Riskant, Riskanter, Rückholaktionen
Foto © GEPA

Riskant, Riskanter, Rückholaktionen

Trotz knapp bemessener Transferbudgets und einer ungewissen Zukunft im Europacup bahnen sich in Wien zwei sensationelle - aber wohl auch teure - Verpflichtungen an. Das kann sehr gut gehen, birgt aber Risiken.

+ + 90minuten.at PLUS - Von Daniel Sauer + +

 

Die möglichen Transfers von Louis Schaub zum SK Rapid und von Aleksandar Dragović sind unser Momentum am Montag.

Foto ©

Wie in jeder der letzten Transferphasen auch, nehmen die Gerüchte über einen Wechsel von Aleksandar Dragović zur Wiener Austria aktuell ordentlich Fahrt auf. Der 33-jährige Verteidiger wurde in Favoriten ausgebildet, nach 93 Einsätzen zog es ihn 2011 ins Ausland. Seinem auslaufenden Vertrag bei Roter Stern Belgrad sei Dank: Diesmal könnte die Rückholaktion klappen. Jürgen Werner erklärte in der 'Krone' seit 14 Monaten Kontakt mit Dragović zu halten, der wiederum Gespräche mit Sportdirektor Manuel Ortlechner und Präsident Kurt Gollowitzer bestätigt - eine Rückkehr zur Austria würde ihn reizen, seine Familie will zurück nach Wien.

Deutlich überraschender kommt die beinahe-Vollzugsmeldung des 'Kurier' über Louis Schaub: Nach sechs Jahren im Ausland soll er demnächst zum SK Rapid wechseln, die Hütteldorfer müssen dafür sogar Geld auf den Tisch legen. Mit seinen 29 Jahren geht es für Schaub sogar um mehr, als ein stimmiges Ende der Karriere - 204 bisher absolvierte Spiele in grün-weiß sind eine solide Basis, um in den kommenden Jahren bei entsprechenden Erfolgen zur Legende aufzusteigen. 

 

Mehr als Show?

Mit Verpflichtungen dieser Art löst man als Verein bei den eigenen Fans etwas aus - soviel ist klar. Die Rückkehr verlorener Söhne bringt Erinnerungen an bessere Zeiten, was beiden Wiener Vereinen aktuell entgegenkommt. Als es Dragović nach Basel zog, hatte die Austria Titelchancen und ihren Meisterkader von 2013 schon zur Hälfte beisammen. Schaub wurde bei Rapid mehrfach Vizemeister und sorgte im Europacup für Furore. Für reine Nostalgie wären die Transfers aber zu teuer, beide Spieler werden ihre bisherigen Bezüge kürzen müssen und mutmaßlich trotzdem zu Top-Verdienern aufsteigen.

Vorgezeigt, wie es gehen kann, hat es auf höherem Niveau vor einem Jahr Inter Mailand. Marko Arnautović - Champions-League-Sieger von 2010 - kam nach 14 Jahren zurück, steuerte als Edeljoker teils entscheidende sieben Tore bei und darf sich zum zweiten Mal in seiner Karriere italienischer Meister nennen. Der 35-Jährige musste verletzungsbedingt allerdings auch mehrfach wochenlang pausieren und gilt nach Medienberichten wieder als Abgangskandidat, weil jüngere Spieler den Vorzug bekommen sollen. Finanziell fällt der Transfer mit einem Gesamtpaket von 10 Millionen Euro Ablöse plus Gehalt damit eher in die Kategorie "wenig erfolgreich". Zumal es für Inter nicht leicht wird einen neuen Arbeitgeber für Arnautović zu finden, der über einen lukrativen Vertrag bis 2025 verfügt. 

 

Wieviel bringen Dragović und Schaub?

Bei der Austria krankt es vor allem in der Offensive. 35 erzielte Tore sind zu wenig, sieben Bundesligaklubs waren 2023/24 besser. Ein Königstransfer in der Defensive wirkt deshalb auf den ersten Blick verschenkt, zumal mit Johannes Handl, Tin Plavotić, Marco Meisl, Marvin Martins und Lucas Galvão ausreichend Stammpersonal unter Vertrag steht. Bei der finanziell klammen Austria würde man sich damit stand jetzt auf einen Leistungssprung von Muharem Huskovic oder ein Comeback von Marko Raguž verlassen - eine mäßig euphorisierende Perspektive für die kommende Saison. Dragović' Trumpf wäre seine Präsenz als Führungsspieler, die eine oft fahrig und fehleranfällig agierende violette Mannschaft gut brauchen könnte. Der Verein will außerdem jungen Spielern eine Perspektive aufzeigen, was mit dem routinierten Eigengewächs deutlich besser gelingen sollte, als bisher. An seiner Fitness lässt sich jedenfalls kaum etwas aussetzen, Dragović absolvierte in Serbien 39 Spiele, mehr hat im aktuellen Austria-Kader nur Andreas Gruber auf dem Konto (41).

Beim deutlich jüngeren Louis Schaub gestaltet sich die Lage komplizierter: Im Spiel von Hannover 96 hatte der Offensivspiele eine Rolle als Ballverteiler inne, die mangelhafte Ausbeute von drei Toren in 29 Ligaspielen lässt sich damit teilweise wegerklären. Konstant gut war seine Form allerdings schon länger nicht mehr, die Frage nach seiner besten Position im System von Rapid stellt sich auch. Für die Flügel fehlt Schaub wohl Tempo, zentral ist Matthias Seidl gesetzt. Dahinter warten zahlreiche Talente - von Denniy Kaygin, Ismaïl Seydi und Philipp Wydra bis zu Jovan Živković - neben den eingekauften Spielern Lang, Gale, Jansson und Bischof. Man wird sich in Hütteldorf etwas dabei denken und könnte die Vereinskasse durch Abgänge bald wieder füllen, trotzdem geht man mit dem Schritt Risiken ein. Der 'Kurier' berichtet von einem "extremen" Entgegenkommen Schaubs in der Gehaltsfrage, dafür soll der Vertrag bis 2028 laufen - Schaub wäre zu diesem Zeitpunkt 33 Jahre alt. 

Jetzt heißt es aber zuerst abwarten, weder Rapid noch Austria haben ihren Transfer bisher bestätigt. Die nächsten Tage und Wochen sollten Klarheit bringen, auch darüber, welchen Plan die jeweiligen Verantwortlichen verfolgen.

Gleich exklusiv weiterlesen:

Kommentare