1.734 Euro für zwei Nächte: Wie ÖFB und Ruefa mit teuren Fanreisen zum EM-Ticket verhelfen können [Exklusiv]
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1.734 Euro für zwei Nächte: Wie ÖFB und Ruefa mit teuren Fanreisen zum EM-Ticket verhelfen können [Exklusiv]

Tausende rot-weiß-rote Fans zittern, ob sie eines der begehrten Euro-Tickets für die Spiele des österreichischen Nationalteams zugelost bekommen. RUEFA, der "offizielle Travelpartner des ÖFB", könnte dabei Abhilfe schaffen: Mit überteuerten Reiseangeboten stellt man in Zusammenarbeit mit dem ÖFB einen fixen Ticketerwerb in Aussicht.

Das ist kein Problem. Solange das Angebot auf der Website online ist, gibt es auch Tickets im Hintergrund. Wir können das auf der Homepage jedoch aus rechtlichen Gründen nicht dazuschreiben, dass wir Ihnen Tickets anbieten.

RUEFA-Mitarbeiterin im Beratungsgespräch

Ziel ist es, hochwertige und verlässliche Angebote zu möglichst günstigen Preisen zu schaffen.

ÖFB-Statement zur Zusammenarbeit mit RUEFA

++ 90minuten.at PLUS- eine exklusive Recherche von Michael Fiala ++

 

1.734 Euro: So viel verlangt das Reisebüro RUEFA für eine Fan-Bus(!)reise nach Berlin mit zwei (!) Nächten im 4*-Hotel im Einzelzimmer, zum möglicherweise entscheidenden Gruppenspiel der UEFA Euro 2024 in Berlin gegen die Niederlande. Das Doppelzimmer gibt es immerhin schon um „nur“ 984 Euro. Wohlgemerkt: Tickets und andere Leistungen sind bei diesem Preis nicht inkludiert.

Zum Vergleich: Sucht man sich über bekannte Buchungsplattformen wie etwa booking.com für diesen Zeitraum ein 4*-Hotel direkt im Zentrum von Berlin und organisiert sich über einen Busanbieter die Fahrt selbst, so kommt man auf knapp über 800 Euro im Einzel- bzw. 435 Euro im Doppelzimmer. Beide Reisen kosten somit weniger als die Hälfte als die Angebote der RUEFA, das sich auf der Homepage „offizieller Travelpartner des ÖFB“ nennt und dies mit Zustimmung und Lizenzierung des größten Sportverbandes Österreichs auch darf. Das ist jedoch kein Einzelbeispiel: Für jeden Matchtermin (17. Juni Düsseldorf, 21. Juni Berlin, 25. Juni Berlin) gibt es Angebote von der RUEFA mit dem Flugzeug, Nightjet oder Bus (>> siehe RUEFA Fanreisen), die durchwegs deutlich über dem Preis der jeweiligen Leistungen von Einzelanbietern liegen.

Foto © Screenshot RUEFA Website
Zwei Nächte mit dem Bus nach Berlin um 1.734 Euro

So weit, so schlecht – oder auch egal. Man muss ja nicht über die RUEFA buchen. „Der Markt wird das schon regeln“, könnte man hier einwerfen. Prinzipiell ja, aber so einfach ist die Sache nicht, wie eine exklusive Recherche von 90minuten.at nun zu Tage gefördert hat. Denn möglicherweise nützt die RUEFA in Verbindung mit dem ÖFB hier eine gemeinsame Marktstellung, um Fans doch dazu zu motivieren, diese überteuerten Angebote zu buchen.

 

10 Tage Deutschland um 4.129 Euro

Doch der Reihe nach: Stein des Anstoßes dieser Recherche ist ein weiteres Reiseangebot der RUEFA, das 90minuten.at vergangene Woche am 4. Jänner 2024 ins Auge gestoßen ist. Denn der offizielle Travelpartner des ÖFB bietet auch ein „Follow Your Team“-Package an. Heißt konkret: Man fliegt am 16. Juni 2024 von Wien nach Düsseldorf, bleibt dort zwei Nächte, fährt dann mit dem Zug nach Berlin, um dort dann weitere acht Nächte zu verbringen. Am 26. Juni geht es mit dem Flieger von Berlin wieder nach Wien zurück. Der Preis, der für die Reise im 4*-Hotel (Doppelzimmer) ausgerufen wurde: 4.129 Euro. Wieder dazu angemerkt: Ohne Tickets.

