Was macht ein einigermaßen junger Erwachsener mit dem Rest seines beruflichen Lebens, wenn der Sport, in den man viel Zeit, Nerven und manchmal auch seine Gesundheit investiert hat, wegfällt? Die Zugänge variieren von Person zu Person. 90minuten hat sechs Profifußballer gefragt, die ihre Laufbahn gerade auf unterschiedliche Art und Weise ausklingen lassen.
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Name | Verein | Erfolge (Auswahl) |
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Michael Blauensteiner (30) | / | 98 Bundesligaspiele, Meister & Cupsieger Litauen |
Ronald Gërçaliu (39) | FC Kufstein | 14 Länderspiele, Meister 08/09, Cupsieger 06/07 |
Philipp Hosiner (35) | Young Violets | 5 Länderspiele, Meister & Torschützenkönig 12/13 |
Armin Mujakic (30) | SK Korneuburg | Profi in Griechenland, Belgien, Südkorea und beim SK Rapid |
Stefan Rakowitz (34) | SV Oberwart | Meister 2. Liga (17/18), 3 x Meister Regionalliga Ost |
Lukas Rath (33) | SC/ESV Parndorf | 2 x Meister 2. Liga (14/15, 22/23) |
Alleine bei der Wahrnehmung, wann die Karriere denn überhaupt dem Ende zugeht, gibt es große Unterschiede: Ronald Gërçaliu zum Beispiel nahm sich eine erfolgreiche Saison beim SCR Altach zum Schlusspunkt für das Profidasein in Österreich, gleichzeitig aber auch für ein letztes Abenteuer: "Wir haben damals den dritten Platz erreicht, für den Verein war das etwas Besonderes. Ich habe danach den Weg nach Albanien zu KF Tirana gemacht, weil ich mir das schon lange so vorgenommen hatte. Vor dem Ende der Profikarriere wollte ich noch einmal in Albanien spielen, das habe ich für ungefähr eineinhalb Jahre gemacht." Danach habe der ebendort geborene Verteidiger zwar Angebote für einen neuen Vertrag gehabt, wollte aber lieber mehr Zeit mit seinen Kindern verbringen.
Bei Armin Mujakic ging es weniger gewollt dem Ende zu: Der Stürmer ist zwar immer noch als verlässlicher Regionalliga-Goalgetter aktiv, hatte aber wiederholt mit Verletzungen zu kämpfen.
Nach der Diagnose Knorpelschaden habe ich dem Profisport adieu gesagt. Rückkehr ausgeschlossen.
"Insgesamt sieben OPs habe ich hinter mir, vier davon alleine am linken Knie. Mir war klar, dass ich spiele, weil es mir Spaß macht. Aber lange wäre es auf hohem Niveau nicht mehr gegangen. Nach der Diagnose Knorpelschaden habe ich dem Profisport adieu gesagt. Rückkehr ausgeschlossen."
Stefan Rakowitz hat den Großteil der Saison 2024/25 verletzt verpasst, wie es für den bald 35-Jährigen weitergeht, ist noch offen. "Ich habe mein Karriereende noch nicht offiziell bekanntgegeben. Das letzte Dreivierteljahr war richtig hart, ich wurde operiert und überlege, ob ich es noch einmal in Angriff nehmen soll oder nicht. Es könnte in beide Richtungen gehen. Vielleicht übernehme ich auch bei Oberwart eine Rolle im Verein. Derzeit bin ich noch im Krankenstand."
Ich habe mich nicht aktiv für ein Ende meiner Fußballkarriere entschieden, sie ist ganz natürlich ausgelaufen.
