Lionel Messi: Der Vollendete [Momentum am Montag]
Lionel Messi krönt seine Fußballerkarriere mit dem Weltmeistertitel. Hätte er das nicht geschafft, wäre er einer der größten Kicker der Welt gewesen, der den goldenen Pokal nie holte - es dauerte lang genug.
+ + 90minuten.at PLUS - Von Georg Sander + +
Der Moment, als Lionel Messi den Pokal in die Höhe stemmte, ist unser Momentum am Montag.
Lediglich acht Nationen konnten sich seit 1930 zum Weltmeister küren. In den letzten 50 Jahren gelang das sechs Nationen: Brasilien; Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und Argentinien. Um Weltmeister zu werden, empfiehlt es sich deshalb, aus einem dieser Länder zu kommen. Das tut eben auch der 1,70 Meter kleine Offensivgeist aus Rosario. Auf Klubebene hatte er längst alles gewonnen, was zu gewinnen ist, Champions League, La Liga, die Klub-WM. Auf Nationalmannschaftsebene blieben ihm die großen Erfolge lange verwehrt.
Olympia als größte Trophäe
2005 wurde Lionel Messi U20-Weltmeister. Seine Geschichte bei Großereignissen bei der A-Nationalmannschaft war lange durchwachsen. 2006 erzielte er in Deutschland mit 18 Jahren und 357 Tagen als viertjüngster Spieler der WM-Historie ein Tor gegen Serbien und Montenegro. Jünger waren nur Fußballlegende Pelé, Manuel Rosas im Jahre 1930 für Mexiko und der Engländer Michael Owen. Messi drückte im Viertelfinale nach einem Aufstieg gegen Mexiko gegen Deutschland 120 Minuten die Bank und musste mit ansehen, wie sein Team nach einem 1:1 im Elfmeterschießen ausschied. Die Copa América 2007 fand mit Messi statt, den Sieg holte sich im Finale gegen Argentinien aber Brasilien. 2008 gewann er das (U23-)Fußballturnier der Olympischen Spiele in Peking. Das Tor im Finale gegen Nigeria schoss übrigens ein gewisser Ángel di María. Es sollte lange der letzte große Titel bleiben und die Goldmedaille bei Olympischen Sommerspielen ist im Fußball ehrlicherweise wenig wert.
Unter der Hand Gottes
2010 eine Traumkombination: Diego Maradona als Trainer, Lionel Messi als Zehner. Wieder war im Viertelfinale Schluss, erneut gegen die Deutschen, nachdem abermals Mexiko im Achtelfinale bezwungen worden war. Im Gegensatz zu 2006 brauchten die Deutschen keine Verlängerung. Thomas Müller traf bereits nach drei Minuten, am Ende stand es 4:0. Im Jahr darauf fand dann wieder die Copa América statt, sogar in Argentinien, ohne Maradona als Coach. Im Viertelfinale war abermals Schluss. Langsam verfestigte sich die Erzählung, Messi würde keinen „echten“ Titel mit der Nationalmannschaft holen.
Der große Traum platzt
Bei der WM 2014 war Lionel Messi im besten Fußballeralter, 27. Im benachbarten Brasilien sollte nicht nur Neymars bzw. der Traum der Ausrichter vom Titelgewinn wahr werden, sondern eben auch Messis. Der Zehner schoss bereits in der Gruppenphase vier Tore. Sein Partner in crime, Di María, brachte die Albiceleste gegen die Schweiz ins Viertelfinale, das endlich überstanden wurde. Ein Tor von Higuaín reichte gegen die starken Belgier. Das Halbfinale gegen die Niederlande ging torlos über 90 Minuten. Zum Held des Spiels avancierte im Elfern Keeper Sergio Romero, der gleich zwei Elfer hielt. Im anderen Halbfinale hatte Deutschland Ausrichter Brasilien mit einem 7:1 in alle Einzelteile zerlegt. Dennoch war es ein Finale auf Augenhöhe, bis Mario Götze in der 113. Minute Messis Titelträume zerstörte und Deutschland zu Weltmeister kürte.
Zweimal Chile
2015 folgte dann traditionell der Nationenvergleich am Kontinent. Im Finale standen sich Chile und Argentinien gegenüber. Chile gewann im Elfmeterschießen. Deja-vu ein Jahr später bei der Copa América Centenario (anlässlich des 100. Geburtstages der südamerikanischen Fußballverbandes spielte man gemeinsam mit jenem aus Nordamerika). Im Finale letztlich dasselbe Bild: Chile gegen Argentinien, Elfmetern, Chile gewinnt. Messi gab seinen Rücktritt bekannt, nachdem er gar einen Elfmeter verschossen hatte. Es dauerte aber nicht lange, bis er zurück kehrte und ab ging es nach Russland. Im Achtelfinale war dann Schluss – gegen Frankreich, mit einem 3:4. 2019 konnte er Revanche an Chile nehmen, allerdings nur im Spiel um Platz 3 bei der Copa América.
Der Traum wird wahr
2021 war letztlich alles anders. Lionel Messi sollte in dem Jahr seinen FC Barcelona nach mehr als zwei Jahrzehnten verlassen. Mit 34 hatte er den Zenit wohl schon überschritten, die Scheichs von Paris St. Germain wollten sich mit dem Superstar schmücken. Bei der Copa América spielte er das bislang beste Turnier im Dress der Albiceleste. Vier Tore, fünf Vorlagen, das fünfte Finale war angerichtet. Gegner war Brasilien und am Ende konnte Lionel Messi endlich den ersehnten Triumph einfahren, das Tor erzielte wieder einmal Ángel di María, der nun auch im WM-Finale 2022 traf.
Damit ist die Karriere von La Pulga vollendet, in de facto letzter Sekunde, in einem Spiel, in dem Glück und Unglück für Messi sehr oft am seidenen Faden gehangen hatten...