Auch hier gibt der Selbstcheck Sicherheit: Bucht man sich einen Flug, den Zug und die Hotels in guter Lage selbst, kommt man auf rund 2.500 Euro. Eine Differenz von über 1.600 Euro.

Erneut kommt die Frage auf: Warum sollte man also eine total überteuerte (Fan)reise buchen?

 

Tausende Österreich-Fans zittern um Tickets

An diesem Punkt der Geschichte kommt eine entscheidende Wendung ins Spiel: Im Zuge der möglichen Online-Buchung für all diese Reisen gibt es immer zudem die Frage, ob man bereits im Besitz eines Tickets für das jeweilige Spiel ist oder nicht. Dazu muss man wissen: Die Verlosung der Euro-Tickets findet erst Ende Jänner statt. Bis dahin müssen die tausenden österreichischen Fans zittern. Im Dezember, kurz nach der Auslosung zur Gruppenphase der Euro 2024, startete nämlich die zweite Verkaufsphase – exklusiv und ausnahmslos auf der Website der UEFA. Bis Mitte Dezember konnte man sich um Tickets bewerben. Andere, offizielle Möglichkeiten für „normale“ Fan-Tickets gibt es nicht. Abertausende Fans aus den qualifizierten Ländern haben sich dabei um die begehrten Matches bemüht, natürlich auch aus Österreich. Das Interesse war laut UEFA groß, sehr groß.

Foto © Screenshot RUEFA Website
RUEFA ist "offizieller Travelpartner des ÖFB

„Die UEFA hat bekanntlich den Großteil des Ticketkontingents via www.uefa.com in Form einer Lotterie an alle Fußballfans verlost, jedem teilnehmenden Verband wurden für seine Gruppenspiele jeweils 11.000 Karten zugeteilt“, heißt es dazu vom ÖFB dazu auf Anfrage von 90minuten.at. „Auch der ÖFB hat diese Chance genutzt, um interne Zielgruppen zu priorisieren, die einen großen Beitrag zum Erreichen der EURO geleistet haben – so auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Wie auch international üblich, ermöglicht der Verband zum Beispiel Funktionär:innen, Klubs der Bundesliga und zweiten Liga oder auch Mitarbeiter:innen, Tickets zu kaufen. So kann jeder Bundesliga-Klub zum Beispiel 25 Tickets pro Match erwerben, jeder Zweitligaklub hat ein Anrecht auf 10 Tickets. Besonders interessant: Auch jede/r ÖFB-Mitarbeiter:in konnte bis zu 10 Tickets pro Match kaufen, wie der ÖFB gegenüber 90minuten.at bestätigte. Wie viele Tickets schlussendlich in den „freien Verkauf“ gekommen sind, wollte der ÖFB nicht beantworten.

 

RUEFA ist bei Erwerb von Tickets „behilflich“

Doch zurück zur Buchungsplattform der RUEFA. Unter dem Punkt „Matchkarten“ heißt es dort: „Ich bin nicht im Besitz eines Tickets und möchte vom Österreichischen Fußball-Bund Informationen über den Ticketerwerb erhalten. Aus diesem Grund stimme ich ausdrücklich zu, dass meine E-Mail-Adresse an den ÖFB weitergeleitet wird.“ Stimmt man diesem Punkt zu, öffnet sich ein weiteres Fenster, um die gewünschte Anzahl von Tickets (bis zu zwei Stück), für die jeweiligen Matches auswählen zu können.

Etwas komisch mutet dabei folgender Satz an, der ebenfalls im Zuge des Formulars geschrieben steht: „Gerne sind wir beim Erwerb von Tickets über den Österreichischen Fußball-Bund behilflich. Geben Sie bitte hier die Anzahl der benötigten Tickets ein.“ (siehe Bild unterhalb)

Foto © Screenshot RUEFA Website
"Gerne" ist die RUEFA beim Ticketerwerb über den ÖFB "behilflich"

„Behilflich“ ist natürlich ein dehnbares Wort. Wer will schon eine Busreise für zwei Tage nach Berlin um 1.734 Euro oder gar einen 10-tägigen „Follow your Team“-Trip buchen, wenn man nicht in Besitz eines Tickets ist? Wir wollten es daher genauer wissen und haben das RUEFA-Reisebüro am Freitag (5. Jänner 2024) zwei Mal (einmal am Vormittag, einmal am Nachmittag) angerufen, um als potenzieller Kunde mehr darüber zu erfahren.