Ganz anders entwickelte sich die Karriere von Michael Blauensteiner, dem zweitjüngsten im Bunde: Der ehemalige Austrianer ist während der Karriere quasi über sein neues Standbein gestolpert. Einige aus Social Media veröffentliche Videos entwickelten sich gut, inzwischen hat er über 100.000 Follower auf 'Instagram' und mehr als doppelt so viele auf 'TikTok'. "Ich habe gemerkt, dass ich mir etwas aufbauen und damit Geld verdienen kann. Nach meiner Zeit bei Austria Klagenfurt habe ich das noch stärker forciert. Ich habe mich nicht aktiv für ein Ende meiner Fußballkarriere entschieden, sie ist ganz natürlich ausgelaufen. Gesundheitlich ging es mir gut. Die Angebote, die dann noch hereingekommen sind, haben mich aber nicht mehr so sehr interessiert."
Deutlich strategischer legt Philipp Hosiner die Sache an. Der 35-Jährige kam nach Auslandsstationen in Köln, Rennes, Berlin, Dresden, Chemnitz und Offenbach 2023 endgültig zurück nach Österreich und zur Wiener Austria. Dort ist er als erfahrene Sturmspitze für die Young Violets in der Regionalliga eingeplant, führt seine Profikarriere also weiter fort.

Eine gute Plattform, um an seinen Zukunftsplänen zu arbeiten: "Ich bereite mich seit Jahren auf den Tag vor, an dem meine aktive Karriere zu Ende geht. Im November habe ich die B-Trainerlizenz abgeschlossen und möchte diesen Weg weiterverfolgen. Außerdem studiere ich Business-Management im Master. Von dem Netzwerk, dass ich mir aufgebaut habe, möchte ich weiter profitieren. Ich werde mir mehrere Optionen offen halten."
Damit ist Hosiner für die Zeit nach der Karriere gut aufgestellt. Bei seinen Auslandsstationen ist genug Kapital zusammengekommen, diesen Vorteil möchte er ausspielen: "Als Fußballer hat man das Glück, in jungen Jahren viel Geld zu verdienen. Ich habe immer die Zeit nach der Karriere im Kopf gehabt und einen Teil davon angelegt. Inzwischen bin ich gut aufgestellt, ich möchte meine Investments so gestalten, dass ich davon leben kann. Man muss sich genau damit beschäftigen, welchen Experten man vertrauen kann und wer nur versucht, schnellen Reichtum zu verkaufen. Viele Fußballer haben deswegen auch schon Geld verloren. Ich versuche auch meinen jüngeren Teamkollegen zu erklären, wie man Geld langfristig veranlagen kann."
Auf ins Arbeitsleben
Auch die anderen fünf haben sich ihre Gedanken gemacht.
Blauensteiner ist schon voll im 'Leben danach' angekommen, mit Social Media beschäftigt er sich seit 2020. Auch ein Sportwissenschaftsstudium hat der 30-Jährige während seiner Karriere in Wien begonnen, musste es nach einem Vereinswechsel zum TSV Hartberg aber aufgeben. Von seinen eigenen Kanälen abgesehen, ist Blauensteiner auch im Fitnessbereich tätig: "Sport ist mir immer noch extrem wichtig. Ich trainiere gerne, wenn ich damit Leute erreichen und motivieren kann, freut mich das sehr. Insgesamt läuft es ganz gut, ich bin zufrieden."
Ich war mir nie zu schade, nach dem Fußball einen 'normalen' Job anzunehmen.
Welche Ausbildung Lukas Rath derzeit macht, würde man wahrscheinlich nicht allzu schnell erraten. Der langjährige Mattersburg-Verteidiger hat mit einem Teil der Einnahmen aus seiner Profi-Karriere das Haus seiner Großeltern renoviert und rüstet sich jetzt für die kommenden Jahre. "Nach Ablauf meines Vertrages bei Blau-Weiß Linz war klar, dass ich in den Amateurbereich gehe und mir eine Alternative überlege. Es war nicht einfach, das richtige zu finden. Gemeinsam mit 'KADA' habe ich eine 'arbeitsplatznahe Qualifizierung' via AMS gemacht. Jetzt absolviere ich eine verkürzte Lehre zum Speditionskaufmann."

