Toptransfers: Warum Haaland oder Højlund und nicht Huber? [Exklusiv]
Warum fließen die Ablösesummen für Kicker in Österreich hauptsächlich für ausländische Spieler? 90minuten.at ist der Sache auf den Grund gegangen.
Unser Ziel ist es immer, regionale Talente zu haben, aber am internationalen Markt ist es leichter
Vielleicht reicht es von der Ausbildung her nicht? Oder es gibt nicht das entsprechende Vertrauen, die richtige Plattform.
Wir heißen Austria Wien und da soll viel Austria drinnen strecken. Wir möchten den Akademiespielern eine Perspektive bieten.
Es gibt auch große Transfers von österreichischen Spielern. Es ist jetzt eher ein Zufall.
+ + 90minuten.at PLUS - Eine Reportage von Georg Sander + +
In Österreich gibt es bekanntlich zwölf Bundesliga-Vereine und weil es sich um die österreichische Bundesliga handelt, kicken mehrheitlich Spieler mit rot-weiß-rotem Pass in der höchsten Spielklasse. Weil Arbeitnehmer in der Europäischen Union aber überall arbeiten dürfen, könnten die Klubs auch auf Kader setzen, in denen kein einziger Österreicher ist. Die Vereine versuchen durch den Österreicher-Topf gegenzusteuern. Wer mehr Einsatzminuten für heimische Kicker hat, bekommt mehr Geld. Eine gewisse Skurrilität ist der Logik nicht abzusprechen, es gibt für einen Vorarlberger im Rapid-Dress Geld, für einen Sportfreund aus Bratislava im selben Dress, obwohl viel näher, keinen Cent.
Allen Bemühungen zum Trotz aber sind die Transfers, die den Klubs am meisten Geld einbringen, jene von ausländischen Spielern. Erst der 19. bzw. 20.-teuerste Transfer (Stefan Lainer, Xaver Schlager) ist ein Österreicher. Unter den 50 höchsten Ablösesummen befinden sich gerade einmal 14 Österreicher, wobei Maximilian Wöber mit zwei hohen Transfersummen mit dabei ist, Ex-SCR-Kicker Mert Müldür für die Türkei kickt und auch noch Andreas Invanschitz' Wechsel von Rapid zu Salzburg dabei ist; vor 17 Jahren. Warum sind die großen Transfers also nicht rot-weiß-rot?
Zufall oder nicht?
90minuten.at hat sich in der Szene umgehört, woran es liegt, dass die großen Transfers ausländische Spieler sind. Neo-Altach-Sportchef Georg Festetics hält einmal grundsätzliches fest: „Im Scouting ist der Pass nicht entscheidend.“ Sein Lustenauer Pendant, Sportkoordinator Alexander Schneider, ortet überhaupt ein Gefälle: „Ich denke, dass es gerade für uns als kleinen Verein schwer ist, die österreichischen Toptalente zu bekommen. Unser Ziel ist es immer, regionale Talente zu haben, aber am internationalen Markt ist es leichter.“ Beim TSV Hartberg, aktuell Tabellenletzter, sieht man auch sportliche Gründe. Erich Korherr meint: „Es ist oft so, dass es ein halbes Jahr funktioniert, dann kommt eine Stresssituation und die jungen Spieler werden nicht mehr so viel eingesetzt.“
Überhaupt, so WAC-Vizepräsident Christian Puff, wäre auch der eine oder andere Kicker selbst schuld an der Sache: „Das ist schwierig, jungen Spielern zu vermitteln, dass, wenn sie ein, zwei Jahre Topleistungen bringen, der nächste Schritt schon kommt. Wenn ich drei Stufen auf einmal nehmen will, dann scheitert man.“ WSG Tirol-Sportchef Stefan Köck wirft zudem Fragen auf: „Vielleicht reicht es von der Ausbildung her nicht? Oder es gibt nicht das entsprechende Vertrauen, die richtige Plattform.“ Salzburgs Sportdirektor Christoph Freund, gewissermaßen 'schuld' an den großen Transfers, sieht es naturgemäß nicht so eng. „Ich glaube, es entwickeln sich viele junge Österreicher sehr gut, das sieht man auch daran, wie viele Österreicher in der deutschen Bundesliga spielen. Haaland oder Højlund sind ganz außergewöhnliche Spieler, aber ich bin überzeugt, dass viele auf einem guten Weg sind und auch solche Transfers machen“, erklärt er. Unlogisch ist es aber nicht, dass die Ablösesummen für Ausländer besonders hoch sind. Ein Blick auf die Zahlen hilft.
