Einzelspielerkritik: Ein Wille findet seinen Weg

Österreichs Fußballnationalteam schlägt trotz einer von Passivität und offensiver Planerstellung in Echtzeit charakterisierten Vorstellung Israel 3:1 und greift nach der EM-Endrunde.

Drehte sich vor Israels Führung im Angesicht Zahavis wie ein Kreisel mit Bleiweste.

... über Martin Hinteregger

Die Passqualität des etatmäßigen Staubsaugers glich an diesem Abend in ihrer Präzision jener eines volltrunkenen Feinmechanikers.

... über Julian Baumgartlinger

All die Läuse über der Leber wurden geschmeidig in verbale und auch körpersprachliche Ausbrüche aller Art überführt. Der Mann trägt eben sein Herz auf der Zunge und neigt zu Hader mit sich und dem Universum.

... über Marko Arnautovic:

Cican Stankovic: Ließ sich von der allgemeinen Dösigkeit seiner Vorderleute anstecken und nahm eine Flanke auf Zahavi in flatterhafter Lethargie in Angriff. Gegen das Kreuzeck des 0:1 war dann kein Kraut gewachsen (34.). Rätselhaftes Herausspielen in der Schlussphase, dem im Bemühen der Wiedergutmachung ein Ansatz zu vermutlich ungewolltem Slapstick folgte, angesichts dessen das Lachen im Hals stecken blieb (75.). Pflichtparade nach neuerlichem Zahavi-Schuss wenig später.

 

Stefan Posch: In der zähen Anfangsphase wie auch die Kollegen nicht nah genug am Mann, dabei offensiv außerordentlich zögerlich. Versuchte Zahavi vom Erdgeschoß aus am Kopfball zu hindern, was wenig überraschend mäßigen Erfolg nach sich zog. Kam in der Rolle des Außenverteidigers insgesamt bei weitem nicht zu so erfreulicher Geltung wie zuletzt als Partytiger-Ersatz von Warschau.

 

Aleksandar Dragovic: Beim Weltgoal Zahavis nach Noten düpiert, man sah ihn ganz allgemein schon souveräner. Liebster Adressat ist und bleibt Nachbar Hinteregger, welchem die überwiegende Zahl seiner Passes gewidmet war, ist und vermutlich auch bleiben wird. Aufbau von hinten heraus ist, auch das keine bahnbrechende Erkenntnis, seine Sache eher nicht. Konsolidierte sich wie so mancher Nebenmann im Verlauf der Zeit.

Martin Hinteregger: Wenig zupackender Start, als er Hauptgefahr Zahavi sich wenden und abschließen ließ (1.). Es folgte im Kontext einer eigenartig fahrigen österreichischen Anfangsphase ein Stellungsfehler, welcher durch einen gnädig lange segelnden Ball ausgebügelt wurde. Nach einer Viertelstunde geriet sein Plan B, ein als Paukenschlag konzipierter Weitschuss angesichts des nichtexistenten Plans A, zum Schlag ins Wasser (15.). Drehte sich vor Israels Führung im Angesicht Zahavis wie ein Kreisel mit Bleiweste. Die sukzessive Steigerung danach nahm an ihrem Höhepunkt übernatürliche Dimensionen an: sich zur Verblüffung aller wie aus dem Nichts im Sturmzentrum materialisierend, legte er einen gerdmüllerhaften Bewegungsablauf nach, welcher nur im Führungstor enden konnte (56.).

 

Andreas Ulmer: Nahm über weite Strecken in aller Dezenz am Geschehen teil, die Abstimmung mit Laimer kippte in der Regel tief in Richtung disharmonischer Gefilde. Seine Dynamik und alles was aus ihr erwächst, ließ er im Köcher. Ging etwa nur in ganz seltenen Fällen bis zu Gegners Grundlinie durch und wirkte dort wie ein Missverständnis.

 

Stefan Ilsanker: Hobelte mit ordentlich Spänen. Trotz verbissenstem Bemühen in der Zweikampfführung diesmal durchaus ineffizient. Die israelischen Kreise im Zentrum konnten insbesonders in der ersten Halbzeit nicht im erforderlichen Umfang eingeschränkt werden. Unsauberkeiten sollten bis zum Ende seinen Weg begleiteten, was vielleicht auch dem mangelnden Rhythmus angesichts von Leipziger Reservistenrollen geschuldet sein mag.

Julian Baumgartlinger: Brachiales Fahren in Natchos Parade, konzipiert womöglich als Statement in Form eines schmerzvollen Weckrufs für das eigene Lager (31.). Nach der Minimalkonsequenz Gelb folgte kurze Zeit später als Zugabe noch ein Ellbogen zur Schläfe des israelischen Kapitäns. Referee Collum ließ entweder Nachsicht oder Durchblicksschwäche walten. Die Passqualität des etatmäßigen Staubsaugers glich an diesem Abend in ihrer Präzision jener eines volltrunkenen Feinmechanikers. Auch dies eine Bruchstelle für jegliches flottere Umschalten.

