Der Mr. Kremser SC, fünf Jahre und die 2. Liga
Foto © Facebook/Kremser SC

Der Mr. Kremser SC, fünf Jahre und die 2. Liga

Im Jahr 1988 gewann der Kremser SC den ÖFB-Cup und stieg wenig später in die höchste Spielklasse auf. Vor 15 Jahren kickte der Klub dann fünftklassig. Nun träumt man von der 2. Liga.

1919 ist das Gründungsdatum des Kremser SC. 1930 gewannen die Niederösterreicher die österreichische Amateurmeisterschaft, 1954 stieg man erstmals in die Staatsliga B, die damals zweithöchste Spielklasse, auf. Nachdem es zwischenzeitlich zweimal in die Landesliga zurückgegangen war, etablierte sich der Verein ab 1983 in der zweiten Spielstufe. Bis hierhin eigentlich eine normale Story für einen heimischen Fußballklub.

Doch 1988 gelang der größte Erfolg des damaligen Zweitligisten: Das von Ernst Happel betreute Topteam Swarovsi Tirol wurde in damals zwei Finalspielen des ÖFB-Cups bezwungen. Die Tiroler waren gespickt mit Starspielern wie Bruno Pezzey und Peter Pacult. Die vom späteren Frauenteamchef betreuten Außenseiter rund um unter anderem Thomas Janeschitz gewannen aber mit 2:0 und 3:1. 

Mit großen Namen – unter anderem Hans Krankl und Mario Kempes – ging es sogar in die höchste Spielklasse. Nach dem Abstieg 1992 drohte der Klub in den Niederungen des Unterhausfußballs zu verschwinden und tat das auch. Die Talfahrt endete nach einigen Jahren zwischen Ostliga und Landesliga 2009 schließlich in der 2. Landesliga West. 2022 gelang die Rückkehr in den überregionalen Fußball. Heute spielt man in der Regionalliga Ost und hat große Ziele.

Mr. Kremser SC

Die jüngere Geschichte ist mit einem Namen eng verbunden. Das hört man gleich eingangs beim Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden. Im Interview mit 90minuten sagt er unmissverständlich: "Georg Stierschneider ist eigentlich der Mr. KSC." Das kann man fraglos so durchgehen lassen, sieht man vom ehemaligen Mäzen und Stadionnamensgeber Sepp Doll ab. Stierschneider (Foto oben) kam 1977 erstmals zum Verein, war viele Jahre als Spieler in der zweiten Bundesliga engagiert und zehn Jahre Kapitän der Kampfmannschaft. 

Es gab schlichtweg keine Vereinsstrukturen. Zwar hat es Geld gegeben, aber es wurde nicht professionell ausgegeben.

Georg Stierschneider

Als der Verein 2009 in der zweiten Landesliga angekommen war, engagierte sich der Finanzexperte als Funktionär. Zunächst als Berater im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich.

"Es war Feuer am Dach. Das erste Mal in der heute 105-jährigen Geschichte spielten wir fünftklassig. Das war sportlich schlimm und wirtschaftlich noch schlimmer", so Stierschneider, "seitdem versuchen wir den Kremser Sportclub zu stabilisieren und wieder Richtung zweite Bundesliga zu orientieren".

Warum der Niedergang?

Doch wie kam es dazu, dass die Kremser so weit runter rasselten? 1990 gab es einmal einen Ausgleich, man verblieb in der Liga. Im Gegensatz zu anderen Klubs, die sich finanziell bis in den Konkurs verspekulierten, gab es andere Gründe für den Niedergang ohne großen Finanzcrash.

Denn die Erfolge der 80er und 90er waren vor allem von Doll und Sponsoren aus dem Bauwesen aus der Region getragen. Doll, der unter anderem auch die Sportschule Lindabrunn errichtete, war der bestimmende Mann, dann entstand ein Vakuum. "Es gab schlichtweg keine Vereinsstrukturen. Zwar hat es Geld gegeben, aber es wurde nicht professionell ausgegeben. Als Sepp Doll immer älter wurde, kam es zur wirtschaftlichen Krise", erinnert sich Stierschneider. 

