angeraten, den Abo-Besitzern der Nordkurve auch anderswo ein Vorkaufsrecht in der Kurve einzuräumen.
Eine schal schmeckende Europacupnacht
Damit nicht genug, blieben auf den "guten" Plätzen der Westtribüne reihenweise die Sitze leer. Da hatten wohl einige Inhaber der zahlreich von Sturm vergebenen "Partnertickets" wegen Regen und Verkehr kurzfristig dann doch keine Lust auf die Fahrt nach Klagenfurt.
Dass Sportchef Andreas Schicker rund um das Spiel erneut laufende Kontakte zur TSG Hoffenheim bezüglich eines dortigen Engagements bestätigte, rundete den negativen Gesamteindruck des Abends passend ab.
Von einem Support vom ganzen Stadion wie in den Cupspielen in Klagenfurt war deshalb keine Spur. Da konnten zwar nur 15.000 Sturmfans gegen Rapid ins Stadion, dafür wurden sie dieser Zuschreibung auch gerecht. Der Faktor "Gloryhunter" machte sich in diesem ersten Champions League-Heimspiel schlimmer bemerkbar als befürchtet.
Die Einlasssituation vor allem im Bereich der Südtribüne befand sich zudem weit weg von optimal und das befürchtete enorme Verkehrsaufkommen durch zu viele individuell und nicht in Bussen Anreisende traf außerdem ein. Wenn man von und retour nach Graz nur fünf Stunden auf der Autobahn verbrachte, war man noch unter denen, die glimpflich davongekommen sind. Unter dem Strich bleibt ein Fußballabend, der einen äußerst schalen Beigeschmack hinterlässt.
Dass Sportchef Andreas Schicker rund um das Spiel erneut laufende Kontakte zur TSG Hoffenheim bezüglich eines dortigen Engagements bestätigte, rundete den negativen Gesamteindruck des Abends passend ab. Sturm unterlag Club Brügge übrigens mit 1:0, aber das war in der Klagenfurter Mittwochnacht nur Nebensache.