Einzelspielerkritik: Warschauer Relativitäten
In einem Nationalstadion auf der Höhe der Zeit zeigte Österreichs Nationalteam eine beherzte Vorstellung, bleibt in Bewerbsspielen gegen Polen jedoch weiter ohne Sieg.
Seine subtile Fähigkeit zum frühesmöglichen Moment robust einzuschreiten, ließ vom Gegner angestrebte Realitäten im bloß Möglichen verhungern.
Auch in der Folge war seine Autorität in mancherlei Szene ebenso unübersehbar wie der Respekt der Polen. Wie gewohnt sehr verlässlich beim Behaupten von Bällen, manchmal aber etwas zu pomadig, was deren Weiterleitung betraf.
Die Einzelspielerkritik von Michael Robausch
Cican Stankovic: Parade von Welt bei Kopfball von Glick nach einer halben Stunde als erste und eindrücklichste Bewährungsprobe des Abends. In der Folge eigentlich weniger im Fokus als vielleicht befürchtet. Aufmerksam herauslaufend eher am Ball als der anstürmende Grosicki (56.). Insgesamt, und trotz kleinerer Unschärfen da und dort, mit einer Leistung, die eine dauerhafte Einser-Stellung durchaus argumentierbar erscheinen lässt.
Stefan Lainer: Für Österreichs Außenverteidiger - und also auch für ihn - war dieses Spiel eine Gratwanderung. War einerseits konstruktives Einbringen bei Ballbesitz unverzichtbar, barg jedes zu eilfertige Aufrücken angesichts der polnischen Überfallstaktik das große Risiko dem Gegner die Flanken offen darzubieten. Das war etwa nach einer halben Stunde der Fall, als der Gladbacher Grosicki jenen Freiraum eröffnete, aus welchem Lewandowski die beste polnische Gelegenheit ideal vor das das Haupt servierte (29.). Lieferte sich mit dem Mann von Hull City danach wiederholt hochenergetische Auseinandersetzungen, in die sich beide mit wildem Vergnügen zu stürzen schienen. Bildete, was die Seitenlage betrifft, gemeinsam mit Lazaro an diesem Warschauer Abend das ausgewogenere ÖFB-Tandem.
Stefan Posch: Martin Hintereggers Muskel spülten den jungen Mann in die Stammformation und sein zweites Länderspiel. Lieferte einen dezenten, dabei aber überaus professionellen Auftritt, bei dem er sich immer wieder als Backup für Abwehrchef Dragovic bewährte. Kassierte kurz vor der Pause als Ouvertüre eines Kopfballduells eine Gerade von Lewandowski, erholte sich davon aber flugs (43.). Die Zweikampfführung des Hoffenheimers behielt auch danach ihre klare Kante. Er war da wenn er es musste, Ruhe und Übersicht verlor er nie.
Aleksandar Dragovic: Zwischen ihn und Lewandowski passte wiederholt kein Blatt. Wenn doch, waren Kollegen um Assistenz bemüht. Mit Teamwork also hielt man Polens Aushängeschild vor der Pause zumeist ordentlich in Schach. Nach einer halben Stunde allerdings verlor der Leverkusener seinen Mann eklatant aus den Augen, der daraufhin völlig frei zum Kopfball kam. Es sollte der einzige Fauxpas des Routiniers bleiben, der in einer souveränen zweiten Halbzeit alles unter Kontrolle hatte. Bemerkenswert, die gute Abstimmung mit Nebenmann Posch, schließlich trat dieses Duo erstmals zusammen auf. Sein Zuspiel eröffnete Arnautovic zum Darüberstreuen auch noch die beste österreichische Chance nach der Pause.
Andreas Ulmer: War mit zügigem polnischen Umschaltwirbel (und dabei manchmal mit gleich zwei Gegenspielern) ganz besonders konfrontiert und dabei nicht immer im Bilde. Sah sich öfter als ihm wohl lieb war seinem Mann hinterherhecheln, sei es der flotte Kownacki oder in späteren Spielphasen der nicht minder temporeiche Grosicki. Offensivakzente des Salzburgers blieben diesmal aus, er war dafür vielleicht manchmal auch zu sehr auf sich allein gestellt.