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Das schon etwas ältere Stadion in Krems. Ein netter Ausblick, fast einzigartig

Nach dem Tod des Mäzen 1999 ging es bergab und man rief eben 2010 Stierschneider. Das Vertrauen war im Keller, das musste er erst wieder aufbauen. "Vielleicht kann man den KSC mit Austria Salzburg, Vorwärts Steyr oder dem GAK vergleichen – allerdings eben ohne Konkurs, wir haben unsere Schulden immer selbst bezahlt, auch wenn es schwierig war."

Stabilisierung mit Kleinsponsoren

Wer diesen Weg beschreitet, braucht dann eben länger. Der Finanzexperte kam und suchte kleine Sponsoren, um den Verein zu stabilisieren, es war aber "mühsam" gewesen, den Schuldenberg abzubauen. Nach dem Aufstieg in die erste Landesliga 2014 dauerte es viele, vielleicht zu viele Jahre, bis 2022 der Aufstieg in die Ostliga gelingen sollte.

Davor hat es "nicht gereicht. Wir waren immer im Spitzenfeld, haben sehr viele Punkte gemacht, aber es ist schwierig, aus der Landesliga aufzusteigen". Nach 15 Jahren Unterhaus landete der Klub in der ersten Saison Regionalliga auf dem siebten Platz, dann wurde man Dritter: "Es geht bergauf, wir entwickeln uns sportlich jedes Jahr weiter und wollen Schritt für Schritt nun Richtung 2. Liga kommen."

Krems ist mit 27.000 Einwohner:innen zwar keine kleine Stadt, trotzdem tun sich auch andere lokale Vereine schwer, große Sponsoren zu finden. Selbst wenn die Industrieschlote nach wie vor über der blauen Donau thronen. "Vöest und Co. werden nicht von Krems aus gesteuert. Also findet man niemanden, der einen großen Posten des Budgets stellt. So ging es ja auch den Handballern, bis sie vor ein paar Jahren die Moser Medical Group und nun Förthof gefunden haben. Das haben wir bis jetzt nicht geschafft."

Wie der Verband hier lenkend eingreifen könnte, etwa mit einer Lizenzierung light... der Kremser SC hätte da nichts dagegen.

Georg Stierschneider

Ein kleiner Großsponsor fehlt

Die deutlich anderen Möglichkeiten anderer Klubs fielen dem KSC auch letztes Jahr auf den Kopf. Man war Herbstmeister, dann legte Rapid II nach und stieg auf. Das kann leider wieder passieren, gibt es doch auch in der Ostliga einige Klubs, die finanziell höhere Möglichkeiten haben. Wie positioniert man sich da zwischen St. Pölten, Amstetten und Horn? Braucht es beispielsweise auch ein besseres Auge der Paritätischen Kommission bzw. der Landesverbände?

"Wir müssen aktuell nur unsere Bilanz abgeben. Wie der Verband hier lenkend eingreifen könnte, etwa mit einer Lizenzierung light... der Kremser SC hätte da nichts dagegen." Die Spieler sind angemeldet, so wie es sich gehört, wie er betont. Als Profi gemeldet sind Trainer Jochen Fallmann und eine Handvoll Spieler. Der Rest studiert oder arbeitet. Für die Talente geht es darum, den Sprung in die nächste Liga zu schaffen, "im Idealfall mit Krems. Im Sommer sind schon Spieler in die 2. Liga gegangen".  Fakt ist aber auch, dass die Schere zwischen 2. Liga und Regionalliga recht groß ist: "Vereine wie St. Pölten oder die Admira haben Millionen an Budget."

