Kein grünes Herz für Stadien
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Kein grünes Herz für Stadien

Die Steiermark ist Fußball-Bundesland Nummer eins. Aber nur sportlich. Die Infrastruktur liegt brach und zu großen Teilen sind die Zustände schlichtweg untragbar. Die Politik duckt sich weg.

Der steirische Fußball spielt in Österreich eine gewichtige Rolle. Drei Bundesligisten kommen aus der grünen Mark, darunter der aktuell beste Klub des Landes, dazu sind die Sturm-Frauen seit mehr als einem Jahrzehnt eine fixe Größe in der obersten Spielklasse.

Nicht mithalten kann damit die zur Verfügung stehende Infrastruktur. An allen Ecken und Enden hinken die Spielstätten der sportlichen Performance hinterher, sind erst gar nicht vorhanden oder die sinnvolle Nutzung scheitert an diffusen Gründen.

Hartberg spielt in einem Provisorium, das ständig Gefahr läuft, nicht mehr erstligatauglich zu sein. Sturm und GAK spielen in Graz-Liebenau, das aktuell nicht vollumfänglich für den Europacup geeignet und auch sonst an allen Ecken in die Jahre gekommen ist.

Noch schlimmer steht es um Sturms zweite Mannschaft und die schwarz-weißen Frauen.

Sturm II in Kärnten und die Gruabn bleibt geschlossen

Sturm II hat seit geraumer Zeit keine Möglichkeit in der Landeshauptstadt seine Spiele auszutragen und muss ins oststeirische Gleisdorf ausweichen. Das Solarstadion des dortigen Regionalligisten hat bezüglich Rasenqualität aber so seine Problemchen und die Liga hat diesen Platz nach nur einer Runde vorerst gesperrt.

Die "Zweier" des aktuellen Doublesiegers muss seine nächste Heimpartie in Wolfsberg, Kärnten (!), spielen, weil es im gesamten Großraum Graz keine geeignete Spielstätte für eine Zweitligamannschaft gibt, die auch verfügbar wäre.

Schon in der letzten Saison gab es eine ähnliche Situation, als man wegen der Unbespielbarkeit des Gleisdorfer Stadions für zwei Spiele nach Wiener Neustadt ausweichen musste. Trainieren muss das Team von Jürgen Säumel übrigens aktuell im südsteirischen Tillmitsch. Schande ist noch ein Hilfsausdruck für diesen Gesamtzustand.

Die Frauen von Sturm haben nicht einmal einen ordentlichen Übungsort. Sie müssen provisorisch am Postplatz, einem heruntergekommenen Areal in Graz-Puntigam, trainieren. Ihre Spiele tragen sie im Trainingszentrum Messendorf aus, was weder stimmungstechnisch noch hinsichtlich Erreichbarkeit besonders prickelnd ist. In der letzten Saison gab es den Versuch, die "schwoazn" Frauen in der legendären Gruabn auflaufen zu lassen, was sich als voller Erfolg erwiesen hat.

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Die legendäre Gruabn

Zentral gelegen und eine Aura voller Tradition brachten einen angemessenen Rahmen und mehr Zuschauer, vor allem wenn man es als "Doppel" ansetzte: Frauen am Nachmittag in der Gruabn, Männer am Abend ums Eck in Liebenau. Naheliegend also, diesen Ort zur Dauerheimat zu machen.

Hat nur leider vorerst nicht geklappt. Der Grazer Sportklub, Pächter des Areals seit Hannes Kartnig im Konkurspanikmodus das Nutzungsrecht dort verscherbelt hat, und Sturm konnten sich bis zum Saisonstart nicht über die Konditionen einigen. Die Realität heißt also bis auf Weiteres wieder: Tristesse in Messendorf.

Zugang zur Nordkurve: Sonnenbrand garantiert

Sturm ist jetzt kurz vor dem Baustart des neuen Trainingszentrums, das zukünftig der zweiten Mannschaft, der Akademie, den Frauen und dem Nachwuchs eine Heimat bieten soll.

Inwieweit das umgesetzt werden kann, alle diese Teams dort unterzubringen, ist gerüchteweise aber noch nicht gesichert. Zu wenig Platz für ausreichend Fußballfelder könnte aus einem geplanten großen Wurf eventuell wieder eine Schmalspurvariante werden lassen.

Allein der Zugang zur Nordkurve gleicht einer Farce. In der prallen Sonne standen die Leute bis zu 45 Minuten an, um auf die Fantribüne zu kommen. Willkommen beim österreichischen Fußballmeister.

Jürgen Pucher

Und nicht zuletzt macht der alte Kasten in Liebenau auch Probleme. Ganz abgesehen von den grundsätzlichen Zukunftsplänen, die darauf hinauslaufen werden, die Spielstätte anstatt einer Zwei-Stadien-Lösung doch für Sturm und GAK gemeinsam zu adaptieren, ist der Ist-Zustand teilweise untragbar.

Allein der Zugang zur Nordkurve gleicht einer Farce. In der prallen Sonne standen die Leute bis zu 45 Minuten an, um auf die Fantribüne zu kommen. Über neue Zugangsmöglichkeiten wird gerade getüftelt, vor der Frühjahrssaison wird das jedenfalls nicht Realität. Willkommen beim österreichischen Fußballmeister.

Politik auf Tauchstation

Die Politik, immerhin ist das Stadion Eigentum der Stadt, hält sich vornehm zurück. Auch auf Landesebene geht man bei Fragen zur Sportinfrastruktur immer wieder flugs in Deckung, sobald das Thema aufkommt. Dabei wären die Amtsträger längst gefordert, hier anzupacken.

Anstatt eine Zwei-Stadien-Lösung anzukündigen und nicht umzusetzen, anstatt Unsinn à la Nationalstadion zu verbreiten oder lächerliches politisches Kleingeld zwischen Stadt und Land zu wechseln, sollte man lieber für seine sportlichen Aushängeschilder Lösungen suchen. Mit ausgeborgtem Schal bei Erfolgen in die Kameras zu grinsen, reicht nicht.


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