Dörbi of Love: Fußballfest mit Schönheitsfehlern [Reportage]
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Dörbi of Love: Fußballfest mit Schönheitsfehlern [Reportage]

Am vergangenen Freitag stieg am ältesten noch bespielten Fußballplatz Kontinentaleuropas das kleine Wiener Derby zwischen dem Wiener Sportclub und dem First Vienna FC – über 6.500 Fans waren für den Heimverein eine zu große Herausforderung.

Wir haben die vergangenen Tage genutzt und uns intensiv mit der Organisation abseits des Sportlichen auseinandergesetzt.

Wiener Sportclub

Es wurde, offensichtlich, der Mehraufwand durch die 2G-Kontrollen unterschätzt.

Statement Wiener Sportclub

+ + 90minuten.at Exklusiv – Eine Reportage von Georg Sander + +

 

6.554 Fans waren offiziell am Wiener Sport-Club-Platz am vergangenen Freitag, das Spiel Wiener Sportclub gegen den First Vienna FC war ausverkauft. Um diese Zahl in Kontext zu stellen: Kein einziges der bislang 88 ausgetragenen 2. Liga-Spiele fand vor so vielen Besuchern statt, nur 23 der 66 bisherigen Saisonspiele in der Bundesliga lockten bisher mehr Fans ins Stadion als dieses Spiel; der Schnitt in der Bundesliga liegt aktuell bei 6.194 – eine große Herausforderung also für den Regionalligisten, noch dazu mit der geltenden 2G-Regelung – sprich: Beim Eingang müssen nebst der Karte auch Impfnachweis/negativer Test und Ausweis kontrolliert werden.

Der Wiener Sportclub musste bereits während des Spiels viel Kritik einstecken, da zu viele Besucher zum Teil weite Teile der ersten Halbzeit verpasst hatten, Gerüchte über dann einfach geöffnete Einlasstore oder zu viele Fans auf den Fantribünen – der Friedhofs- bei den Heim-, der „Blauen“ Tribüne bei den Auswärtsfans – machten die Runde. Bereits am Montag wandte sich die Fußballsektion des WSC an die Öffentlichkeit: „Wir haben die vergangenen Tage genutzt und uns intensiv mit der Organisation abseits des Sportlichen auseinandergesetzt. Insbesondere war es uns wichtig, die von euch an uns herangetragenen Vorkommnisse aufzuarbeiten. Erste Erkenntnisse lassen für uns den Schluss zu, dass einige, wenn auch nicht alle, Kritikpunkte mit anderer Planung hätten verhindert werden können.“ Auf die konkreten Vorwürfe, die sich im Laufe des Samstages online schon gesammelt hatten, ging der Verein nicht ein. Am heutigen Mittwoch wurden die schon am Tag nach dem Spiel von 90minuten.at gestellten Fragen schließlich beantwortet.

 

Offene Tore und zu viele Menschen?

Wer wie 90miuten.at vor Ort war, dem war schon weit vor Anpfiff klar, dass die 2G-Kontrolle umzusetzen schwierig wird. Hunderte Fans verpassten das Führungstor der Vienna, weil neben der Karte auch Impfnachweis/Test und Ausweis kontrolliert wurden. Hier hat sich der Verein, der ohne dem Dörbi bislang auf einen Zuschauerschnitt von rund 1.670 kam, verkalkuliert. Es wurde, offensichtlich, der Mehraufwand durch die 2G-Kontrollen unterschätzt“, heißt es in der Antwoert des Vereins. Berichte von Fans, die auf der Blauen Tribüne an der Hernalser Hauptstraße vermuteten, dass irgendwann aufgrund des großen Ansturms die Tore geöffnet wurden, lassen sich durch den Verein hingegen nicht bestätigen: „Aber um die Situation nicht eskalieren zu lassen, wurde rund 20 Minuten nach Spielbeginn nur noch kontrolliert, ob die Personen Karte, Impfnachweis/Test und Ausweis dabei hatten.“ Man musste also drauf vertrauen, dass die gezeigten Dokumente auch zusammenpassten.

Sprich: Die Qualität der Kontrolle konnte nicht mehr gewährleistet werden, die Möglichkeit, dass Personen ohne (gültige) Papiere reinkamen, wäre demnach gegeben gewesen, gibt der Klub zu. Auf der Friedhofstribüne, von der 90minuten.at aus das Spiel verfolgte, aber auch auf der gegenüberliegenden Vienna-Fantribüne, war auffällig, das sehr viele Menschen da waren. Zu viele? Die von der zuständigen Magistratsabteilung vorgegebene Anzahl an Personen wurde laut Verein jedoch nicht überschritten, alles wurde bei der Begehung abgenommen, aber „aufgrund zahlreicher Transpis waren die ersten drei, vier Reihen nicht nutzbar.“

 

Learnings aus der Situation

Wie der Club wissen lässt, stünden noch Gespräche mit Vertertern der Vienna aus. Aber was der Verein selber ändern kann, weiß man beim WSC schon: „Eine 2G-Registrierung vor dem Einlass, separat oder beim Kartenverkauf, scheint ebenso sinnvoll wie ein Leitsystem vor den Eingängen.“ Darüber hinaus könnte bei Spielen der Größenklasse auch der zweite Eingang auf der Blauen Tribüne oder ein Aufstockung des Ordnerpersonals helfen. Detaillierte Learnings könne es beim Amateurverein so kurz nach dem Match noch nicht geben.

Es herrscht also auf jeden Fall Problembewusstsein vor, dass sich eine solche Situation nicht wiederholen sollte, beim Rückspiel auf der Hohen Warte, wo wohl ähnlich viele Fans erwartet werden, muss es anders ablaufen. Und ob die beiden Vereine nächste Saison wieder in Hernals gegeneinander spielen, wird sich weisen – die Vienna untermauerte nicht zuletzt mit dem 3:0-Auswärtssieg die Aufstiegsambitionen, dem Sportclub fehlt für den 2. Liga-Aufstieg hingegen noch das noch fertig zu sanierende Stadion. Im Gegensatz dazu scheint eine reibungslosere Organisation relativ einfach umsetzbar zu sein.

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