 

„Es gibt garantierte Tickets“

Die äußerst kompetenten und über die Reise bis ins letzte Detail informierten Mitarbeiter:innen machten im Beratungsgespräch schnell und unmissverständlich klar: Wenn man über die RUEFA-Plattform eine Reise bucht, braucht man sich keine Sorgen um die Tickets zu machen. Konkret hieß es dabei im Telefonat: „Das ist kein Problem. Solange das Angebot auf der Website online ist, gibt es auch Tickets im Hintergrund. Wir können das auf der Homepage jedoch aus rechtlichen Gründen nicht dazuschreiben, dass wir Ihnen Tickets anbieten.“

Und von wem bekomme ich dann die Tickets? „Die Tickets werden vom ÖFB zur Verfügung gestellt. Wie gesagt, solange das Angebot auf der Website online ist, gibt es auch garantierte Tickets“, so die prompte Antwort aus dem Reisebüro. Sogar die Preise konnte man uns bereits nennen: „Die Tickets kosten jeweils entweder 150 oder 200 Euro, je nachdem, ob Kategorie 1 oder 2. Das kann ich Ihnen vorher aber nicht sagen, welche Kategorie Sie dann bekommen.“

Der Kreis beginnt sich also zu schließen: Mit der Aussicht auf fixe Tickets für die Gruppenspiele der Euro 2024 könnte man ja über den Schatten springen und die recht sportlich kalkulierten Preise in Kauf nehmen. Oder man riskiert eben und wartet die Verlosung ab, ob man nicht doch ein wenig Glück haben wird und Tickets zugesprochen bekommt.

 

Wundersame Preisanpassung übers Wochenende

90minuten.at hat noch am Freitag (5. Jänner) sowohl den ÖFB als auch RUEFA mit den Recherchen konfrontiert. Eine Anfrage, die bei der RUEFA offenbar bereits über das Wochenende für eine wundersame Preisanpassung gesorgt hat. Als Beispiel für die teuren Preise übermittelte 90minuten.at das „Follow Your Team Package“ um 4.129 Euro im Doppelzimmer. Und siehe da: Ohne auf die Anfrage zu antworten, kostete die gleiche die Reise am Montag um 9:00 Uhr plötzlich nur noch 2.894 Euro - also auf einen Schlag um 1.200 Euro weniger. ÖFB und RUEFA meinten dazu gegenüber 90minuten.at: „Der (Anm. von 90minuten.at ursprünglich) genannte Preis war eine zwischenzeitlich fehlerhaft generierte Anzeige und wurde bereits korrigiert!“

Wer geglaubt hat, dass auch alle anderen Preise „korrigiert“ wurden, der irrt. Offenbar war nur der Preis jener Reise inkorrekt, der von 90minuten.at (als Beispiel) beanstandet wurde. Die zweitägige Busreise nach Berlin im Einzelzimmer kostet weiterhin 1.734 Euro (Einzelzimmer) oder 984 Euro (Doppelzimmer) – beide Reisen gibt es wie schon erwähnt um den halben Preis bei Selbstbuchung der Einzelteile. Oder auch die eintägige Reise (mit einer Übernachtung) mit dem Zug nach Düsseldorf um 584 Euro. Für all diese Reisen liegen übrigens auch Angebote für Übernachtungen in „nicht klassifizierten Hotels“ vor, die weniger kosten. Auch bei diesen Reisen ist man jedoch mit eigenen Buchungen deutlich günstiger unterwegs.

Foto © Screenshot RUEFA Website
Direkt nach der 90minuten.at-Anfrage wurden die Preise für die "Follow your Team"-Reise um mehr als 1.200 Euro reduziert

Auf die Frage, wie diese Preise zustande kommen, wusste RUEFA nicht wirklich mit Antworten zu überzeugen. Einen Grund hat man dann doch noch gefunden: „Pauschalreisen unterliegen anderen Reisebedingungen. Wenn ein Teil der Reise ausfällt, kümmern wir uns um Ersatz. Wenn Sie die Einzelteile selbst buchen ist das nicht so und sie bleiben auf den Kosten sitzen“, so RUEFA-Pressesprecherin Andrea Hansal im Gespräch mit 90minuten.at

 

Ticket-Garantie

Aufhorchen ließ Hansal aber in einem anderen Punkt. Konfrontiert mit Gesprächen mit den eigenen Mitarbeiter:innen wollte die RUEFA-Sprecherin keinesfalls bestätigen, dass es eine Garantie auf ein Ticket für die Matches der Euro 2024 gebe. Wieso die beiden Mitarbeiter:innen dies jedoch unabhängig voneinander als „garantiert fix“ mit dem Hinweis auf das ÖFB-Kontingent bestätigten, konnte sich Hansal nicht erklären.

