Wattens will's wissen [Momentum am Montag]
Eingebettet zwischen den fünf üblichen Verdächtigen hat sich die WSG Tirol eine super Ausgangsposition auf eine weitere Meistergruppenteilnahme geschaffen. Aber warum eigentlich?
+ + 90minuten.at PLUS - Von Georg Sander + +
Der Moment, als die WSG Tirol den WAC mit 2:1 besiegte und somit schon sechs Punkte vor Rang sieben liegt, ist unser Momentum am Montag.
Sehr viel früher gab es hierzulande mit Austria und Rapid zwei absolute Topklubs, dazu vor einigen Jahren noch die Admira und der unter verschiedenen Namen auftretende Verein aus Innsbruck. Ab Mitte der 90er-Jahre gesellten sich Salzburg - zuerst als SV Austria/Casion/Wüstenrot, ab 2005 als Red Bull und FC – sowie der SK Sturm Graz dazu. Zwischenzeitlich gab es auch noch die drei FC Tirol-Titel, die im kompleten Crash endeten und den GAK. Aber im Großen und Ganzen gilt in den letzten knapp 20 Jahren: Die Big4 sind eben Salzburg, Sturm, Rapid und Austria, jüngst ergänzt durch den LASK. Und dann war da noch der WAC, der seit der Ligenreform immer oben mit dabei war. Die Lavanttaler bauen aber um und werden es vermutlich dieses Jahr nicht schaffen. Dafür eben die Wattener. Die WSG Tirol war bereits 2020/21 oben mit dabei. Aber warum eigentlich?
Kontinuität und Ruhe
Sportlich gibt der Erfolg der WSG mittlerweile recht. Nicht zu vergessen ist allerdings, dass die Wattener 2019/20 de facto schon abgestiegen waren und nur dank des Mattersburg-Crashs oben bleiben konnten. Nachdem das klar ist, kann man festhalten, dass der Verein grundsätzlich einmal wenig Menschen interessiert. Der große Bundesland-Verein Wacker ist im fußballerischen Nirvana und schon zuvor konnte die WSG nie mit den Innsbruckern mithalten. Doch das Desinteresse schafft auch Ruhe und diese wiederum auf entscheidenden Positionen Kontinuität. Thomas Silberberger (seit 2013 Trainer) und Stefan Köck (seit 2014 Manager bzw. Sportchef) sind fußballerische Ewigkeiten beim Verein und wissen offensichtlich recht gut, worauf es bei den Spielern ankommt, die man braucht. Das ist nicht leicht, hat man doch a) wenig Geld, b) keine Akademie und c) schon gar keinen klingenden Namen. Da müssen Transfers gelingen, um Perspektiven aufzuzeigen.
Gutes Auge, gute Zufälle
Neben dem Ziehen der richtigen Schlüsse – junge, hungrige Spieler statt Altstars - läuft es rund. Michael Svoboda schaffte es 2020 vom kleinen Wattens ins große Venedig, Lukas Grgic war für den LASK interessant genug (allerdings beide Ablösefrei). Mitten in der 20/21er-Saison schnappte sich Sturm Kelvin Yeboah, den man zuvor durch einen Tipp eher zufällig verpflichtet hatte. 1,2 Millionen Euro Ablöse sollen geflossen sein. Und da machte man dann weiter. Nemanja Celic ging um einen guten Betrag im Sommer 2021 zu Darmstadt. Nicolai Baden-Frederiksen war Vitesse 1,83 Mio wert, das Geld floss aber hauptsächlich an Juventus. Leon Klaasen ein halbes Jahr später um kolportierte 900.000 Euro zu Spartak Moskau. Jetz im Winter überwies Cagliari für Nik Prelec 1,3 Mio. Die Fluktuation ist also hoch, ein richtiges Gerüst ist schwer auszumachen. Ergänzt wird der Kader eben durch interessante Leihspieler wie etwa aktuell Tim Prica (Aalborg) oder Thomas Sabitzer (LASK). Ferdinand Oswald ist seit 2014 im Verein, mit Abwehspieler Rapffael Behounek, und den Mittelfeldmännern Zan Rogelj und Julian Naschberger (alle seit 2020 beim Klub) ist wenig da. Es reicht aber.
Nicht die Nummer 6?
Platz vier ist bei allen Jubelmeldungen trotzdem eine Momentaufnahme. Den Wattenern fehlt es an einem eigenen, passenden Stadion, einer Akademie und eigentlich auch einem Anhang. Klar, auch das Tivoli-Stadion kostet, aber im Gegensatz zur Konkurrenz aus Altach oder Ried – denen man ein Andocken an oben hin und wieder zutraute – drückt man sich um den Stadionbau. Ganz wichtig ist auch die Frage, was nach Silberberger/Köck kommen kann. Hier stehen doch noch zu viele Fragezeichen. Für den Moment allerdings, bzw. auf die letzten drei Jahre gerechnet, ist die WSG Tirol bei den heimischen Topklubs mit dabei.
Die Zukunft ist nun diffus. Aber wenn die Qualigruppe nicht aufpasst, dann ziehen die Wattener in jedweger Hinsicht nach. Dann ist der Vorteil, in Steine statt in Beine investiert zu haben, vielleicht dahin.