Eigentor: Schwere Schlappe von Milletich gegen den Kurier [Exklusiv]
In der ersten von zwei Verhandlungen im Streit zwischen dem Kurier und Gerhard Milletich musste der ÖFB-Präsident eine herbe Niederlage einstecken. Die Klage auf Gegendarstellung wurde aus Formalgründen abgewiesen. In der Fußballersprache würde man von einem kapitalen Eigentor sprechen.
Da packte Götschhofer aus und zauberte eine Fahrtkostenspesenabrechnung des ÖFB von Milletich aus dem Hut, in der dieses Treffen jedoch als ÖFB-Reise abgerechnet wurde.
Manche Inseratenkunden fallen nach einiger Zeit durch den Rost und müssen erst wieder aktiviert werden.
++ 90minuten.at exklusiv von Michael Fiala aus dem Landesgericht Wien ++
Ob es Zufall war? Rund 90 Minuten plus Nachspielzeit, solange wie ein Fußballmatch eben angesetzt ist, dauerte die erste Verhandlung zwischen der k-digital Medien GmbH & Co KG, jenem Unternehmen das das Digitalangebot des Kurier betreibt, und ÖFB-Präsident Gerhard Milletich.
Milletich wollte gegen eine Passage in einem Kurier Artikel vorgehen und eine Gegendarstellung erwirken. Konkret ging es in dem Artikel vom 30. Oktober 2022 um diese Passage: „Vier der sieben angesprochenen ÖFB-Sponsoren haben laut eigenen Angaben jedenfalls keine langjährigen Geschäftsbeziehungen mit Milletichs Verlag. Zum Teil geben sie an, vor dessen Präsidentschaft noch nie mit ihm zu tun gehabt zu haben.“
Schwere Schlappe
Im Fußballsprech gesagt: Es war eine schwere Schlappe für Milletich und seinen Anwalt Gerald Ganzger, denn Richter Hartwig Handsur kam nach den rund 90 Minuten zu dem Schluss, dass das Begehren auf Gegendarstellung aus mangelnder Kontradiktion abgewiesen wird – also aus formalen Gründen. Konkret: Sein Antrag auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung wurde nicht rechtskräftig abgewiesen, da mit dieser nicht die These des Artikels getroffen wurde. Ein klassisches Eigentor, von dem sich Milletich bis zum Ende der Verhandlung nicht mehr erholen konnte.
Und in der Sache selbst? Richter Handsur ging nicht darauf ein, ob Milletich jetzt in seiner Funktion als ÖFB-Präsident Inserate für einen seiner Verlage gekeilt hat oder nicht.
Götschhofer packt aus
Die 90 Minuten vor dem Urteil zeigten jedenfalls auf, wie tief die Gräben im ÖFB-Präsidium sind. Gerhard Götschhofer, Oberösterreichs Fußball-Landespräsident und Mitglied des ÖFB-Präsidiums, wurde als Zeuge geladen. Und nicht, wie man vielleicht als Außenstehender vermuten könnten, von Milletich um diesen Beiseite zu springen, sondern vom Kurier, um die Inhalte des besagten Artikels zu stützen – und somit gegen seinen eigenen Präsidenten auszusagen. Die beiden würdigten sich übrigens keines Blickes. Auch schon vor der Verhandlung stand Milletich alleine herum, während Götschhofer mit Milletichs Anwalt freundlich plauderte, was doch ein wenig skurril anmutete.
Und die Zeugenaussage von Götschhofer hatte es dann in sich: So ging es unter anderem in der Verhandlung um ein Treffen zwischen Milletich und Geomix-Geschäftsführer Harald Lemmerer. Milletich betonte, dass es sich dabei um ein Treffen zwischen seinem Verlag und Geomix handelte – sicher nicht aber um ein ÖFB-Treffen. In seiner Aussage packte Götschhofer dann aber aus und zauberte eine Fahrtkostenspesenabrechnung von Milletich aus dem Hut, in der dieses Treffen jedoch als ÖFB-Reise abgerechnet wurde. Woher Götschhofer diese Abrechnung hatte? Diese Frage wurde nicht gestellt, wäre aber durchaus interessant zu wissen, denn auf offiziellem Wege ist sie scheinbar nicht zu ihm gelangt. Es ist vermutlich ein weiteres Indiz dafür, wie gespalten der ÖFB derzeit in dieser Causa ist.
