Kommt die Österreich-Schweiz-Schottland-Niederlande-Belgien-Dänemark-Liga?
Die Idee der Alps-Premier-League hat zuletzt viel Staub aufgewirbelt. Einige Länder, darunter auch Österreich, sammeln aktuell Ideen zu einem länderübergreifenden Bewerb. Von Michael Fiala
Die Entwicklung in den vergangenen Jahren im Allgemeinen und in den letzten Monaten im Speziellen haben für viele, die sich in Europa mit dem Fußball befassen, die Alarmglocken läuten lassen. Die Schere zwischen Reich und Arm geht immer weiter auf. Und das nicht nur zwischen den Superklubs und jenen, die es nicht sind. Auch innerhalb der Ligen ist dieses Phänomen immer öfters zu bemerken: Einige wenige Klubs setzen sich in ihren Meisterschaften ab, der Rest wird zu Statisten verurteilt. Aktuell trifft sich der europäische Fußball beim UEFA-Kongress in Helsinki, um sicherlich auch über diese Thematik zu sprechen.
„Werden uns nicht erpressen lassen“
Inwiefern UEFA-Präsident Aleksander Ceferin die Sorgen der kleineren Ligen sieht und deren Fordernungen vor allem unterstützt, ist fraglich, auch wenn es positive Signale gibt. In seinem Eröffnungsrede meinte der Slowene jedenfalls: "Wir werden uns niemals erpressen lassen von Ligen, die denken, sie könnten manipulieren und Kleinere beeinflussen, nur weil sie astronomische Einnahmen generieren.“ Der Idee einer geschlossenen Superliga kann er nichts abgewinnen: "So einfach ist das. Das ist mit unseren Werten und Idealen nicht zu vereinbaren."
„30% mehr bei gleichbleibendem Erfolg“
Die Champions League Reform, die ab der Saison 2018 gültig sein wird, befeuert jedenfalls die Problematik der steigenden Ungleichheit, wie Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer im 90minuten.at-Interview erläutert: „Nehmen wir das Beispiel Portugal her: Da gibt es zwei starke Klubs mit Benfica und Porto. Wenn einer dieser oder beide Klubs künftig in die Champions-League-Gruppenphase kommen, werden laut ersten Berechnungen diese Klubs bei gleichbleibendem Erfolg um ca. 30% mehr als derzeit einnehmen. Die Klubs, die in die Europa League kommen, sollten gleichbleiben bzw. nur eine leichte Steigerung erhalten. Die reinen Solidarzahlungen an alle anderen Klubs sollen auch geringer werden (Anm. der Redaktion: EPFL-Generalsekretär Georg Pangl sprach von rund 40.000 Euro pro Klub). Damit wird die Vormachtstellung einzelner Klubs in der heimischen Liga noch viel mehr einbetoniert, eine Wettbewerbsungleichheit und damit weniger Spannung wird somit weiter beschleunigt.“
40-50 Mio. Euro für die Teilnahme an der Champions League
Laut ersten Berechnungen können Klubs in der Champions League Gruppenphase künftig mit mindestens 30, meist aber mit 40 oder 50 Mio. Euro pro Jahr rechnen. Gelingt also einem Klub aus einem der kleineren Ländern die Qualifikation zur Champions League, bedeutet dies in den einen Wettbewerbsvorteil auf Jahre hinweg. „Wir sehen das Problem, dass auch die Schere innerhalb der Ligen damit aufgeht: Serienmeister wie etwa Olympiakos und FC Basel sind auf Dauer auch nicht gut für die Ligen“, sagt Georg Pangl, Generalsekretär der EPFL (European Professional Football Leagues) im Interview mit 90minuten.at.
Besonders ärgerlich: Klubs mit historischen Erfolgen sollen künftig mehr aus dem Topf bekommen als Klubs, die diese Erfolge in der Vergangenheit nicht vorweisen können. Der Vernehmen nach sollen Teams mit entsprechenden Erfolgen in der Vergangenheit über rund 30% der Gesamtausschüttung verfügen. Die fix gesetzten Klubs mit entsprechenden historischen und aktuellen Erfolgen dürfen dann mit einem Regen von bis zu 100 Mio. Euro oder mehr rechnen.
Zug für 2018 bis 2021 ist abgefahren
Die Forderung der EPFL ist daher klar: Sie wollen eine gerechtere Verteilung der Einnahmen, um diese Schere eben nicht noch weiter aufgehen zu lassen. Der Zug für den Zyklus der Champions League von 2018 – 2021 ist jedoch abgefahren. Pangl weiß zwar, dass ein Großteil der Ligen gerne den Zyklus von 2018 bis 2021 noch einmal verhandeln möchte, „aber ich denke da muss man realistisch sein. Unser Fokus liegt auf mehr Einfluss für den Zyklus 2021 bis 2024.“ Bis Juni will die EPFL Ergebnisse erreichen und dann in einer außerordentlichen Hauptversammlung gegebenenfalls weitere Schritte diskutieren.
Alternativen? Brainstorming für gemeinsame Bewerbe
Doch die kleineren Ligen denken bereits an Alternativen, um den finanziellen Entfall so gut es geht zu kompensieren. Ebenbauer: „Es ist wichtig, hier genau zu definieren: Wir reden hier von transnationalen Bewerben, die aber nicht statt den bisherigen Meisterschaften stattfinden sollen. Hier gibt es Gespräche gemeinsam mit der UEFA und nicht gegen die UEFA. In der aktuellen Phase ist es ein Brainstorming.“
Österreich zieht mit der Schweiz, Niederlanden, Belgien & Co an einem Strang
Konkret evaluieren aktuell Österreich sowie Schweiz, Schottland, Niederlande, Belgien und Dänemark Ideen, wie so ein Bewerb aussehen könnte. Ebenbauer: „Es geht hier vor allem um die Phase im Frühjahr, wenn aus den kleineren Ligen kaum mehr Vereine in der Champions League und zum Teil auch nicht mehr in der Europa League sind. Hier gibt es Ideen eines länderübergreifenden Turnierbewerbs, aber wie schon erwähnt sind wir hier erst in der Brainstorm-Phase“, sagt der Bundesliga-Vorstand. Eine klare Absage gibt es somit aber auch für Pläne, wie sie etwa die Initiative „Alps Premier League“ präsentiert hat, die die gemeinsame Liga als komplette Alternative zur jetzigen Meisterschaft sehen. Demnach setzen die oben genannten Länder auf die eigene Meisterschaft und einen möglichen ergänzenden Bewerb im Frühjahr.
Memorandum of Understanding gekündigt
Nicht zuletzt wurde deswegen auch das bisherige „Memorandum of Understanding“ von der EPFL im Herbst gekündigt, um sich offen zu halten, an den Champions-League-Terminen parallel spielen zu können. „Das Ganze ist natürlich in erster Linie eine Terminplan-Thematik, um hier auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Wir wollen hier einen Ausgleich schaffen, wenn es sinnvoll möglich ist“, so Ebenbauer. Und was sagt EPFL-Generalsekretär Georg Pangl zu dieser Idee? „Auch dies ist ein theoretischer, möglicherweise sogar sinnvoller Ansatz aber kein aktuelles Thema.“
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