Die schöne Fußballwelt ist am Ende belanglos
Als er noch als Zuseher auf der Tribüne saß, war es für ihn eine schöne Vorstellung, aktiver Teil der Fußballwelt zu sein. Es war dann über zehn Jahre lang die Realität. Am 16. Februar 2018 ist der frühere Sturm- und aktuelle Bundesligapräsident Hans Rinner im Alter von 54 Jahren gestorben.
Ein Nachruf von Jürgen Pucher
Ein befreundeter Kollege hat mir einmal erzählt, er habe Hans Rinner getroffen und unter anderem sei folgender Satz gefallen: ‚Mit dem Pucher hab‘ ich mich einige Male ordentlich gefetzt. Aber das gehört dazu.‘ Das hat mich gefreut. Vor allem, weil ich, bei aller Kritik, die ich an seinem Wirken immer wieder geübt habe, ein Statement über Rinner nie ohne eine ähnliche Relativierung beenden wollte. Nämlich jener, dass er bei allen Auseinandersetzungen, die wir über viele Jahre hatten, nie ‚zugemacht hat‘. Die Gesprächsbasis blieb nach einer Abkühlungsphase immer aufrecht. Das unterschied Rinner in hohem Maße von vielen anderen im Fußballgeschäft, wo das Beleidigtsein an allen Ecken und Enden eine der verbreitetsten Eigenschaften ist.
Sanierung des SK Sturm als größter Erfolg
In den Wirren nach der Hannes Kartnig-Ära betrat Hans Rinner die Fußballbühne. 2006 wird er Vizepräsident beim SK Sturm, zwischen 2007 und 2010 Präsident. Der Eigentümer einer Kälteanlagenfirma aus der Weststeiermark war Teil der ‚Retter‘, die mit großem Einsatz einen Konkurs der Grazer Schwarz-Weißen damals abwenden konnten. Im Jänner 2007 verkündete er stellvertretend nach dem durchgestandenen Insolvenzverfahren im Grazer Landesgericht: ‚Der SK Sturm ist frei!‘. Der Begriff ‚Rettung‘ gefiel dem Unternehmer nicht: ‚Sturm wurde in den drei Jahren danach durch eine höchst erfolgreiche Sanierungsarbeit wieder auf gesunde Beine gestellt.‘ Das sei sein größter Erfolg als Fußballfunktionär gewesen. Der offizielle SK Sturm ehrte ihn dafür später mit der Umbenennung vom Alt- zum Ehrenpräsidenten.
Auch als die Präsidenten-Zeit bei Sturm 2010 unter Tränen, nicht ganz freiwillig, zu Ende ging, vergaß er nicht auf das pathetische Moment. ‚Meine Mission ist erfüllt‘, sprach er ins Auditorium. Der Semriacher mochte den ‚großen Auftritt‘, die Bühne. Der Cupsieg als Sturmboss war ihm 2010 vergönnt. Die Krönung der Wiederauferstehung des Vereins, den Meistertitel 2011, erlebte Rinner auch hautnah mit, aber schon von der anderen Seite. Er übergab, wieder als Präsident, nämlich als jener der Bundesliga, seinem Nachfolger Gerald Stockenhuber den Meisterteller. Rinner betonte später, er hätte den Moment auch so genossen, aber der Schmerz war ihm anzusehen. Der Ex-Chef der Blackies machte nie einen Hehl daraus, ‚dass da ein Teil von mir dabei ist.‘
Ein ‚Blitzgneißer‘ mit großem Ego
Hans Rinner wollte und konnte streiten, wenn er ein Ziel verfolgt hat. Er war das, was man ein Schlitzohr nennt, zusätzlich ausgestattet mit einem nicht gerade klein geratenen Ego. Wem er nichts Gutes wollte, musste sich durchaus warm anziehen. Aber Hans Rinner war auch ein interessanter Gesprächspartner mit einem scharfen Verstand. Vielfach unterschätzt wegen seines breiten steirischen Dialekts, war er aber oft der, in kleiner oder großer Runde, der die wesentlichen Zusammenhänge am schnellsten erfasst hat. ‚Blitzgneißer‘ sagen zu einem Mann wie Rinner die einen, ‚bauernschlau‘ die anderen. Wenn ihm Fehler unterliefen, dann wegen seines Sendungsbewusstseins, aus Eitelkeit. Nie deshalb, weil er etwas nicht ‚überrissen‘ hat.
Rinner hat sein Amt bis zuletzt ausgeübt, es sei seine Ablenkung von schlechten Gedanken gewesen. Obwohl es meistens im Verhältnis zu seiner gesundheitlichen Situation um genau gar nichts mehr ginge. Seine letzten Taten in der Bundesliga waren das geänderte Ligaformat, das ab nächster Saison in Kraft tritt, und der dazugehörige neue TV-Vertrag. Und nicht zuletzt half er, von Krankheit schon schwer gezeichnet, tatkräftig mit, dass Franco Foda, dessen Förderer er immer war, Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft werden konnte. Als Rinner im Sommer das Wiederausbrechen seiner Krebserkrankung öffentlich machte, zeigte die Grazer Nordkurve ein Transparent mit der Aufschrift: ‚Hans, du bist ein Kämpfer, du wirst es schaffen!!!‘ Ein Zeichen der Anerkennung aus einer Ecke, in der er über die Jahre auch nicht immer nur gern gesehen wurde. Aber auch die Tür fiel nie ganz zu, ein Rest an gegenseitiger Wertschätzung blieb erhalten.
Als ich von Hans Rinners neuerlicher Erkrankung erfuhr, schrieb ich ihm eine Nachricht. Etwas über den sonnigen Tag, die Belanglosigkeit von ‚Scharmützeln‘ im Fußballumfeld und die Wiedergenesung als einzige Sache von Relevanz. Er dankte und fügte hinzu: ‚Bis bald auf ein Scharmützerl.‘ Es sollte leider nicht mehr dazu kommen. Am 16. Februar ist Hans Rinner gestorben.
Hinweis: An diesem Wochenende wird in Gedenken an Hans Rinner bei allen Spielen der Tipico Bundesliga eine Trauerminute abgehalten.
Nachruf von Sturm Graz