Billiges Schiri-Blabla [Momentum am Montag]
Das heimische Schiedsrichterwesen verändert sich. Das schützt nicht vor fragwürdigen Entscheidungen. Trainer ziehen sie heran, um mehr oder weniger offensichtlich von der eigenen Leistung abzulenken.
+ + 90minuten.at PLUS - Von Georg Sohler + +
Robert Klauß' Interview nach dem Spiel gegen Austria Lustenau ist unser Momentum am Montag.
„Die Szenen sprechen ja für sich“, sprach der Trainer nach dem Spiel ins Sky Sport Austria-Mikrofon. „Wir haben nervös begonnen, der Gegner war sehr gut eingestellt, wir haben etwas gebraucht, bis wir im Spiel waren. Es hat Möglichkeiten gegeben. Der Gegner kam über Standardsituationen und hat das Tor gemacht. Die entscheidende Sequenz ist natürlich die rote Karte. In Unterzahl haben wir es gut gemacht, am Ende muss es einen Elfmeter für uns geben.“ Richtig, das war nicht SK Rapid-Trainer Robert Klauß, sondern ein etwas gerafftes Transkript des Nachspielinterviews mit TSV Hartberg-Trainer Markus Schopp. „War's nicht der Tag von Rapid?“, wurde sein grün-weißes Pendant gefragt.
Schlecht
„Das kann man so sehen“, antwortete Klauß, „Ich denke, dass das nicht unser Tag war, in Summe kann man es so zusammenfassen. Wir waren im Ballbesitz schlampig. Es gab zwei, drei Spieler, die den Gegner nicht ernst genommen haben. Das Gegentor ärgert mich sehr.“ Die umstrittene gelb-rote Karte für Terence Kongolo, darauf musste er extra angesprochen werden. Selbst da spricht der Coach erst die Position des Spielers und das am-Ball-vorbeischlagen an, noch nicht die (fragwürdige) Gelbe. Klauß hätte ein Foul des Lustenauers gesehen. Dann folgt aber der Satz, der derzeit oft zu lesen ist: Der Schiedsrichter habe alle spielentscheidenden Szenen falsch gesehen. Zugute halten kann man dem SCR-Coach, dass er im Unterschied zu Schopp auch den (ebenfalls fragwürdigen) Elfmeter für sein Team mit nimmt und eine - aus seiner Sicht Fehlentscheidung - nicht so ins Zentrum seines Interviews stellt.
Billig
Beide Aussagen werden nun wiedergegeben und lenken, bewusst oder nicht, von der eigenen Leistung ab. Denn der TSV Hartberg hat nicht getroffen, gegen den Vorletzten. Unterzahl hin oder her, die Wattener haben bislang nur zwei Remis gegen Meistergruppenklubs erreicht, ihre Saisonsiege gegen fixe Qualigruppenstarter eingefahren. Oder dass der SK Rapid dem Homophobie-Skandal zum Trotz einen geschenkten Elfer braucht, um ein Unentschieden gegen den Stockletzten zu erreichen; ein Team, das in der Vorwoche übrigens sieben Trümmer kassiert hat. Wer in beiden Gemengelagen so spricht, dass viele Medien – auch 90minuten.at - nicht umhinkommen, als die Schiedsrichtersager zu verwerten, liefert eben eine Ausrede. Denn letztlich bleiben natürlich die Headlines mit diesem Inhalt übrig, die Schiedsrichter werden wieder einmal zu den Deppen der Nation erklärt. Wobei man schon auch anmerken muss, dass Fußball eben auch nicht viel mehr als Showbusiness ist. Die Trainer können es sich heraus nehmen, sich schützend vor die Spieler zu stellen oder einfach irgendwas zu sagen, was von der eigenen Leistung ablenkt.
Umdenken
Das Schiedsrichterwesen ist ja auch nach vielen Jahren auf niedrigem Niveau gegenwärtig in einem Reformierungsprozess, der Zeit in Anspruch nimmt. Selbst in England, wo die Schiedsrichter Profis sind, passiert haarsträubendes. Das wird auch nicht zur Gänze weggehen, selbst wenn der VAR alle objektiv falschen Situationen korrigiert. Am Ende entscheiden noch immer Menschen darüber, welches Vergehen welche Karte nach sich ziehen sollte. Und da ist die Sachlage manchmal einfach, manchmal schwierig. Noch dazu, wenn die Regelvorgaben diffus sind, siehe Handspiel im Strafraum.
Das Umdenken müsste also bei denen anfangen, die die Headlines in Welt setzen: die Trainer und sonstigen Verantwortlichen. Klauß hat das probiert, Schopp gar nicht. Am Ende hat der eine aber nur ein Remis gegen den Letzten erreicht, der andere beim Vorletzten verloren. Da kann man hundert Ausreden suchen, aber es gibt keine. Und wenn schon, dann bitte nicht die aller billigste.