Als 23-Jähriger kam Mujakic zu mehreren Einsätzen für den SK Rapid, parallel war er bester Torschütze der Amateure in der Regionalliga. Schon damals spielte die Gesundheit nicht mit, dementsprechend nüchtern war seine Herangehensweise an das Thema Karriereende: "Ich habe früh mitbekommen, dass der Beruf Profifußballer schnell zu Ende sein kann. Deswegen habe ich mich nach einem Studium und Alternativplänen für das Berufsleben umgesehen. Eventuell war es spät, um sich ein zweites Standbein aufzubauen. Aber zumindest waren die Überlegungen da und die Situation ohne Fußball hat mich nicht komplett überrascht."
Ursprünglich hatte Stefan Rakowitz vor, Lehrer zu werden. Nach einem Vereinswechsel hat er diesen Plan verworfen und stattdessen ein Sportmanagement-Studium absolviert: "In Hartberg war ich sieben Monate lang verletzt, da habe ich mich aufs Studium konzentriert. Ich wollte damit fertig sein, wenn ich aufhöre. Wenn man in Österreich nicht bei Topteams spielt, verdient man keine Unsummen."
Es hat Spaß gemacht
Alle sechs Gesprächspartner - und das ist ja grundsätzlich etwas Erfreuliches - blicken positiv auf ihre Karrieren zurück. Natürlich nagt die eine oder andere verpasste Gelegenheit: "Was mich ein bisschen wurmt ist, dass ich die 100 Bundesligaspiele-Marke knapp verpasst habe. Vielleicht hätte ich noch gerne in der einen oder anderen Stadt gespielt, aber es ist kein Wunschkonzert", bilanziert Blauensteiner, hält aber gleichzeitig fest: "Ich bin sehr dankbar für die Freunde, die ich kennenlernen durfte. Es hat viel Spaß gemacht. Wenn ich zurückdenke, bekomme ich oft einen Grinser."

Auch Lukas Rath überlegt zuerst: "Mit 19 Jahren hatte ich einen Kreuzbandriss, ich könnte mich schon fragen, was sonst möglich gewesen wäre." Dann stellt aber auch der Burgenländer fest: "Ich bin schon früh Profi geworden, mit 17 habe ich für Mattersburg gespielt. Meine Karriere hat rund 15 Jahre gedauert, damit bin ich zufrieden."
Wenn man Ronald Gërçaliu nach seiner Karriere fragt, dauert die Antwort verständlicherweise ein bisschen länger: "Nach dem Wechsel zu Red Bull Salzburg ist es für mich nicht ideal gelaufen. Ich habe den Schritt zurück zu Sturm Graz gebraucht, um wieder Spaß am Fußball zu bekommen. Auch bei der Wiener Austria haben wir schöne Erfolge gefeiert. Das Highlight war die EM 2008", erinnert er sich. "Ich habe viel gesehen, habe viel erlebt und bin sehr zufrieden."
Meiner Familie war wichtig, dass ich die Schule fertig mache. Dafür bin ich ihnen dankbar. Andere machen das nicht.
Kürzer war das Vergnügen für Mujakic, trotzdem hat er viel herausgeholt: "Natürlich hätte es erfolgreicher sein oder länger dauern können, da ich mit meiner Verletzungsgeschichte erst mit 22 Jahren richtig im Profigeschäft angekommen bin und mit 26 aufgehört habe. Es war eine schöne Karriere, mit coolen Standorten."
"Es war immer ein großer Wunsch, Profifußballer zu werden. In meine Familie haben alle viel Fußball gespielt. Sie haben mein Potenzial gesehen und mich gefördert, das wichtigste für sie war aber, dass ich die Schule und Matura fertig mache. Dafür bin ich ihnen dankbar. Andere machen das nicht", resümiert Stefan Rakowitz.
Hosiner blickt schon voraus: "Ich bin zufrieden mit dem, was ich erreicht habe. Meine Karriere hat mich für die Zeit danach extrem geprägt. Ich führe mich mit den Erfahrungen gut gerüstet."