Der Klub, der gerne der GAK wäre

Im Oktober 2012 starb mit dem GAK einer der traditionsreichsten österreichischen Fußballklubs. Nun lebt er als GAC weiter, entging aber nur knapp der größten Farce der österreichischen Fußballgeschichte. Die Geschichte einer Auferstehung. Von Peter K. Wag

 

Ein Fußballfan hat so einige Bedürfnisse. Das wichtigste: Es sollte seinen Klub geben. Genau das war beim einfachen Meister und vierfachen Pokalsieger GAK seit Oktober 2012 nicht mehr der Fall. Nach rekordverdächtigen vier Konkursen in fünf Jahren, verlorenen Relegationsspielen, wegen Platzstürmen abgebrochene Spiele, aber auch Zuschauerrekorden in der Regionalliga Mitte wurden aus den roten Teufel tote Teufel. Und es passierte das, was bereits in Salzburg bei der Austria, bei Vorwärts Steyr oder aber auch in England beim AFC Wimbledon geschah: Die Fans des Traditionsklubs nahmen die Sache in die eigene Hand, um ihr größtes Bedürfnis bald wieder stillen zu können: Ihre Mannschaft am Platz zu sehen.

 

Das doppelte Känguru aus Prag
Mit unterschiedlichen Ideen. Alt-Präsident Harald Fischl und Piet Hoyos wollten dank einer Fusion mit dem FC Gratkorn wieder in der Regionalliga einsteigen. Als GAK-Quadrat – Gratkorner und Grazer Athletikklub. Gleichzeitig formierte sich der GAC – ein Verein, der ganz unten in der niedrigsten steirischen Liga, der 1. Klasse, neu anfangen wollte. Es drohte, was Prag schon lange kennt. Dort spielte mit Bohemians 1905 und dem FK Bohemians Prag vergangene Saison die zwei selben Klubs in der selben Liga. Also nicht ganz. Aber zumindest beanspruchen beide Vereine die Nachfolge des Klubs mit dem Känguru im Logo, der 2005 ebenfalls in Konkurs geratenen war. Wenigstens ist der von vielen als ideologisch richtiger Nachfolgeklub bezeichnete Bohemians 1905 heuer aus der zweiten Liga aufgestiegen und Präsident sowie Ex-Rapidler Antonin Panenka muss sich über keine Derbys gegen die eigene Vereinskopie mehr ärgern.

 

Sterben zum Quadrat
Beim GAK hätte es für Derbys zwischen dem GAK-Quadrat und dem GAC noch einige Abstiege des einen sowie Aufstiege des anderen Klubs gebraucht. Doch Österreich bleibt die größte Farce der Klubfußball-Geschichte erspart. Das GAK-Quadrat-Projekt starb nämlich noch früher als der richtige GAK – noch vor der Gründung. Weil der FC Gratkorn Konkurs anmelden musste. „Mir tut es leid um das Projekt", sagt Piet Hoyos, der noch im Herbst 2012 den alten GAK retten wollte und später sogar erster Präsident des GAC war. „Leider hat Gratkorn nicht alle Fakten auf den Tisch gelegt. Wenn wir früher von all den Verbindlichkeiten gewusst hätten, hätten wir das Projekt nie vorangetrieben."

 

Ein Fanverein mit mehr Mitgliedern als der alte GAK
Doch während mit dem GAK-Quadrat der eine angedachte GAK-Nachfolger starb, arbeitete das andere Nachfolgeprojekt munter weiter. Und tut es heute noch. Hinter dem GAC – angelehnt an den Gründungsnamen des Original-GAK im Jahre 1902 – stehen in erster Linie die meisten Fanklubs des alten GAK. Auch Matthias Dielacher, Vorstand und Pressesprecher, der sich durch die Gratkorn-Insolvenz in seinem Kurs bestätigt sieht. „Für Gratkorn tut es mir leid, aber das zeigt auch, dass unser Weg der richtige ist." Ihr Weg, das ist der Neustart ganz unten, basisdemokratisch – mit einem Vorstand und einer Gruppe von 25 Helfern, die sich um Dinge wie Merchandising oder die Website kümmern. „Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich sehe, was die vielen Fans des GAK zu unserem Projekt beitragen wollen." Wenn der GAC also im nächsten Jahr in der 1. Klasse startet und auf kleinen Sportplätzen, auf denen sich normalerweise nicht mehr als wenige Dutzend Zuschauer verirren, aufläuft, werden sie das wohl vor vielen Menschen tun. „Wir haben mehr Mitglieder als der alte GAK, wir stehen bei über 600 und es werden täglich mehr."

