VARten wird sich lohnen (Hoffentlich!) [Momentum am Montag]
Es vergeht kaum ein Wochenende, an dem nicht über einen erfolgten oder nicht-erfolgten, vielleicht richtigen, vielleicht falschen VAR-Eingriff diskutiert wird. Und das wird so bleiben, bis es besser wird.
+ + 90minuten.at PLUS - Von Georg Sohler + +
Diesmal trifft es die kriselnde Wiener Austria, ein bis zwei Elfmeter wären wohl zu geben gewesen sein. Unser Momentum am Montag.
Man kann sich nach der äußerst durchwachsenen Schiedsrichter-/VAR-Saison 2022/23 nach wie vor fast jede Woche Szenen heraussuchen, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Einfach nur ein Beispiel im Spiel SCR Altach gegen Austria Wien: Bei einer Attacke von Sandro Ingolitsch von hinten gegen Hakim Guenouche, der in der Aktion aus kurzer Distanz die Latte traf, gab es nach VAR-Check überraschend keinen Elfmeter. Ebenso blieb die Pfeife bei einem Handspiel von Atdhe Nuhiu im Strafraum stumm. Es waren bei weitem nicht die einzigen Szenen, die sich Schiedsrichter Sebastian Gishammer und sein Team am Feld sowie VAR Christian-Petru Ciochirca genauer ansahen. Der verweigerte Elfer bei der Attakce an Guenouche irritiert wohl viele Beobachter:innen, die anderen Szenen sind wohl nicht ganz klar und Auslegungssache.
Nicht von heute auf morgen
Das Niveau der heimischen Schiedsrichterei war in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen sehr bescheiden. Der Wandel braucht aber Zeit. Jeder Fußballtrainer, der sich derzeit über derartige Leistungen aufregt, vergisst vielleicht, wie sehr er oder seine Kollegen bei Amtsantritt von Projekten sprechen, die auf mehrere Jahre ausgelegt sind, von verunsicherten Teams, die eben Zeit brauchen und von Umstellungen, die erst greifen werden. „Das geht nicht von heute auf morgen, aber im Profifußball haben wir eigentlich keine Zeit“, illustrierte Viktor Kassai, seit einigen Monaten neuer Technical Director beim ÖFB und Umkrempler in Sachen Schiedsrichter bei seiner Vorstellung. Damit hat er natürlich recht. Individuelles Versagen soll nicht schöngeredet werden. Ein bisschen Zeit sollte man den Schiedsrichtern aber schon geben. Kassais Vertrag läuft einmal zwei Jahre, nur so als Anmerkung.
Irren ist menschlich
Im immer schneller werdenden Fußball mit dem stets größer werdenden Geldkuchen kommt es eben auf Millimeter an. Fußballfans vergessen schnell, was für mit TV-Kameras leicht auflösbare, haarsträubende Fehlentscheidungen hierzulande (und andernorts) ohne VAR getroffen wurden. Ob man die Auslegung und die Zeit für die kalibrierte Linie es mag oder nicht, die Frage Abseits oder nicht wurde nie klarer aufgelöst. Selbiges betrifft in Spielgeschwindigkeit enge Entscheidungen, die durch die TV-Bilder um einiges besser aufgeklärt werden können. Auch wenn es viele nicht hören wollen: Der VAR macht allen menschlichen Fehlern zum Trotz den Fußball fairer, selbst wenn nicht alles perfekt läuft. Das tut es übrigens auch in England oder Deutschland nicht, vermutlich, weil eben Menschen am Werk sind. 100 Prozent richtig wird es nie geben, Österreich ist im Vergleich zu vor dem VAR mit Sicherheit fairer.
Standpunkt-Frage
Letztlich ist es immer eine Frage des Standpunktes oder wie laut jene sind, die sich über VAR-Entscheidungen aufregen und inwieweit sie auch entsprechend gehört werden. Da haben die großen Anhängerschaften mit prominenten Coaches mehr Gewicht. Siehe das Foul von Jon Gorenc Stankovič an Sékou Koïta. Letztlich die richtige Entscheidung dank des VAR. Das sehen Sturm-Coach Ilzer, ein Großteil des schwarz-weißen Anhangs und weite Teile von Fußballösterreich anders. Vermutlich auch deshalb, weil es „für“ Red Bull Salzburg war. Der Standort bestimmt eben den Standpunkt. Wenn der VAR „gegen“ mein Team ist, ist das schlecht. Ist er „für“ mein Team, alles wunderbar. Das war schon immer so, wer kennt nicht Unterhaltungen aus der vor-VAR-Zeit wie „Über einen Elfer hätten wir uns auch nicht beschweren dürfen, als...“.
Letztlich sollte man sich immer zwei Dinge in Erinnerung rufen, wenn wieder etwas passiert ist mit diesem VAR: Bis die Neuaufstellung wirkt, braucht es Zeit. Und Irren ist nun einmal menschlich. Es dauert halt, bis es – hoffentlich - gut wird.