Eine Broschüre von Peter Schöttel
Nach ÖFB-interner Kritik an Sportdirektor Peter Schöttel wird dieser im Rahmen einer ÖFB-Präsidiumssitzung zum Rapport bestellt. Eine Posse über Vorgänge in einem der wichtigsten Fußballgremien Österreichs.
Ich habe mein Leben lang mit Kritik gelebt, speziell zu meiner Zeit bei Rapid. Ich bin als Spieler beschimpft und auch bejubelt worden, das gehört zum Geschäft dazu.
Es war ein allgemeiner Bericht, mehr oder weniger eine Redeübung von Peter Schöttel. Man müsste schon im Vorfeld konkretisieren, was man von Peter Schöttel genau wissen möchte.
Nachdem Peter Schöttel noch im Amt ist, dürfte dieser Bericht das Präsidium überzeugt haben.
++ 90minuten.at Exklusiv von Michael Fiala ++
Freitag, 26. Februar 2021, Palais Hansen Kempinski Vienna. Der ÖFB hält an diesem Tag im Wiener Nobelhotel seine Präsidiumssitzung ab. Österreichs Fußballwelt war rund einen Monat vor dem Auftakt der WM-Qualifikation gegen Schottland, Färöer und Dänemark noch guter Hoffnung. Die ganze Fußballwelt? Nein, einige Medien beäugten den Weg unter Teamchef Franco Foda bereits damals kritisch und auch innerhalb des ÖFB schien man nicht restlos überzeugt davon zu sein, dass die Direktion Sport unter der Führung von Peter Schöttel das Optimum heraushole.
Denn wie aus dem internen ÖFB-Präsidiumsprotokoll hervorgeht, gab es bei der Sitzung am 27. Februar deutliche Kritik an ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel. Diese Kritik ging sogar so weit, dass der Sportdirektor aufgefordert wurde, eine Präsentation seines Konzeptes vorzulegen. Der Sportdirektor wurde also zum Rapport bestellt.
Eine Broschüre erstellen?
In dem Protokoll vom 26. Februar, das 90minuten.at vorliegt (siehe Bild), heißt es: „Götschhofer erklärt, bei Schöttels Hearing im Präsidium vor 3,5 Jahren habe er verständlicherweise in der Kürze kein eigenes Konzept für die Direktion Sport vorlegen können. In der Zwischenzeit sei dies aber sicherlich möglich gewesen, und er ersuche daher, dies in der nächsten Sitzung des Präsidiums zu präsentierten. Das würde helfen, Kritik an der Direktion Sport entgegen zu treten.“
Interessant: Nach mehr als drei Jahren gab es offenbar erstmals im ÖFB-Präsidium das Interesse an einem Konzept des Sportdirektors. Gegenüber 90minuten.at meint Gerhard Götschhofer dazu: „Als Präsidium sind wir ein Aufsichtsrat und ich habe nicht mehr verlangt, als dass man regelmäßig einen Bericht bekommt, auch vom Sportdirektor.“ Gerhard Götschhofer ist Präsident des oberösterreichischen Fußballverbandes, der damals im Herbst 2017 eigentlich gerne Willi Ruttensteiners Vertrag verlängert hätte. Die Mehrheit entschied sich damals aber für Peter Schöttel. Die Wahl von Schöttel zum neuen Sportdirektor im November 2017 war von einem wochenlangen Geplänkel innerhalb des ÖFB-Präsidiums geprägt und sorgte dementsprechend auch für Irritationen: Während eine Gruppe rund um ÖFB-Präsident Leo Windtner den Vertrag von Willi Ruttensteiner verlängern wollte, setzte sich die Opposition mit ihrem Wahlvorschlag Peter Schöttel durch. Ausschlaggebend im zerstrittenen ÖFB-Präsidium damals waren die Stimmen der drei Bundesliga-Vertreter, die geschlossen für den ehemaligen Rapidler stimmten.
„Habe Optimierungspotenzial“
Schöttel selbst schien ob der Kritik im Februar dieses Jahres überrascht, wie aus dem Protokoll hervorgeht. Er denke, seine Abteilung arbeite gut und es sei nicht seine Art, sich ständig zu Wort zu melden oder Broschüren zu erstellen. Götschofer konterte und forderte Schöttel auf, dass aus dem Konzept hervorgehen solle, „dass man den richtigen Sportdirektor habe und innovativ gearbeitet werde.“
Im 90minuten.at-Interview (Hinweis: das komplette Interview mit Sportdirektor Peter Schöttel gibt es in den kommenden Tagen zu lesen) sagt Schöttel dazu: „Nein, das hat mich nicht überrascht, die Kritik an der Direktion Sport habe ich damals aber zum ersten Mal gehört. Ich habe mein Leben lang mit Kritik gelebt, speziell zu meiner Zeit bei Rapid. Ich bin als Spieler beschimpft und auch bejubelt worden, das gehört zum Geschäft dazu“, so der Sportdirektor, der ergänzt: „Ich denke, dass der Zeitpunkt für meine Präsentation sehr gut war.“ Schöttel räumt dabei ein, dass der eine oder andere im Präsidium auch nicht im Detail wusste, was alles in der Direktion Sport passiert sei. „In Punkto Eigendarstellung habe ich sicher Optimierungspotenzial. Insofern war ich froh, dass ich diese Möglichkeit bekommen habe.“
Der Sportdirektor präsentiert
Zeitsprung: 30. April 2021. In Klagenfurt findet die mittlerweile traditionelle ÖFB-Präsidiumssitzung einen Tag vor dem ÖFB-Cup-Finale statt. Auf der Tagesordnung steht unter anderem: Präsentation Peter Schöttel.