„Etwas plump“
Zudem berichtete Götschhofer von drei selbst geführten Telefonaten mit Sponsoren-Vertretern: Philipp Bodzenta (Coca-Cola), Kurt Svoboda (Uniqa) und Philip Newald (tipp3). „In Summe hat mir jeder das Gleiche gesagt: Sie hatten zu Gerhard Milletich davor keinen geschäftlichen Kontakt und waren irritiert und verwundert über die Bitte wegen Inseraten für sein Magazin bei einem ÖFB-Treffen.“
Das sei ein Schaden für den ÖFB, soll Bodzenta laut Götschhofer gesagt haben. Auch Svoboda von der Uniqa hätte sich irritiert gezeigt, als Millteich ihn wegen eines Kontaktes wegen Inseraten gefragt habe. Und Newald sei mit einem Vertreter eines anderen Sponsors gemeinsam mit Milletich essen gewesen, als dieser „etwas plump“ eine Zusammenarbeit wegen Inseraten angeleiert habe.
Milletichs Strategie
Abgesehen vom formalen Fehler war die Strategie von Milletich klar definiert: Mit allen Sponsoren habe Milletich bereits vor seinem Amtsantritt zum Teil über mehrere Jahre Kontakt gehabt. Doch ein Satz des ÖFB-Präsident ließ aufhorchen: „Manche Inseratenkunden fallen nach einiger Zeit durch den Rost und müssen erst wieder aktiviert werden.“ Für die Verteidigung des Kurier ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es sich also doch nicht um durchgehend langjährige Inseratenkunden handle.
Reue zeigte Milletich vor Gericht ebenfalls nicht. Schließlich müsse er weiterhin seinem Job nachgehen, er habe aber seinen Job als ÖFB-Präsident nie missbraucht. "Selbstverständlich" müsse er die Verlage weiter betreiben und brauche die diversen Inserenten auch in Zukunft noch. Immerhin: Milletich wollte nicht ausschließen, dass er im Rahmen seiner ÖFB-Tätigkeit über seine Verlage gesprochen habe. Dabei habe er jedoch nicht um Inserate geworben, was Götschhofer allerdings in seiner Aussage anders darstellte.
Kommt es zur zweiten Verhandlung?
Am Dienstag könnte die zweite Verhandlung folgen, wo es um den Print-Artikel geht. Da die Argumentation genau die gleiche ist, gehen Juristen auf Nachfrage von 90minuten.at davon aus, dass hier mit dem gleichen Urteil zu rechnen ist. Ob sich Milletich eine zweite Schlappe mit angesagtem Eigentor antun wird? Das erste Urteil von heute Montag, ist jedenfalls noch nicht rechtskräftig. Das Team von Milletich erbat sich Bedenkzeit.
Wie geht es weiter?
Abgesehen von der Auseinandersetzung mit dem Kurier, die man wohl eher zu den Akten legen kann, stellt sich nun die Frage, wie es in der ganzen Causa jetzt weitergeht. Das Ethikkomitee der Bundesliga prüft die vorgelegten Unterlagen und will noch vor dem 3. Februar eine Empfehlung für das ÖFB-Präsidium abgeben. Ein Formalfehler wird hier keine Rolle spielen, da wird es dann wirklich um die Inhalte gehen. Wie das Komitee die Aussagen von Götschhofer und etwa die Spesenabrechnung von Milletich bewerten wird? In rund 14 Tagen wird sich entscheiden, ob die Niederlage heute vor Gericht nur ein Ausrutscher war oder der Burgenländer endgültig aus dem Bewerb ausscheiden wird.
Heute Nachmittag verließ Milletich das Gericht jedoch schwer gezeichnet.
Update, Dienstag, 9:15: Nachdem der gerichtliche Antrag auf Gegendarstellung gegen den Kurier (online) gestern abgewiesen wurde, hat Gerhard Milletich den zweiten Antrag gegen den Kurier (Print) zurückgezogen. Es findet somit heute, Dienstag, keine zweite Verhandlung statt.