Vor die Nase gesetzt: Wie reagieren Nachwuchskicker?
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Vor die Nase gesetzt: Wie reagieren Nachwuchskicker?

Viele Klubs der heimischen ADMIRAL Bundesliga schielen bei der Kaderplanung auf den nächsten Toptransfer. Millionen sind gut – aber wie geht es den Nachwuchsspielern? 90minuten hat mit einigen gesprochen.

Es ist vermutlich die Königsdisziplin abseits des sportlichen Erfolges für Fußballklubs: ganz junge Talente finden, sie zu Profis reifen lassen, mit ihnen Erfolge feiern und/oder sie teuer verkaufen. Viele heimische Klubs machen das anders, holen nach Red Bull Salzburg-Vorbild fast fertige Kicker, entwickeln sie und streifen astronomische Summen ein.

Schlag nach bei Erling Braut Haaland, Rasmus Højlund und Co. - das ist ein legitimes Mittel. Den Jackpot machten die Bullen mit Dominik Szoboszlai. Mit kolportierten 36 Mio. Euro Ablöse könnte der TSV Hartberg vier Jahre lang Bundesliga spielen, gemessen am Umsatz.

Auf der Strecke bleibt dafür der eigene Nachwuchs oder überhaupt der Österreicher an sich. Bei den Salzburg absolvierten bewerbsübergreifend nur Samson Baidoo (20) und Alexander Schlager (28) mehr als 1.000 Einsatzminuten. Bei Meister Sturm Graz sieht es nicht viel besser aus, nur Emanuel Aiwu (23) und Niklas Geyrhofer (24) spielten so viel.

Schlechter Zeitpunkt

Natürlich, nicht in jedem Jahrgang sind gleich 23 Messis. Aber die Rahmenbedingungen sind nicht leicht. In der höchsten Jugendliga, der U18, steht für viele Akademiekicker die Matura an. Eine Doppelbelastung zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Die Spielerberater umkreisen einen schon lange, nicht alle meinen es gut mit einem.

Es werden immer wieder neue Spieler auf meiner Position geholt. Man verspricht zwar viel in den Gesprächen, aber oftmals trifft der Trainer die Entscheidung für einen älteren Spieler.

Andreas, anonymer Fußballer

Während die Freunde in dem Alter die wohl unbeschwerteste Zeit ihres Lebens haben, müssen die jungen Burschen den Traum vom Fußballprofi erst einmal Realität werden lassen.

Wie fühlt es sich aber wirklich an, bei einem Profiklub in der zweiten Mannschaft oder darunter zu sein und gefühlt ständig andere Spieler vor die Nase gesetzt zu bekommen? 90minuten hat mit dreien gesprochen. Andreas, Bernhard und Christian heißen dabei eigentlich anders, aber wer in dem Alter öffentlich motzt, verbaut sich wohl die Chance auf die Karriere...

Der Anfang im Fußball

Wie war der Weg zum Profi? Andreas, der Tore am Fließband erzielt, erzählt: "Ich komme aus einer fußballaffinen Familie, alle kicken. Ich spiele Stürmer und bin dann bei einem Jugendturnier gescoutet und zum Probetraining eingeladen worden."

Bernhards Weg war ein bisschen anders. Er kickte wie viele andere als Bub mit seinen Geschwistern sowie bei seinem kleinen Heimatverein in der Pampa. "Mit zehn Jahren bin ich zu meinem jetzigen Verein gekommen und hab viele coole Turniere gespielt", sagt der Keeper, "jetzt bin ich wieder hier, als Teenager war ich ein paar Jahre im Ausland."

Eine niedrige Millionenablöse zahlen, eine stolze zweistellige Summe kassieren; davon träumt man hierzulande
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Eine niedrige Millionenablöse zahlen, eine stolze zweistellige Summe kassieren; davon träumt man hierzulande

Christian konnte kaum laufen, da hat er schon den Ball getreten. Er absolvierte die ersten Jahre bei einem Zweitligisten, ehe ein Bundesligist nach intensivem Scouting zuschlug. Nun spielt der Mittelfeldmann schon im Erwachsenenfußball, obwohl noch keine 20 Jahre alt:

"Allgemein tat es mir sehr gut, so früh in den Erwachsenenfußball zu kommen, weil ich ein Spieler bin, der immer neue Herausforderungen braucht, um sich zu steigern." Die anderen beiden kicken ebenfalls bei den Erwachsenen. Das sei etwas anderes als in der Akademie, weiß Bernhard: "Es ist viel körperbetonter und viele Spiele sind eklig, es geht nur darum, irgendwie zu gewinnen."

Zwischen Versprechen und Realität

Welche Perspektive gibt man den Burschen? Bernhard sagt weiter: "Der Verein hat mir einen klaren Plan aufgezeigt, dass ich zwei Jahre in der zweiten Mannschaft spiele und dann in die erste Mannschaft gebracht werde bzw. trainiere ich dort eh schon seit zwei Jahren." Bei der Zweier gibt es Spielzeit: "Man hat mir gesagt, dass man Vertrauen in mich hat. Aber natürlich haben sie auch gesagt, dass viel mit meiner Entwicklung zusammenhängt."

Sein Problem ist wohl auch darüber hinaus: Es gibt nur einen Tormann. Und wenn der sich nichts zu Schulden kommen lässt und keine Fehler macht, bleibt er. Ähnlich beinhart ist es an vorderster Front, wie Andreas weiß: "Es ist ab und zu schwierig, weil immer wieder neue Spieler auf meiner Position geholt werden und somit die Aussicht auf Spielzeit sehr gering ist. Man verspricht zwar viel in den Gesprächen, aber oftmals trifft der Trainer die Entscheidung für einen älteren Spieler."

Ich finde, man sollte auf die Talente im eigenen Verein schauen und sie groß rausbringen.

Christian, träumt vom Profifußball

Einzig der – etwas jüngere – Mittelfeldmann ist aktuell rundum zufrieden: "Der Verein setzt allgemein sehr viel auf mich, weil ich ein Spieler bin, der alle Anforderung mitbringt und sehr schnell lernt und sich verbessert."

Zukunftsperspektiven

Das Zugekaufe macht die Sache also schwierig. Sind die Nachwuchsteams rot-weiß-rot, aber dann kommen externe Spieler, die viel Geld bringen könnten, kann das etwas ernüchternd sein. "Oftmals wird Konkurrenz geholt, auch wenn sich mal die Chance durch Verletzungen ergibt. Das macht es natürlich schwerer, weil die neuen Spieler fast immer einen Bonus gegenüber den eigenen haben", berichtet Andreas.

Ähnlich sieht es Bernhard, der meint, dass sein Verein sehr stark auf Externe setzt: "Natürlich freut man sich nicht darüber. Aber man muss den Konkurrenzkampf annehmen und versuchen, besser zu sein, auch wenn es nicht immer leicht ist." Auch Christian sieht die Sache gemischt, denn es sei gut, wenn Talente geholt würden.

"Andererseits", meint er in einem eigentlich guten Schlusswort, "finde ich, man sollte auf die Talente im eigenen Verein schauen und sie groß rausbringen." Es wäre ja auch billiger, weil den Nachwuchs muss man haben, die Haalands und Højlunds muss man teuer zukaufen.


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