So viel bräuchte man aber gar nicht. "Ich würde mir zutrauen, mit 1,2-1,3 Millionen Euro aufzusteigen, weil wir mit unserem Geld, glaube ich, gescheiter umgehen. Derzeit haben wir rund 500.000 Euro Budget, das müsste man mehr als verdoppeln." Der Finanzrahmen wird zu zwei Dritteln von Sponsoren getragen, ein weiteres kommt aus dem Spielbetrieb. Denn: "In Krems lodert das Feuer, es fehlt nur noch dieser Hauptsponsor, der 200.000 Euro im Jahr zur Verfügung stellen würde. Mit den Fernsehgeldern und dem Österreicher-Topf traue ich uns zu, dass wir in der 2. Liga bestehen können."

Langfristigkeit durch Ligareform

Apropos Verband. Er wünscht sich, dass man eine Ligareform angeht, die Bundesliga etwa um zwei bis vier Vereine aufstockt und eine zweigleisige zweite Leistungsstufe, mit Osten und Westen. Stierschneider kann sich vorstellen, dass eine solche zweite Liga auch für TV-Partner attraktiv wäre: "So könnte man die langfristigen Pläne von Traditionsklubs stärken und unterbinden, dass ein Mäzen ein paar Jahre Geld investiert." Vom Verband gab es diesbezüglich zwar Ankündigungen, mit Krems hat aber in den letzten drei Jahren niemand gesprochen. Die Regionalliga werde eben "stiefmütterlich" behandelt.

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Es muss nicht immer ein moderner Fußballtempel sein

Dabei tut man, was man kann. Das Spielfeld des Stadions ist FIFA-tauglich, man träumt aber von Investitionen, vor allem hinsichtlich der VIP-Boxen. Denn das ist ja ein Henne-Ei-Problem: Man muss die Leute herbringen, damit sie Geld hergeben, muss ihnen aber etwas bieten, das zuvor Geld kostet. "Es gibt Pläne, die VIP-Räumlichkeiten, die keinen Blick auf das Spielfeld zulassen, mit einfachen Mitteln neu zu schaffen", sagt er, "Das muss man finanzieren, aber es würde sich auf zehn Jahre sicherlich rechnen. Wir müssen uns mit dem Präsidium, Vorstand und der Stadt zusammen setzen, um das anzugehen."

Ort und Design kennt er: Über dem Stehplatz Richtung Donau kann ein zweiter Stock in Leichtholzbauweise errichtet werden, inklusive Glasfronten und mit Blick auf die historische Altstadt und hinten das Stift Göttweig. Kostenpunkt für 200 Sitzplätze: Wohl eine halbe Million Euro: "Wenn es Förderungen von Stadt, Land und Fußballbund gibt, können wir das in fünf Jahren abbezahlen. Es wäre die Basis für eine höhere Liga."

Begeisterungsfähigkeit

Was in Krems alles möglich ist, zeigt das Cupspiel gegen Sturm. Über 6.000 Fans waren im Stadion. "Neben dem Wiener Sportclub schafft sowas derzeit kaum ein Ostligaverein. Unser Stadion ist zwar alt, aber schön und zweitligatauglich", erörtert er. Es fehlen zwar Parkplätze, aber vom Bahnhof geht man auch nur zehn bis 15 Minuten hin. Das passt in die Zeit. Summa summarum: "Wir können aber nicht mit Geld punkten. Die Spieler sind 20 Freunde, der Trainer ist aus Österreich, wir haben ein schönes Stadion und einen traditionsreichen Namen."

Am Ende wird aber auch das Timing entscheiden. Die zweite Mannschaft der Veilchen will irgendwann rauf, der Wiener Sportclub, sobald das Stadion fertig ist. Oberwart hat ebenfalls Ambitionen und ist nicht der einzige Klub. Was bleibt? "Wenn kein wirtschaftliches Wunder passiert, werden wir noch fünf Jahre benötigen. Aber Fußball ist nicht planbar, weder auf dem grünen Rasen noch außerhalb. Ich würde als Sponsor wohl lieber 200.000 Euro in Krems investieren als bei einem Verein eine Spielklasse höher. Das bringt vom Werbewert her sicherlich mehr". Auch eine Ansage.


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