Die Sitzung dauert lange, mehr als vier Stunden. Es gibt viele Themen zu besprechen. Themen mit Brisanz wie zum Beispiel das neue Kompetenzzentrum, das der aktuelle Präsident Leo Windtner gerne in Aspern realisieren möchte, bei dem es jedoch Gegenwind gibt. Oder auch die Wahl zum ÖFB-Präsidenten, mit dem sich der Wahlausschuss unter der Leitung des steirischen Landespräsidenten Wolfgang Bartosch befasst (mehr dazu in einer exklusiven, weiteren Geschichte auf 90minuten.at in den kommenden Tagen).
Im Zuge dieser langen Sitzung präsentiert auch Peter Schöttel sein ÖFB-Konzept, wie gefordert. „Es haben alle aufmerksam zugehört, ich habe 45 Minuten präsentiert. Es ist legitim, ich stelle mich auch gerne der Kritik“, sagt Schöttel und zieht eine positive Bilanz: „Ich habe das auch in der Sitzung gesagt, dass der Übergang damals (Anm. nach dem Ende von Willi Ruttensteiner) schwierig war. Mittlerweile ist aber viel passiert, es gibt sehr viele Themen und natürlich wird dann meistens das Abschneiden das A-Teams als Beurteilung wahrgenommen.“ Dem ÖFB sei es als gesamter Verband sehr gut gelungen, über die Pandemiezeit zu kommen, weil man nun auch viel stärker abteilungsübergreifender zusammenarbeite als früher. „Es ist von meiner Seite großes Verständnis für jeden einzelnen Landespräsidenten da, der die Interessen seines Verbandes und seiner Vereine unterstützt. Wenn man aber gut kommuniziert und lösungsorientiert arbeitet, sind wir als Verband gut aufgestellt.“
Nur eine Redeübung?
Wie aus dem Umfeld dieser Sitzung jedoch zu hören war, zeigten einige der Präsidiumsmitglieder wenig Interesse an den Ausführungen des Sportdirektors. „Es stimmt, dass das Interesse am Bericht von Peter Schöttel überschaubar war“, bestätigt etwa Steiermarks Landespräsident Wolfgang Bartosch im 90minuten.at-Gespräch. „Ich habe mich auch gefragt, welchen Zweck dieser Bericht haben soll. Es war ein allgemeiner Bericht, mehr oder weniger eine Redeübung von Peter Schöttel. Man müsste schon im Vorfeld konkretisieren, was man von Peter Schöttel genau wissen möchte.“
Bartosch ergänzt: „Den Bericht hätte ich persönlich nicht gebraucht. Wenn ich eine Info von Peter Schöttel brauche, dann hole ich mir diese persönlich ein. Wir haben zum Beispiel in der Trainerausbildung viele Berührungspunkte, da sind wir auch in Kontakt.“
Lange Rede, wenig Sinn?
Bleibt am Ende noch die Frage, was das Präsidium mit diesem Bericht nun schlussendlich angefangen hat. Gab es etwa Forderungen, Konsequenzen oder neue Impulse für die Zukunft?
Bartosch: „Dieser Bericht wurde zur Kenntnis genommen. Er war sehr umfangreich, es war auch eine lange Sitzung, daher ist dieser Bericht danach auch nicht diskutiert worden.“ Und Götschhofer meint: „Der Bericht wurde ohne Fragen und Widerrede zur Kenntnis genommen.“ Habe man also den richtigen Sportdirektor? „Nachdem Peter Schöttel noch im Amt ist, dürfte dieser Bericht das Präsidium überzeugt haben.“
Und was meint Schöttel, dem man oftmals eine gewisse Lethargie in seinem Tun vorwirft: „Ich bin halt so wie ich bin“, sagt der 54-Jährige und meint abschließend: „Aber vielleicht sollte man auch mit meinen direkten Mitarbeitern reden und die befragen, wie ich so arbeite. Da würde das Bild dann vielleicht anders aussehen …“
Was bleibt über? Ein langer Text mit kurzem Sinn, denn eigentlich hätte man diese Geschichte auch in einem Satz erzählen können: Das ÖFB-Präsidium fordert nach rund 3,5 Jahren Amtstätigkeit ein Konzept des Sportdirektors an, das offenbar kommentarlos hingenommen, weil die Sitzung sowieso schon so lange gedauert hat.