 

Mit ehemaligen Profis nach oben
Die ersten Spieler hat man auch schon verpflichtet – die meisten melden sich von selbst. „Da sind Spieler aus der vierten oder fünften Liga dabei, die lieber bei uns spielen – auch weil sie wissen, dass bei uns etwas entsteht. Denn ohne arrogant zu wirken, können wir sagen, dass unser Anspruch natürlich eine weitaus höhere Liga ist." Der prominenteste Transfer ist Richard Wemmer, 32 Jahre alt und früher bei Gratkorn oder dem LASK auch im Profi-Fußball aktiv. Direkt von dort kommt auch der neue Trainer: Gernot Plassnegger. Bis zum Sommer noch bei der Admira als Spieler, wechselt er nun auf die Trainerbank. Beim GAK spielte er zwischen 2004 und 2006.

 

Und noch etwas steht schon fest: Der GAC wird seine Heimspiele im GAK-Trainingszentrum, das erst kürzlich von der Stadt Graz übernommen wurde, bestreiten. Ein ehemaliger GAK-Spieler als Trainer, die alte Heimat als neue – fehlt eigentlich nur noch der richtige Name. Der Stammverein GAK, vor allem dank der Tennis-Sektion, die 2010 und 2011 Meister wurde, ein Begriff, hält die Rechte an diesem. „Nachdem die Fußballsektion einst ausgegliedert wurde, wollen sie uns jetzt nicht einfach so den Namen geben, weil sie Angst um ihren Ruf haben. Wir verstehen das, sind aber überzeugt, dass wir mit unserem wirtschaftlich gesunden Konzept, den Stammverein umstimmen können." Nächste Saison soll es spätestens soweit sein. Da soll der letzte Baustein zum fertigen ideologischen Nachfolger des GAK gesetzt sein.

 


 

Der Sargnagel als Hoffnungsträger
Bis dahin gilt es unter anderem den Vize-Präsidenten dieses Stammvereins zu überzeugen. Der ist ein gewisser Rudi Roth, also jener Unternehmer, der als Präsident des alten Fußball-GAK, ein ganz besonderes Bedürfnis von Fußballfans stillte: Er machte die Roten Teufel erstmals zum österreichischen Meister. Viele sagen, das war der Anfang vom Ende. Bei der letzten Generalversammlung des alten GAK wollte man ihm auch deshalb die Ehrenpräsidentschaft aberkennen – er gilt im roten Umfeld als Sargnagel. Schließlich weiß ganz Graz, dass eine Anklage gegen Roth wohl bevorsteht. Und ein ähnlicher Ausgang wie beim ehemaligen Präsidenten des Stadtrivalen Sturm Graz, Hannes Kartnig, zu erwarten ist.


Solche Probleme bleiben dem GAK-Quadrat-Präsident in spe, Piet Hoyos, erspart. Er hat rechtzeitig die Notbremse gezogen und nicht mit Gratkorn gemeinsame Sache gemacht. Aber stillt der GAK-Fan Hoyos sein Bedürfnis nach einem wiederauferstandenen GAK jetzt beim GAC? „Für mich ist das nicht der GAK", sagt er. „Aber vielleicht werde ich mir mal ein Spiel anschauen. Warum nicht". Man wird das Gefühl nicht los, dass viele ähnlich denken. Und wenn der GAC oder dann schon wieder GAK erst einmal erfolgreich ist wie Austria Salzburg oder Vorwärts Steyr, wird irgendwann keiner mehr nach dem alten GAK fragen. Sondern einfach nur ins Stadion zu seinen roten Teufeln gehen. Weil es endlich wieder seinen Klub gibt. Und das ist und bleibt schließlich das wichtigste Bedürfnis eines Fußballfans.

www.grazer-ac.at