Achsbruch bei Sturm
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Achsbruch bei Sturm

Die Schwoazn stolpern bislang durch das Jahr 2025. Nur ein Sieg steht auf der Habenseite und vor allem das Bild, das Sturm als Gesamtheit abgibt, stimmt nachdenklich. Das nicht mehr stabile Backbone des Teams ist das sichtbarste Symptom der Probleme.

Nach zehn Runden ohne Niederlage, hat Sturm am Wochenende wieder ein Ligaspiel verloren. Und zwar mit dem gleichen Ergebnis und gegen den gleichen Gegner, wie schon beim letzten Mal. Im Lavanttal gingen die "Schwoazn" gegen den WAC sang- und klanglos mit 0:3 unter.

Das klingt jetzt wenig dramatisch, wenn man sich die gesamte Entwicklung – in Graz das aktuell wichtigste Wort – ansieht, dann ist das alles schon ein wenig gewichtiger. Im laufenden Kalenderjahr gab es einen Sieg gegen Leipzig, ansonsten nur Pleiten und ein Remis in der Meisterschaft gegen die Austria.

Gängige Erklärungen greifen zu kurz

Gegen den WAC war am Samstag vor allem die Art und Weise des Abschenkens erschreckend. Sturm hatte über 90 Minuten keinen Torschuss, kam ohne jede Energie daher und verlor auch in der Höhe völlig verdient. Alle Tugenden, die den Doublesieger in den letzten Jahren auszeichneten, wirkten wie weggeblasen.

Wir haben genauso gespielt, wie manche im Verein reden.

Sturmfans nach dem WAC-Spiel

Die gängigen Erklärungen dafür sind: Mika Biereth und Jusuf Gazibegovic können aktuell nicht adäquat ersetzt werden. Der eine oder andere junge Spieler hat eben noch Leistungsschwankungen. Und die Liga ist extrem ausgeglichen, von den ersten sechs Mannschaften kann jeder jeden schlagen.

Das mag alles richtig sein, greift aber in der Gesamtheit zu kurz, um den Unterschied von Sturm 2024 zu Sturm 2025 zu erklären. Da steckt mehr dahinter. "Wir haben genauso gespielt, wie manche im Verein reden", habe ich von einem Fan dieser Tage gelesen. Das ist freilich ein wenig zugespitzt, im Kern aber nicht unrichtig.

Entwicklung ist wichtig, der Wille auch

Wenn man Jürgen Säumel bei der Analyse vor TV-Kameras zugehört hat, dann ging es um Geduld, Analyse und Entwicklung. Eh schön, am Kern der Sache geht das aber vorbei. Otar Kiteishvili hat nämlich nach der Partie in Kärnten auch seine Sicht der Dinge dargelegt. Da ging es um "Mindset" und "Siegeswillen".

Nicht, dass die rationale Analyse und Einschätzung nicht wichtig wären, aber es ist nicht zu übersehen, dass Dinge wie Körpersprache, Aggressivität und die "letzte Bereitschaft", oder wie auch immer man das nennen mag, aktuell bei den "Schwoazn" fehlen.

Wenn man dem Ganzen keinen positiveren Anstrich verpasst, damit meine ich mutigeren Fußball und eine mutigere Ansprache, dann wird man aus dieser Spirale nicht so leicht herauskommen.

Jürgen Pucher

Das liegt wohl eher nicht daran, dass plötzlich alle keine Lust mehr haben und das Kicken verlernt wurde. Die Abgänge, die im Anschluss wenig motivierende Darstellung der eigenen Möglichkeiten und ein in der Gesamtheit einfach vorsichtigerer Fußball ergeben gemeinsam das aktuelle Bild des SK Sturm.

Der Achse fehlt die Spitze

Der Zustand spitzt sich in der aktuellen Performance der von Andreas Schicker immer als Backbone des Teams hervorgehobenen Achse um Gregory Wüthrich, Jon Gorenc Stankovic und Otar Kiteishvili zu. Stankovic und Wüthrich spielen nicht auf dem Level der Vorsaison, beim Schweizer kommt wohl auch ein wenig Frust über den erneut geplatzten Wechsel in die deutsche Bundesliga dazu, und vorne fehlt ein stabiler Fixpunkt.

Auch deshalb, weil Otar Kiteishvili ständig auf der Sechserposition auflaufen muss und nicht mehr weiter vorne eingesetzt wird. Seine Schussstärke, seine Momente mit dem letzten Pass eine Verteidigung zu knacken und die Durchschlagskraft im Spiel durch die Mitte fehlen dadurch.

Der Austria-Kapitän zeigt vor, wie ein selbstbewusster Auftritt geht, ohne dass man irgendwelchen Träumereien oder überzogenen Erwartungen nachhängt.

Jürgen Pucher

Ich wiederhole mich, aber wenn man dem Ganzen keinen positiveren Anstrich verpasst, damit meine ich mutigeren Fußball und eine mutigere Ansprache, dann wird man aus dieser Spirale nicht so leicht herauskommen. Sportchef Michael Parensen hat am Wochenende erstmals ein wenig deutlichere Worte zur Situation gefunden, aber es braucht zusätzlich wieder Zuversicht und Kraft.

Den großen Wurf muss man sich zutrauen

Wenn man sich ein Beispiel holen möchte, kann man sich das Interview von Manfred Fischer nach dem Wiener Derby ansehen. Der Austria-Kapitän zeigt vor, wie ein selbstbewusster Auftritt geht, ohne dass man irgendwelchen Träumereien oder überzogenen Erwartungen nachhängt. Und er macht das als Anführer einer Mannschaft, die qualitativ hinsichtlich ihrer Spieler sicher nicht über Sturm steht.

Teams, die so auftreten, ein intaktes Gefüge haben und sich den großen Wurf auch zutrauen, können Meister werden. Auch dann, wenn sie am Papier nicht die Stärksten sind. Schlag nach in der Saison 2023/24.

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