Der österreichische Fußballmeister ist ein stolzer Mitgliederverein und verweigert sich ganz offiziell der Öffnung für Investorengeld.
Die Angebote wären beständig da, wird Präsident Christian Jauk nicht müde zu betonen, aber der Vereinsboss und sein Vorstand ziehen hier eine klare Linie. Der Weg der Eigenständigkeit und Selbstbestimmung soll weitergegangen werden. Gemeinsam mit Rapid sieht man sich in der Liga als eine Art ehrenwerte Rarität und Bewahrer von Tradition und Identität.
Investitionen versus Freiheit und Eigenständigkeit
Aber kann ein Fußballverein wie Sturm, der in den letzten Jahren seine Ansprüche beständig in die Höhe geschraubt hat, gänzlich auf frisches Geld von außerhalb verzichten? Zunächst muss hier angemerkt werden, dass es aktuell in Österreich noch die 50+1-Regelung gibt, die besagt, dass der Fußballverein zumindest 50 Prozent plus eine Stimme der Stimmrechte in der ausgelagerten Profisportgesellschaft innehaben muss.
In der Praxis wird diese Regelung jetzt schon sehr gedehnt und originell interpretiert, siehe Red Bull Salzburg, aber in den Lizenzbestimmungen ist sie zumindest derzeit noch festgeschrieben. Neben Red Bull machen sich aber auch eine Reihe anderer Klubs für eine Aufhebung dieser Bestimmung stark, was eine komplette Übernahme von Vereinen ermöglichen würde.
Von Mäzen bis Mitglieder: So funktionieren die Bundesliga-Klubs >>>
Für größere Themen, wie dem theoretischen Neubau eines Stadions, ginge es dann freilich nicht mehr allein. Hier bleibt ein Klub wie Sturm auf die Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen, wenn den Investoren die Tür gewiesen wird.
Abgesehen davon, dreht sich die grundsätzliche Investoren-Frage im Wesentlichen um die Gegenüberstellung von wirtschaftlichen Limits, die ein Dasein ohne Investorengeld bedeutet, und der dafür im Gegensatz bestehenden Freiheit im Tun und der Bewahrung der Eigenständigkeit.
Trainingszentrum ohne private Geldgeber
Sturm hat sich sogar bei der Finanzierung des neuen Trainingszentrums, das bis 2026 fertiggestellt werden wird, gegen Geld von außerhalb entschieden. Es gab Gespräche zu einer Partnerschaft für dieses kostenintensive Projekt. Aufgrund des Arguments der mittel- und langfristigen Eigenständigkeit, gepaart mit der aktuellen Liquiditätssituation, die es möglich macht, das alleine zu stemmen, hat sich der Verein zu einer Finanzierung ohne private Geldgeber entschlossen.
Für noch größere Themen, wie dem theoretischen Neubau eines Stadions, ginge es dann freilich nicht mehr allein. Hier bleibt ein Klub wie Sturm auf die Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen, wenn den Investoren die Tür gewiesen wird. Regionalpolitische Unterschiede spielen hinsichtlich der Möglichkeiten für Fußballklubs dabei eine große Rolle.
Mit der Einbeziehung eines Investors, der große Anteile am Verein erwirbt, wäre der basisdemokratische Zugang Geschichte. Damit einher ginge die latente Gefahr, dass wichtige Teile der Klubidentität verloren gehen könnten.
In Wien und Linz konnten alle vier vertretenen Erstligisten mit massiver Unterstützung der öffentlichen Hand in den letzten Jahren neue Stadien realisieren. In Wien kauft die Stadt von der Austria die von ihr selbst zu großen Teilen schon geförderte Arena in Favoriten schließlich auch noch zur Gänze wieder zurück, um den Verein vor dem finanziellen Crash zu bewahren.
Graz ist nicht Wien oder Linz
In Graz müssen die beiden Bundesligisten darauf hoffen, dass zumindest der Aus- und Umbau von Liebenau möglich sein wird, was alles andere als gesichert ist. Von Baurecht oder Pacht oder gar einem eigenen Stadion für Sturm und GAK sind wir an der Mur Lichtjahre entfernt.
Das Fanumfeld von Sturm ist in der Frage Investorengeld geteilter Meinung. Teile der Anhängerschaft rufen laut nach einem Geldgeber, der einen Neubau finanziert, um den ewigen Querelen mit Politik und dem Stadtrivalen zu entgehen. Die organisierte Fanszene ist dabei gar nicht in erster Linie gegen Geld von außen, sie will vielmehr den Standort in der Stadt bewahren. Ein Neubau könnte aufgrund mangelnder freier Flächen nur im Grazer Umland realisiert werden.
Investoren machen aus Fans Kunden
Und große Teile der Nordkurve wollen freilich auch den Mitgliederverein und die damit verbundene Mitbestimmung keinesfalls aufgeben. Mit der Einbeziehung eines Investors, der große Anteile am Verein erwirbt, wäre der basisdemokratische Zugang Geschichte. Damit einher ginge die latente Gefahr, dass wichtige Teile der Klubidentität verloren gehen könnten.
Es wäre der Tod der Marke "Sturm Graz" in der derzeitigen Form. Die Schwoazn würden, im Kleinen, zu einer ähnlich konturlosen Organisation wie etwa Manchester City oder Paris St. Germain werden, wo alles, was einen Fußballklub ausmachen sollte, auf der Strecke bleibt.
Eine Transformation von einer einzigartigen und lautstarken Fanszene hin zu Zuschauern und Kunden wäre die Folge. Diese kommen zu den großen Events, sonst konsumieren sie aber lieber auf der Couch. Was das für einen Fußballverein bedeutet, kann man sich zur besseren Verdeutlichung regelmäßig in Wals-Siezenheim anschauen.
Was einen Fußballklub ausmacht, bleibt auf der Strecke
Am Ende ist es simpel: Lässt man einen Investor in den Klub, der sich damit auch die Weisungshoheit sichert, ist der Sportklub Sturm oder ein vergleichbares Pendant in seiner aktuellen Form Geschichte. Nahezu alles, wofür der Verein steht, würde über Bord geworfen werden und man würde sich dem Kanon des modernen Fußballs unterwerfen.
Es wäre der Tod der Marke "Sturm Graz" in der derzeitigen Form. Die Schwoazn würden, im Kleinen, zu einer ähnlich konturlosen Organisation wie etwa Manchester City oder Paris St. Germain werden, wo seit dem Einstieg der Öl-Milliardäre zwar die Trophäen eingekauft wurden, alles, was einen Fußballklub ausmachen sollte, aber auf der Strecke bleibt. Dem wirtschaftlichen Fortkommen und der Rendite würde mehr oder weniger alles, was im Leitbild des Vereins steht, untergeordnet werden.
Wen das nicht stört und wer eine regelmäßige Champions League-Teilnahme gegenüber einem Verein vorzieht, in dem Fanszene, regelmäßige Generalversammlungen und der damit verbundenen Mitbestimmung der Mitglieder sowie Eigenständigkeit dominieren, der wird sich einen Investor wünschen. Alle anderen werden weiterhin lautstark die Beibehaltung der aktuellen Trennlinie einfordern.