 

Valentino Lazaro: Sein tiefenentspannter Ausgleich zwischen daherschlitterndem Verteidiger und herauseilendem Schlussmann hindurch nahm angesichts des Spielverlaufs beinahe epochale Bedeutung an (41.). Nicht zuletzt durch seine Angriffswilligkeit jedoch bereits davor einer der relativ genügenderen Österreicher, obwohl es ihm angesichts des passiven Posch in der Regel an einem Partner gebrach. Nach der Pause im unstrukturiert wirkenden Hin und Her innerhalb der österreichischen Offensivreihe etwas verloren. Hatte nach famoser Finte Gregoritschs die Entscheidung auf dem Fuß (87.), mangelnde Haltung jedoch sandte seinen Abschluss himmelwärts.

 

Marcel Sabitzer: Österreichs zuletzt Bester blieb es vorbehalten nach endlich zügiger Kombinatorik den ersten Gefahrenmoment zu gestalten. Der Schuss des Wanderers zwischen den Linien wurde jedoch so entscheidend wie ungünstig abgefälscht (26.). Famoser, raumschaffender Laufweg vor dem Ausgleich. Seine Ordnungs- und Verteilungsfunktion kam diesmal nur leidlich zur Geltung, trotzdem kann der Leipziger als Lichtblick durchgehen. Nicht zuletzt deshalb, weil, dank diesmal gnädigen Rikoschettierens, sein finaler Willensakt die Richtung änderte und als 3:1 in den Maschen landete (88.).

 

Konrad Laimer: Als diesmaliger Alaba auf den linken Flügel herüber- und nach vor gezogen. Diese Postition hielt er beim Spiel gegen den Ball recht konsequent, bei Eigeninitiative zog es ihn wiederholt ins angestammte Zentrum. Dort kamen seine Stärken klar besser zur Geltung, erblühten bis zur Pause auch seine zwei, drei erfreulichsten Szenen. Die Orientierung am ungewohntem Ort fiel ihm sichtlich nicht leicht, selbiges galt für die Koordination mit Hintermann Ulmer. Dass er nichtsdestotrotz der auffälligste österreichische Nachsetzer war, sagt einiges über die Pressingintensität des Abends. Eine Sendung auf gut Glück entpuppte sich kurz vor seinem verletzungsbedingtem Abgang auch noch als Assist zu Goal Nummer zwei.

Marko Arnautovic: Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Dass er früh tief fiel, war offensichtliches Symptom der frustrierenden Nichtigkeit der ersten 25 Minuten. Doch auch in der Etappe wollte das Einmaleins nicht aufgehen. All die Läuse über der Leber wurden geschmeidig in verbale und auch körpersprachliche Ausbrüche aller Art überführt. Der Mann trägt eben sein Herz auf der Zunge und neigt zu Hader mit sich und dem Universum. Zwischendurch ging sich ein Volley aus kurzer Distanz aufs kurze Eck aus, den Tormann Marciano jedoch an den Pfosten zauberte. Alles sauber dann bei der Vorbereitung von Lazaros Ausgleich. Zog nach der Pause auch bei der Chance zur Führung gegen Israels Keeper den Kürzeren, welcher diesmal den Fuß am rechten Fleck hatte (44.). Das letzte Wort hatte eine zwickende Oberschenkelhinterseite.

 

Louis Schaub (ab 59.): War bei seinem Kommen ausführlichen Zärtlichkeiten eines dem Tätschelmodus verfallenen Arnautovic ausgesetzt, revanchierte sich mit einem wunderbaren Schlenzer zwischen die Linien (71.). Sammelte zusätzlich zu diesem Andeuten von Vorlagenqualität noch eine erkleckliche Anzahl an Ballkontakten, war also durchaus ordentlich im Spiel.

 

Christopher Trimmel (ab 63.): Fischte mit dem längsten Bein der Welt erst Ben Harush den Ball vom Fuß (70.), legte er hernach die Trennung vom Spielgerät aber viel zu traumverloren an. Letzteres sollte sich danach noch das ein oder andere Mal wiederholen. Wirkte insgesamt leicht unrund, also eckig. Bei der tempierten Vorlage Richtung Arnautovic war das aber ganz und gar nicht der Fall (80.).

 

Michael Gregoritsch (ab 82.): Als menschgewordener Tunnel und Verteidigungsverwirrer selbstloser Ermöglicher einer Großchance (von Lazaro). Das ist für wenige Minuten schon recht viel.