Euphorie genießen, doch Foda bleibt Foda [Momentum am Montag]

Österreich scheidet mit 1:2 gegen Italien aus. Die Euphorie ist groß, das Team hat überzeugt. Nach zwei Tagen muss man jedoch auch festhalten: Franco Foda ist und bleibt Franco Foda.

Franco Foda hat sich im Rahmen seiner Möglichkeiten in den letzten Monaten bewegt. Am Ende bleibt aber auch er für immer einfach Franco Foda.

Georg Sander & Michael Fiala

+ + 90minuten.at Exklusiv – Von Georg Sander und Michael Fiala + +

 

Der samstägliche Abpfiff nach 120 Minuten im Achtelfinalduell zwischen Österreich und Italien im Wembley markiert den Abschied des Herren-Nationalteams von der Europameisterschaft 2020 und ist unser Momentum am Montag.

Minute 65, ein Jubelschrei geht durchs Land. Marko Arnautović drückt den Ball bei 0:0 über Donnaruma hinweg unter die Latte. Ein rot-weiß-rotes Freudenmeer wird jäh trocken gelegt, als der Videoassistentreferee vollkommen berechtigt auf Abseits entscheidet. Die sehr gute zweite Halbzeit des ÖFB-Nationalteams bringt die Verlängerung, die Italiener überzeugen dort und werfen Österreichs Herren aus dem Bewerb. Damit bleibt das Erreichen des EM-Halbfinales 2017 durch die ÖFB-Frauen der größte Erfolg eines heimischen A-Nationalteams beim europäischen Länderkampf. Und was nun?

 

Dolchstoß-Legenden

Natürlich regten sich nicht wenige, Spieler, Beobachter und Co., über den Eingriff des VAR auf. Das passt zu Österreich, feiert man doch seit 1978 den sinnlosen Sieg gegen Deutschland als Jahrhundertereignis. Das Spiel am Samstag nun hätte ein Jahrhundertspiel werden können, das unsägliche Cordoba vergessen machen. Passierte aber nicht. Jetzt bleiben wir wieder im Konjuktiv, was wäre wenn der VAR das Tor gegeben hätte.

Franco Foda ist, den Lobhudeleien der italiensichen Sportpresse, selten um große Worte verlegen, eben ein durchschnittlicher Coach. Natürlich hätte das Quäntchen Glück einen Sieg bringen können, so ließ man sich wider dem eigenen Spiel eben 45 Minuten einschnüren, müdes Personal blieb lange am Platz, der Lucky Punch passierte nicht. In der anderen Coaching-Zone wusste Mancini nachzulegen. Das vermochte die ÖFB-Elf nicht, die Expected Goals-Wertung belegen ein gerechtes Ausscheiden. Ein Abseitstor da nun als Grund heranzuziehen, das mag einem Kicker in der Emotion nach dem Spiel zugestanden sein, in der Nachbetrachtung nicht. Österreich hat verloren, weil man wohl zu spät das für das Spielermaterial passende taktische Rüstzeug auch zuließ.

 

Entwicklung ja, aber wohin

Die genauen taktischen Beobachtungen hat Momo Akhondi im Fodacast aufgezählt. Und nein, Fodas Leistung vom März-Lehrgang weg soll nicht geschmälert werden. Der ÖFB hat insgesamt einiges aus den Spielen vor der Euro gelernt, die Pflichtaufgabe Nordmazedonien erledigt, die starken Ukrainer besiegt und hat das Minimalziel Achtelfinale erreicht. Wenn diese Leistungssteigerung geplant war, kumulierend im kollektiven Freudentaumel Mitte 2. Halbzeit am Samstag, dann: Chapeau! Eine Entwicklung, die 2021 unter Foda zwar begonnen wurde – im Endeffekt war es zu spät, um dafür bei der Europameisterschaft die wirklich süßen Früchte zu ernten.

Umgekehrt hörte man auch aus Graz, dass ein Foda hin und wieder ein Gespräch braucht, um seine zeitweilige Zaudertaktik ad acta zu legen. Darum stellt sich die Frage: Was werden wir in der WM-Quali sehen, wo es nach den März-Spielen darum geht, eine sehr geringe Chance noch zu nutzen: Sehen wir ein fröhlich-frei stürmendes Pressingösterreich mit Offensivplan oder wird der Offensivwirbel wieder ein wenig an die Leine gelegt.

 

Neuer Besen keine Schande

Franco Foda hat letztlich Fußballösterreich überrascht. Der große Wurf blieb aus. Im Duell „Deutsche Bundesliga“ gegen „Serie A“ knapp auszuscheiden, das ist zwar keine Schande, aber da wäre noch mehr möglich gewesen, ganz ohne Glück. Foda hat das Ziel Achtelfinale erreicht. Doch wie soll es weiter gehen? Bei aller Euphorie: Sollte sich die Chance auftun, einen Trainer zu finden, der die Potentiale des Teams noch besser heben kann, dann könnte der ÖFB sie ergreifen. Diesem Argument steht jedoch das 13-köpfige ÖFB-Präsidium im Weg, das oft genug bewiesen hat, das sachliche Argumente meistens weniger zählen als persönliche Eitelkeiten und Seilschaften. Und sich in der „Sieger der Herzen“-Stimmung jetzt zu suhlen, das wird den österreichischen Fußball sicher nicht weiterbringen.

Franco Foda hat sich im Rahmen seiner Möglichkeiten in den letzten Monaten bewegt. Am Ende bleibt aber auch er für immer einfach Franco Foda. Ja, das Spiel gegen Italien hat Fußball-Österreich in Ekstase versetzt. Aber am Ende muss man es ganz nüchtern sagen: Gegen die schwächeren Gegner gewonnen, gegen die stärkeren verloren. So aufregend ist das gar nicht...

 

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