Quo Vadis, Frauenfußball? Die Probleme hinter der EM-Euphorie

Während die Frauen-Nationalmannschaft in den letzten Monaten mit ihren Erfolgen für Begeisterung sorgte, zeigt sich in der Breite ein anderes Bild. Hier kämpfen Jahr für Jahr Frauenteams um die Existenz. Von Stefan Berndl

Reportage Frauenfußball in Niederösterreich:  Seite 1 - Seite 2 - Seite 3

 

In wenigen Tagen ist es soweit. Das österreichische Frauen-Nationalteam startet gegen die Schweiz in seine erste EM-Endrunde. Der Sieg gegen Dänemark im letzten Testspiel vor dem Turnier hat noch einmal Auftrieb gegeben. Die Vorfreude ist groß. Auch im Umfeld. Medial wurde das Team so ausführlich wie selten zuvor begleitet, Interviews mit Teamchef Dominik Thalhammer, oder Kapitänin Viktoria Schnaderbeck standen an der Tagesordnung. Die Frauen-Mannschaft hat sich in den letzten Monaten und Jahren stetig weiterentwickelt. Die EM ist nun der vorläufige Höhepunkt.

Es scheint also, als würde der Frauenfußball in Österreich gerade einen Aufschwung miterleben. Doch der Eindruck täuscht. Die Probleme der letzten Jahre haben sich nur bedingt gebessert, viele Teams kämpfen ums Überleben. Ein Blick nach Niederösterreich – wo die besten beiden heimischen Frauenteams der letzten 15 Jahre zu finden sind – macht deutlich, wo die Schwierigkeiten und Herausforderungen liegen. Eine große Rolle spielt dabei der finanzielle Aspekt.

Wenn der Seriensieger um die Existenz fürchtet

Das beste Beispiel dafür ist aktuell Neulengbach. Das Frauenteam war zwischen 2002 und 2013 eine Klasse für sich. Zwölf Meistertitel, zehn Cupsiege stehen zu Buche. Konkurrenz war – zumindest in den Anfangsjahren der Erfolgsserie – kaum vorhanden. Doch binnen weniger Monate verkehrte sich das ins Gegenteil. „Sicher hat damals alles mitgespielt“, erzählt Vereinsobmann Thomas Wirnsberger. Er ist seit einem Jahr neuer Obmann der Neulengbacher, seit wenigen Wochen auch für die Damen zuständig. „Erst ist der Hauptsponsor (Anmerkung: Pflegeheim Beer) abgesprungen, dann sind wir nicht mehr Meister geworden. Das ist dann eine große Summe, die abhanden kommt“, weiß Wirnsberger.

Dazu kam, dass der Klub aufgrund des ausbleibenden sportlichen Erfolgs auch auf die Spitzensportförderung des Landes Niederösterreich verzichten musste. Die Konsequenz: Neulengbach steckte zurück, viele Spielerinnen verließen das Team in Richtung St. Pölten oder gingen ins Ausland. Heuer löste Neulengbach schließlich die zweite Mannschaft auf, da schlicht und einfach das nötige Personal fehlte. Und auch die Kampfmannschaft stand kurz vor dem Ende. Wirnsberger nahm sich der Aufgabe an: „Wir wollten wenigstens mit einem Team weitermachen, weil Neulengbach sich das verdient hat.“

Seit letzter Woche sind nun aber zumindest die finanziellen Sorgen etwas kleiner geworden. Denn da konnte ein neuer Haupt- und Namenssponsor gewonnen werden. Die Unternehmensberatungs-Firma mantlik kainz wird den Verein in Zukunft unterstützen, man spielt unter dem neuen Namen SV mantlik kainz Neulengbach. Martin Mantlik und Lukas Kainz werden den Verein zudem auch als Präsidenten nach außen hin vertreten.

Wirnsberger spricht aktuell ohnehin von einem „komplett neuen Weg“, einem „kompletten Neustart“, den er als Obmann mit dem Verein gehen will: „Da ist jetzt eine Aufbruchsstimmung da. Der Verein soll sowohl im Frauen- als auch im Männerfußball wieder die erste Anlaufstelle für junge, talentierte Spielerinnen und Spieler in der Umgebung werden. Hier ist uns auch besonders die Nachwuchsarbeit ein Anliegen." Und so hofft Neulengbach, in der kommenden Saison auch sportlich wieder eine größere Rolle spielen zu können. An dem zuletzt dreimaligen Titelträger St. Pölten wird wohl auch in der kommenden Saison kein Weg vorbei führen.

Vom Landesligisten zum Seriensieger

St. Pölten nahm in den letzten paar Jahren jene Rolle ein, die Neulengbach zuvor inne hatte. Der Verein dominiert Liga und Cup. Weshalb der ehemalige Sportliche Leiter der Neulengbacherinnen, Alexander Achterberg, im Interview mit noe.orf.at auch davor warnte: „Wenn das so weitergeht, wird der SKN bald völlig konkurrenzlos sein und der Rest der Liga im Niemandsland versinken.“ Dem wiedersprechen sowohl Wirnsberger, als auch Wilfried Schmaus, seines Zeichens Präsident der SKN Frauen. Das Argument für viele Spielerinnen sei, so Schmaus, „dass sie Champions League spielen können. Dieses Goody ist in Neulengbach weggefallen. Und damit tut man sich nun mal leichter, wenn man Spielerinnen anspricht.“

 

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