Grazer Derby: Ohne Salz in der Suppe
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Grazer Derby: Ohne Salz in der Suppe

Am Sonntag steigt das 201. Grazer Stadt-Derby. Ein Spiel, das in den letzten Jahren unter keinem guten Stern stand. Auch dieses Mal steht einer mitreißenden Derby-Atmosphäre etwas im Weg. Die Sturm-Fangruppen müssen dem Spiel fernbleiben.

Am Sonntag ist wieder Derby-Zeit in Graz-Liebenau. Ein traditionsreiches Spiel, das die steirische Landeshauptstadt schon viele Male in seinen Bann gezogen hat.

In jüngerer Vergangenheit leider eher negativ besetzt. Nachdem Mario Haas 2007 das letzte Derby-Tor in einem Pflichtspiel für 15 Jahre geschossen hat, verlagerte sich die Rivalität neben das Feld.

Der GAK spielte nur Amateurfußball und die Fangruppen beschäftigten sich statt mit Fußball, mit immer wieder aufflammenden Scharmützeln anderswo. Als der GAK, mittlerweile wieder Zweitligist, im Cup 2022 im Achtelfinale dem SK Sturm zugelost wurde, herrscht vor dem Spiel eine angestachelte und merkwürdig aufgeheizte Stimmung.

Ein Spiel wie ein Kropf

Sturm gewinnt in einem sportlich wenig erquickenden Match mit 1:0 und wahrt die Papierform, außer viel Feuerwerk und Antipathie von den Rängen passiert sonst eher wenig. Ein Jahr darauf kommt es erneut im Cup zu einem Derby. Dieses geht schließlich weniger glimpflich aus. Unnötige Vorsängeransprachen vor dem Spiel, noch unnötigere Attacken auf einen mobilen Fanshop und Randale auf den Rängen produzieren ein veritables Skandalspiel.

Solche Ereignisse leben von der Reibung, der Energie und der besonderen Atmosphäre vor Ort. Fällt das weg, verliert ein Derby das, was es besonders macht. Es ist wie eine Suppe ohne Salz.

Jürgen Pucher

Fazit: Mehrere Anklagen, ein Schwerverletzter und ein ordentlicher Imageschaden für den Grazer Fußball. Eine überzogen hysterische Presse tut ein Übriges und die Grazer Stadtpolitik nutzt das Ganze, um politisches Kleingeld zu wechseln. Für diese Hooligans soll man ein Stadion bauen?

Ein Spiel, unnötig wie ein Kropf also. Und die Partie führte in Folge - der GAK wurde inzwischen wieder erstklassig - nicht nur zu teils notwendigen, teils fragwürdigen Sicherheitsumbauten in Liebenau. Sie zog auch nach sich, dass Sturm bei diesem GAK-"Heimspiele" auf sein Kartenkontingent verzichtet und kein organisierter Auswärtssupport im Stadion stattfindet.

Rivalisierende Fans sind die Derby-Würze

Kurz sah es noch so aus, als könnte es noch eine Lösung für eine organisierte Unterstützung durch die Sturm-Fangruppen am Sonntag geben, am Ende hieß es aber: Behörden und Vereine konnten sich auf keine Lösung verständigen. Die Nordkurve wird also zu einer normalen Sitzplatztribüne umfunktioniert und das nimmt dem Spiel die Faszination. Gerade erst im letzten Wiener Derby war zu beobachten, wie sehr diese emotionalen Spiele leiden, wenn nur eine der beiden Fangruppen anwesend ist. Genau so wird es sich am Sonntag um 17 Uhr in Graz verhalten.

Außer dem ewig gleichen medialen Beiwerk mit Rückblicken, Legenden-Zitaten und Nostalgie-Blabla, ist das Derby ohne beide Fangruppen im Stadion nur ein Spiel zwischen dem Tabellenführer und einem Tabellennachzügler. Solche Ereignisse leben von der Reibung, der Energie und der besonderen Atmosphäre vor Ort. Fällt das weg, verliert ein Derby das, was es besonders macht. Es ist wie eine Suppe ohne Salz.

Michael Parensen äußerte sich bis dato weder zur Pleite bei Red Bull noch zum anstehenden Derby. In einer Zeit, wo eine taumelnde Mannschaft und ein immer öfter und immer lauter kritisierter Trainer Rückendeckung gebrauchen könnten, ein absolut unverständlicher Zustand.

Jürgen Pucher

Dieses Salz ist das unmittelbare Aufeinandertreffen der Anhänger aus ein und derselben Stadt und das Sichtbarwerden der Rivalität in der direkten Begegnung. Im Oktober 2023, beim ersten Ligaderby seit 2007, war Sturm der Veranstalter und die Nordkurve zog mit Support und Choreografie alle Register. Auch der GAK-Sektor war gefüllt und es war angerichtet, um das Phrasenschwein zu bedienen. So soll es sein, es war aber in der jüngeren Derby-Historie die Ausnahme.

Sturm-Sportchef schweigt weiter

Es bleibt zu hoffen, dass die Entwicklungen der letzten Jahre wieder umgekehrt werden können und diese Begegnung, so der GAK die Liga halten kann, wieder eines der Highlights im Bundesliga-Kalender wird. So wie am Sonntag, ohne Nordkurve, ist es eher das Gegenteil.  

Mehr Brisanz hat das Spiel sportlich in jedem Fall für den Tabellenführer. Nach dem wenig erbaulichen Auftritt in Salzburg steht Sturm unter Zugzwang. Mit Jürgen Säumel sitzt dort ein echter Schwoazer auf der Bank, für den das Derby trotz aller beschriebenen Umstände kein Spiel wie jedes andere sein kann. Seine Mannschaft ist der Favorit und drei Punkte müssen aus Sicht des Titelverteidigers her, will man eine noch größere Unruhe im und um den Verein vermeiden.

Der Cheftrainer sollte dieses Mal sein Team, auch wenn viele seiner Kicker keinen wirklichen Bezug zu diesem besonderen Spiel haben, bei der Ehre packen. Und Säumel betont vor dem Spiel auch gegenüber der Presse die Brisanz des Spiels und gibt sich für seine Verhältnisse durchaus kämpferisch. Er spricht von unbedingtem Siegeswillen. Eine couragierte - auch außerhalb der Kabine - Ansprache kann ein brachliegendes Feld besetzen.

Sportchef Michael Parensen nämlich spricht weiterhin gar nicht. Er äußerte sich bis dato weder zur Pleite bei Red Bull noch zum anstehenden Derby. In einer Zeit, wo eine taumelnde Mannschaft und ein immer öfter und immer lauter kritisierter Trainer Rückendeckung gebrauchen könnten, ein absolut unverständlicher Zustand.

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