Wettbewerbslogik
Die 13 teuersten Ablösesummen wurden für Salzburg-Spieler gezahlt, dann kommt Rasmus Højlund und auf Platz 32 Max Wöbers Wechsel von Rapid zu Ajax Amsterdam. Hauptnutznießer des internationalen Transferwahnsinns ist Red Bull Salzburg. Das ist auch logisch: In den letzten Jahren arbeiteten sich die Bullen Stück für Stück in Europas Fußballelite vor, sind mittlerweile eben dort angekommen. Sturm, der LASK, Rapid und der Rest der Liga will entweder selbst in diese Richtung gehen - Højlund, Yeboah sind gute Beispiele für die Grazer – oder nascht mit. Ob Saša Kalajdžić (Platz 38) der Admira einen Millionenregen eingebracht hätte, wenn es nicht internationale Zugpferde geben würde?
Darüber hinaus wildern die internationalen Topklubs schon früh in den heimischen Akademien. Das Bologna-Duo Posch/Arnautović etwa wechselte in die jeweiligen U19-Teams von Hoffenheim bzw. Twente Enschede. Selbiges gilt für Nationalteam-Größen wie Superstar David Alaba, Innenverteidiger Pilipp Lienhart oder Offensivwirbelwind Christoph Baumgartner. Die Allerbesten sind also seltenst noch in Österreich, am wahrscheinlichsten noch in Salzburg. Es liegt also auch an der Funktionsweise des internationalen Fußballs. Was kann man also tun?
Österreicher-Topf als Hilfe
Abhilfe soll der Österreicher-Topf bieten, der es eben belohnt, wenn Österreicher auch eingesetzt werden. „Für uns ist der Österreicher-Topf eine große Geschichte“, meint Hartbergs Korherr. Manuel Ortlechner, bekanntlich bei der Austria Sportchef, ist ein Fan des Topfs: „Wir gehören zu den Vereinen, die den Topf sehr ernst nehmen. Wir heißen Austria Wien und da soll viel Austria drinnen strecken. Wir möchten den Akademiespielern eine Perspektive bieten.“ Auch Festetics kennt den Wert, formuliert aber drastischer: „Wir hängen am Österreicher-Topf, also drehen wir jeden Stein um, um die zwei, drei zu finden, die übersehen wurden.“
„Ich bin gespannt, wohin er sich entwickelt“, sagt wiederum Ortlechner. Wird der Top „aufgefettet“ oder „in der Bundesliga abgeschafft“? Stand jetzt, so der FAK-Vertreter, „pfeifen einige Klubs drauf. Das muss man respektieren, das können sie so entscheiden.“ Umgekehrt würde so mancher Klub auch davon profitieren. Der WAC etwa holt Kicker, die den Sprung zu früh gemacht haben, aber eben Qualität mitbringen. Die Austria will gleich „eine Anlaufstelle für junge Österreicher sein, die bei ihren Vereinen frustriert sind.“
Vielleicht aber, denkt sich zumindest Austria Klagenfurts Matthias Imhof, ist es ganz anders. „Ich glaube nicht, dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Es gibt auch große Transfers von österreichischen Spielern. Es ist jetzt eher ein Zufall“, erklärt er. Stand jetzt muss man aber festhalten: Die großen Transfers heißen Haaland, Højlund – und nicht Huber. Wie hier beschrieben, ist das eigentlich auch kein Zufall.