Julian Baumgartlinger: Im Verein mit Nebenmann Laimer ganz besonders gefordert, Polens Umschaltwillen einzuhegen. Das gelang mit gewohnt makellosem Arbeitsethos oft auf eindrückliche Weise. Auch die postwendend eintretende Anforderung, seinerseits spielaufbauend tätig zu werden, gelang weitgehend solide. Bei einem heiklen Kopfballduell mit Glik zweiter Sieger (30.).
Konrad Laimer: Immer wieder und in erster Linie darauf aus, polnische Konstruktivität schon im Ansatz zu ersticken. Besonders Krychowiak hatte beim robusten Gegenpressing des Leipzigers wenig zu lachen. Seine subtile Fähigkeit zum frühesmöglichen Moment robust einzuschreiten, ließ vom Gegner angestrebte Realitäten im bloß Möglichen verhungern. Bei einem herzhaften Distanzschuss lag sein zweites Tor im Teamdress nicht wirklich in der Luft (62.). Tauchte auch einmal im Strafraum auf und bewies seine Polyvalenz endgültig, als er nach der Herausnahme Lazaros an dessen Stelle vorübergehend gar den rechten Flügel bearbeitete.
Valentino Lazaro: Hielt seine Position auf der rechten Seite viel konsequenter als im Spiel gegen Lettland. Die Wirkung hielt sich in Grenzen. Kaum einmal kam der Neu-Mailänder wirklich in ein Duell Mann gegen Mann, und wenn doch, dann eher nicht vorbei. Ein schwieriger und nicht ganz geglückter Volley war sein herausragender Moment.
Marcel Sabitzer: Umgekehrte Vorzeichen nach einer halben Stunde, als auf einmal Österreich konterte. Der Leipziger war dabei die Hauptperson, führte den Ball entschlossen durchstartend tief aus eigener Hälfte nach vorne und brachte auch noch einen Schuss an (33.). Mit Übersicht setzte er wenig später Lazaro ein (34.). Konnte, wie bei der diesmaligen Konfektionsgröße des Gegners auch zu erwarten war, nicht derart hell glänzen wie gegen Lettland. Das hielt ihn jedoch beileibe nicht davon ab, seine Dynamik und ausgefeilte Technik immer wieder eifrig ins Spiel zu bringen. Tauchte links wie rechts auf, kam aus der Tiefe - und holte so auch den ein oder anderen Freistoß für sein Team heraus.
David Alaba: Füllte im Bedarfsfall die Rolle des linken Außenverteidigers anstatt des aufgerückten Ulmer aus, er kennt sie aus München. Hatte somit ordentliche Distanzen zu bewältigen, tat das anstandslos. Rückte mit Fortschreiten des Spiels bei Ballbesitz immer öfter ins Zentrum ein. Sorgte dort dann zwar für Überzahl und passable Initiativen, dafür fand sich Ulmer ohne Spielpartner allein auf weiter Flur. Eine Reihe geblockter Schussversuche, ein Freistoß mit Höhenrausch: Das war's.
Marko Arnautovic: Erster Abschluss in Minute vier, Mangel an Präzision ließ die Übung für Keeper Fabianski mäßig herausfordernd enden. Ähnliches, in Kombination mit einer Prise Geladenheit, dann im Tackling gegen Kownacki mit gelber Folge (8.). Beim Kopfball wenige Sekunden später passte beinahe alles, der Ball küsste die Außenstange (10.). Auch in der Folge war seine Autorität in mancherlei Szene ebenso unübersehbar wie der Respekt der Polen. Wie gewohnt sehr verlässlich beim Behaupten von Bällen, manchmal aber etwas zu pomadig, was deren Weiterleitung betraf. Auch nach Seitenwechsel mit der ersten gefährlichen Aktion, doch gegen das clevere Winkelspiel von Fabianski war es schwer (49.). Bei einem weiteren Duell gegen den ehemaligen Kollegen bei West Ham, verlor er etwas an Konzentration und Gleichgewicht (66.), musste zu einer Notlösung mit Außenrist greifen. Kam im letzten Drittel der Partie kaum noch zur Geltung, Kopf und Tank schienen geleert.
Stefan Ilsanker (ab 77. für Lazaro): Nach seiner Einwechslung die Position Laimers im defensiven Mittelfeld angestrebt und erreicht.
Michael Gregoritsch (ab 89. für Laimer): Sein größter Gegner war die Uhr.