Von „garantierten Tickets“ will man beim ÖFB auf Anfrage von 90minuten.at übrigens auch nichts wissen. „Wir bekommen von der RUEFA die Wünsche nach Tickets übermittelt und schauen dann, ob wir diesem Wunsch entsprechen können“, meint dazu ÖFB-Pressesprecherin Iris Stöckelmayr.

Auf Nachfrage meint der ÖFB dann zu diesem Thema noch in einer schriftlichen Antwort: „Es gibt ausdrücklich keine Ticketgarantie für Personen, die eine Fanreise buchen. Jeder Verband verfügt im Rahmen der 11.000 Tickets über ein Kontingent, das generell nicht für den öffentlichen Verkauf vorgesehen ist. Eine Kartenanfrage, die an den ÖFB weitergeleitet wird und der entsprochen wird, würde im Rahmen der Verfügbarkeit von diesem internen Kontingent entnommen.“

Wenn man dieses Statement genau liest, widerspricht es aber auch nicht der Aussage der gründlichen Ruefa-Mitarbeiterin im Call-Center, die sinngemäß genau das gleiche nur umgekehrt formulierte: „Solange es Tickets im ÖFB-Kontingent gibt, ist das Angebot auf der Website online.“ Kurz gesagt: Durch den ständigen Abgleich mit dem vom ÖFB erwähnten „internen Kontingent“ kann offenbar eine Ticketgarantie sichergestellt werden.

Was verdient der ÖFB an den Reisen?

Besonders schweigsam ist der ÖFB auf die Frage, wie die finanziellen Flüsse zwischen RUEFA und ÖFB aussehen. In einem schriftlichen Statement des ÖFB heißt es lediglich dazu: „Der Mehrwert der Partnerschaft mit RUFEA wird für den ÖFB nicht durch den Verkauf von Reisen generiert, sondern durch die zuverlässige, zentrale Abwicklung sämtlicher Reiseaktivitäten des ÖFB und seiner Nationalteams in einem internationalen Netzwerk. Anders als in der Vergangenheit handelt es sich beim Vertrag mit RUEFA um kein Joint Venture, sondern eine reine Dienstleistungsvereinbarung.“ Auf zweifache Nachfrage, ob es eine Provision für jede einzelne verkaufte Reise über die RUEFA für den ÖFB gebe, gab es keine Antwort. Es bleibt also die Antwort auf die Frage offen, ob der Verband mit jeder verkauften Reise mitverdient, was durchaus marktüblich wäre.

 

„Ziel: günstige Preise“

Wichtig war dem ÖFB in dem schriftlichen Statement jedenfalls noch eine Feststellung: „RUEFA ist seit 2020 für das gesamte Travelmanagement des ÖFB und seiner Nationalteams verantwortlich und bietet darüber hinaus auch Reisearrangements für Medienvertreter:innen, Sponsoren und Fans an. Ziel ist es, hochwertige und verlässliche Angebote zu möglichst günstigen Preisen zu schaffen.“

Zumindest das Ziel nach „möglichst günstigen Preisen“ hat der ÖFB zum Leidwesen der Fans in diesem Fall verfehlt. Und schließlich bleibt eine schiefe Optik: Denn will ein Fan mit 100%iger Sicherheit die rot-weiß-roten Matches der Euro 2024 sehen, muss er (Stand heute) zu den nicht gerade fanfreundlichen Konditionen der RUEFA buchen, die dann dem Kunden „behilflich“ ist, diesen an der Hand nimmt und zum ÖFB führt, der sich dann laut den Angaben der beiden RUEFA-Mitarbeiter:innen um die „fix garantierten“ Tickets kümmert, die laut ÖFB von einem „internen Kontingent“ entnommen werden können.

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