Nachos für Österreich

Spieler aus Spanien haben in Österreich seit 2008 Hochkonjunktur. Heuer werden es erstmals weniger. Hoffentlich bleibt es dabei. Von Peter K. Wagner

 

Eigentlich wollten Gerhard Schweitzer und Andreas Heraf nur hospitieren. Damals 2006 beim FC Valencia. Doch Nicolas Oliva, ein nach Oberösterreich ausgewanderter Spanier, der ihnen die Hospitanz vermittelte, nahm sie mit zu einem Drittligaspiel. Die Österreicher waren von dem Niveau begeistert. Unter anderem von einem gewissen Ignacio Rodríguez Ortiz. 2008 war es dann soweit. Genau ein Monat nachdem seine Landsmänner in Wien den ersten großen Titel für Spanien holten, unterschrieb Ortiz in Österreich. Mit 25 Jahren und damit im besten Fußballeralter kam er zur SV Ried, wo Co-Trainer Schweitzer sich für ihn stark machte. Heute, über fünf Jahre später, ist der Spanier, der besser unter seinem Spitznamen Nacho bekannt ist, wieder in seiner Heimat. Auf Urlaub – mit täglichen Trainingseinheiten. Der 30-Jährige sucht einen neuen Verein, weil Ried ihm keinen Vertrag mehr angeboten hatte. „Ich würde so gerne in Österreich bleiben, in den nächsten Wochen wird sich hoffentlich etwas ergeben", erzählt er. Den Innviertlern sei er nicht böse, er habe eine tolle Zeit gehabt.

 

Spanier für alle – von Aserbaidschan bis Zypern
Die sich auch gut liest. 176 Spiele, 32 Tore, 16 Assists – Pokalsieger 2011, 7 Europacup-Spiele. Davon war der U17-WM-Teilnehmer von 1999 und ehemalige Teamkollege von Pepe Reina in der dritten spanischen Liga weit entfernt. Er war der erste Spieler aus dem Land der aktuellen Fußballweltmacht, der den Weg nach Österreich fand. Und bereitete den Weg für viele weitere. Dank Vorreiter Nacho kamen die österreichischen Profi-Klubs nämlich auf den Geschmack. Spanische Legionäre füllten Kader auf, wo Österreicher oder andere Ausländer aus wirtschaftlichen oder sportlichen Gründen nicht in Frage kamen. Stefan Reiter, Manager der SV Ried, hatte kurzzeitig sogar vier Iberer unter Vertrag. Heuer keinen einzigen mehr. „Die Spanier haben qualitativ und preislich entsprochen", erklärt Reiter. „Mittlerweile ist der Markt aber ziemlich geschlossen. Preiswerte Spanier gibt es nicht mehr nur in Österreich, auch auf Zypern, in Bulgarien, Aserbaidschan oder Rumänien."

 

Preiswerte Kaderergänzungen
Nicolas Oliva hat auch da oft seine Finger im Spiel. Der einst zufällige Vermittler von Nacho ist mittlerweile als selbstständiger Spielerberater tätig – und definitiv Vater der spanischen Fußballlegion in Österreich. „Die Krise hat zugeschlagen in Österreich", weiß auch er. „Die Vereine setzen wieder mehr auf junge Österreicher." Waren es im Vorjahr noch 16 Fremdarbeiter von der iberischen Halbinsel, sind es heuer nur mehr 9, die im rot-weiß-roten Profifußball aktiv sind. Eine Entwicklung, über die sich der heimische Fußball eigentlich nur freuen kann. Denn bis auf Nacho, der als erster seiner Art in Ried zum Publikumsliebling wurde oder wenige Ausnahmen wie Inaki Bea bei Wacker Innsbruck oder Jacobo vom WAC, haben und hatten die Spanier in Österreich vor allem eines gemein: Sie waren gut genug ausgebildet, um Österreichern einen Platz zu verstellen, aber zu schlecht, um ihre Mannschaft richtig zu bereichern oder sich selbst für höhere Aufgaben in besseren europäischen Ligen zu empfehlen.

 

quo vadis bundesligaPreiswerte Kaderergänzungen eben, die oftmals nur ein paar Monate in Österreich blieben wie es im Vorjahr bei den Kapfenbergern Ismael Barragan und Miguel Ramos der Fall war. Bringen solche Legionäre, die man nicht gewinnbringend ins Ausland verkaufen kann, wirklich weiter? Sollte Österreich nicht eine Ausbildungsliga sein? „Ich sehe diese Spieler dennoch positiv", sagt Ried-Manager Stefan Reiter. „Natürlich ist der Idealweg, immer junge Österreicher zu verpflichten oder eigene Akademiker hochzuziehen, aber es liegt in der Natur der Sache, dass das nicht immer möglich ist."

 

Swanseas Michu war auf dem Weg nach Pasching
Ried entschied sich heuer für den ehemaligen Austria-Kärnten-Spieler Sandro und den jungen Deutschen Oliver Kragl als Ersatz für Nacho und den zu Salzburg zurückgekehrten Marco Meilinger auf der linken Seite. Andere Positionen wurden tatsächlich größtenteils mit jungen Österreichern nachbesetzt. Diese Entwicklung musste auch Nacho hinnehmen. „In Österreich", spricht er etwas nachdenklich, „ist diesen Sommer plötzlich wieder alles anders. Junge Österreicher aus der zweiten und dritten Liga werden lieber verpflichtet." Es wäre nicht das erste Mal, das im österreichischen Fußball aus der Not Jugend, die Tugend Weiterentwicklung wird.


Die guten, jungen Spanier kommen natürlich nicht nach Österreich. „Einmal wäre es fast passiert", erzählt Spielerberater Nicolas Oliva. „Den Torjäger Michu wollte Andreas Heraf 2006 zu Pasching in die Bundesliga holen. Er hat heuer für Swansea in der Premier League 18 Tore erzielt. Aber Pasching-Manager Franz Grad hat abgewunken." Spricht es und verabschiedet sich, weil er ebendort einkehrt – in Pasching. „Ich habe immer viel Arbeit im Sommer, vielleicht wollen sie einen." Oliva hat noch genügend Nachos auf seiner Liste. Nur Michus sind sicher keine mehr dabei.